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Coaching und selbstorientierte Selbstreflexion (Innovatives Management)

Coaching und selbstorientierte Selbstreflexion (Innovatives Management)

Siegfried Greif

 

Verlag Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2008

ISBN 9783840919831 , 390 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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39,99 EUR

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Coaching und selbstorientierte Selbstreflexion (Innovatives Management)


 

1.2 Selbstaufmerksamkeit und Selbstreflexion (S. 34)

Die intuitiven Selbstrepräsentationen des Individuums oder der Mitglieder einer Gruppe, sind nicht alle bewusst. Nach der Motivations- und Persönlichkeitstesttheorie von Kuhl (2001, S. 334 ff.) werden sie von den Personen in ihrem intuitiven Gedächtnis für Erfahrungen gespeichert, das er Extensionsgedächtnis nennt. Diese Selbstrepräsentationen können beiläufig aktiviert werden, ohne dass dies der Person bewusst wird. Diesen intuitiven Prozess bezeichnen wir als Selbstaufmerksamkeit.

Bewusste Selbstreflexion setzt die Aktivierung intuitiver Selbstaufmerksamkeit voraus. Wenn man vor dem Weggehen in den Spiegel schaut, um das eigene Äußere zu überprüfen, wird intuitiv Selbstaufmerksamkeit erzeugt. So ein Blick in den Spiegel kann viel auslösen. Man bemerkt vielleicht, dass man sehr blass und müde aussieht, nachdem man den Abend vorher zu lange gefeiert hat.

Das wiederum kann Nachdenken über Vorsätze anregen, dass man künftig früher Schlafengehen sollte. Manche können nach einem kritischen Blick in den Spiegel sogar beginnen, darüber bewusst nachzugrübeln, dass sie mit sich selbst unzufrieden sind, vielleicht weil sie im Vergleich zu ihren individuellen idealen Selbstkonzept oder zu dem ihrer Bezugsgruppe zu dick, manche weil sie zu dünn, andere weil sie jünger oder älter als gewünscht aussehen.

Ein Spiegel ist eine oft verwendete Metapher für bewusste Selbstreflexion. So wurde in der früheren Hoechst-AG in den 1990er Jahren ein Taschenspiegel an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilt. Auf seiner Rückseite stand die Frage „Wer ist für die Qualität zuständig?" Das eigene Bild im Spiegel auf der Vorderseite war die Antwort.

1.2.1 Intuitive Selbstaufmerksamkeit

Die Sozialpsychologen Duval und Wicklund (1972) haben herausgefunden, dass Menschen, die man neben einen Spiegel setzt, unwillkürlich ihre persönlichen Verhaltensstandards wie Ehrlichkeit aktivieren. Andere Auslöser sind Videoselbstkonfrontation oder Feedback (s. Kapitel 3.1 u. 3.2). Selbstaufmerksamkeit ist eine spezielle Form der Aufmerksamkeit einer Person. Die Person fokussiert sich auf ihr Selbstbild, z.B. auf die wichtigen, von ihr übernommenen Standards, mit denen sie eigene Merkmale oder Verhaltensweisen vergleicht.

Wie oben (Abschnitt 1.1.3) dargelegt, kann man annehmen, dass sich Personen mit independentem Selbstkonzept im Allgemeinen bei ihren Standards an individuell festgelegten Normen und Regeln orientieren. Personen mit interdependentem Selbstkonzept übernehmen ihre Standards oder Normen und Regeln dagegen eher von ihren Bezugsgruppen. Intuitive Selbstaufmerksamkeit ist prinzipiell ein individuelles Phänomen. Sie kann allerdings auch in Gruppensituationen bei mehreren Individuen gleichzeitig stimuliert werden (für individuelle Auslöser siehe unten Abschnitt 3.2.1).

Definition Selbstaufmerksamkeit

Selbstaufmerksamkeit ist eine besondere Form der Aufmerksamkeit einer Person, bei der durch äußere oder innere Auslöser beiläufig implizite oder explizite Normen oder Vorstellungen aus dem Selbstkonzept des Individuums oder der Gruppe aktiviert werden.

1.2.2 Ergebnisorientierte Selbstreflexion

Mit seinem berühmten Satz „Cogito ergo sum" – „Ich denke, also bin ich" – stellt der französische Philosoph, Naturwissenschaftler und Mathematiker René Descartes (1596 bis 1650) die bewusste Selbstreflexion ins Zentrum seiner Erkenntnistheorie. Mit seiner Grundannahme, dass der Mensch nicht nur denken, sondern über sich selbst denken und reflektieren kann, hat Descartes zur Überwindung des bis dahin vorherrschenden aristotelischen Welt- und Menschenbilds beigetragen, wie Eckensberger (1998) herausstellt.