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Pilger, Priester und Propheten - Alltag und Religionen im Römischen Reich

Pilger, Priester und Propheten - Alltag und Religionen im Römischen Reich

Robert Knapp

 

Verlag Klett-Cotta, 2018

ISBN 9783608115048 , 348 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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14,99 EUR

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Pilger, Priester und Propheten - Alltag und Religionen im Römischen Reich


 

1 
Die Reise


Um die Stunde der Mittagszeit, da sich der Tag schon neigte, habe er, so sagte der Kaiser, mit eigenen Augen oben am Himmel über der Sonne das Siegeszeichen des Kreuzes, aus Licht gebildet, und dabei die Worte gesehen: »Durch dieses siege!« Staunen aber habe bei diesem Anblick ihn und das ganze Heer ergriffen, das ihm eben auf seinem Marsche, ich weiß nicht wohin, folgte und dieses Wunder schaute.

Eusebius, Das Leben Konstantins

Am 28. Oktober 312 erblickte Kaiser Konstantin, als er sich an der Milvischen Brücke vor der Stadt Rom auf die Schlacht gegen seinen Rivalen Maxentius vorbereitete, ein Kreuz am Himmel. Etwa 1600 Jahre zuvor hatte Mose laut der rabbinischen Überlieferung auf dem Berg Sinai gestanden und von dem jüdischen Gott Jahwe die zehn Gebote empfangen, die zur Grundlage eines Bundes zwischen den Israeliten und ihrem Gott wurden. Die polytheistischen Kulturen im übrigen Mittelmeerraum stellten sich einen Kosmos mit vielen Gottheiten vor, die allesamt sowohl hilfreich als auch schädlich sein konnten. Der Monotheismus der Israeliten war anders. Viele Jahrhunderte später bildete ihr Bund mit Jahwe den fruchtbaren Boden für die Lehren des jüdischen Propheten Jesus von Nazareth. Dieser setzte durch das von seinen Jüngern verkündete Wunder der Auferstehung die Ereignisse in Gang, die wiederum drei Jahrhunderte danach in Konstantins Kreuz kulminierten.

1. In dieser fantasievollen Darstellung aus dem 19. Jahrhundert sieht Konstantin ein Kreuz am Himmel.

Die Geschichte der Israeliten reicht weit vor die Geburt Jesu zurück. Im Gegensatz dazu umfasst die Geschichte der Polytheisten, insofern als sie für den Aufstieg des Christentums relevant ist, nur wenige Jahrhunderte. Nimmt man 1250 v. Chr. als ungefähres Datum für den Auszug der Israeliten aus Ägypten und den kurz darauf mit Jahwe geschlossenen Bund, so kann man die folgende Geschichte der Israeliten in relativ klare Perioden unterteilen. Etwa 250 Jahre lebten sie in Kanaan, dem heutigen Palästina, einem Land, in das sie einmarschiert waren und das sie mehr oder weniger erobert hatten. Ihre zwölf Stämme wurden jeweils von einem sogenannten Richter angeführt. Manchmal kooperierten sie militärisch, waren aber ansonsten nur lose miteinander verbunden, bis Saul, der erste König, um 1020 die Herrschaft über alle Stämme übernahm. Um das Jahr 1000 wurde David Sauls Nachfolger und herrschte für etwa 40 Jahre. In dieser Zeit machte er Jerusalem zu seiner Hauptstadt. Sein Sohn Salomo regierte von etwa 961 bis 922 und baute den ersten Tempel Jahwes in der Stadt. Nach Salomos Tod zerbrach das Königreich in zwei Teile: das nördliche Königreich Israel und das südlich Königreich Juda. Es folgte eine Zeit der Intrigen, Kriege und Bürgerkriege, die nur gelegentlich von Frieden unterbrochen wurden. Die große imperiale Macht jener Zeit, die Assyrer, eroberten 722 das nördliche Königreich und führten zehn der zwölf Stämme in die Verbannung. Sie kehrten nie zurück und sind als die Verlorenen Stämme Israels bekannt. Die Bewohner des Nordreichs, die der Verbannung entgingen und sich später mit anderen Völkern vermischten, nannten sich selbst Samaritaner. Im Süden bestanden die beiden Stämme Benjamin und Juda in dem unabhängigen Königreich Juda fort. Unterdessen wetteiferten jedoch die aggressiven Reiche Ägypten, Assyrien und später Babylonien um die Kontrolle dieses wichtigen Verbindungsstücks zwischen Ägypten und dem Mittleren Osten. 587/586 v. Chr. unterlag Juda dem Babylonischen Reich, seine Elite wurde nach Babylonien verschleppt, und das Land blieb verwüstet zurück: »An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten«, sang der Psalmist.1 Damit begann eine Periode der Untertänigkeit unter wechselnden imperialen Mächten, die, von wenigen kurzen Intervallen abgesehen, die folgenden zweieinhalbtausend Jahre andauern sollte.

Chronik der wichtigsten Perioden und Ereignisse

Im Gegensatz zur syrischen war die babylonische Gefangenschaft nicht dauerhaft, denn Kyros der Große von Persien (576–530 v. Chr.) ließ ab 537, nach seinem Sieg über das Babylonische Reich, alle Juden, die es wollten, aus Babylonien nach Judäa zurückkehren. Er setzte einen König ein, und das Königreich Judäa wurde zu einem Klientelstaat der Perser. Bis zum Ende des 6. Jahrhunderts hatten die Heimgekehrten einen neuen Tempel gebaut, wodurch die Zeit des zweiten Tempels begann. Sie dauerte an, bis die Römer ihn 70 n. Chr. zerstörten.

In der Periode der persischen Hegemonie erschienen erstmals die Griechen auf der Bildfläche. Nach bescheidenen Anfängen als Plünderer und Händler im östlichen Mittelmeerraum schlossen sich die Bewohner des griechischen Festlands und der griechischen Inseln zu zwei Fraktionen zusammen, die unter Führung der Spartaner bzw. der Athener im 5. und frühen 4. Jahrhundert eine Serie verheerender Bürgerkriege führten. Schließlich stieg eine neue, halbgriechische, Macht auf, die alle anderen griechischen Staaten eroberte: Makedonien, zunächst unter Führung Philipps II., später unter der seines Sohnes Alexander des Großen. 334 v. Chr. marschierten die Makedonen im persischen Reich ein, und 332 besetzte Alexander Palästina, wie vor ihm schon die Eroberer aus dem Mittleren Osten. Nach seinem Tod teilten seine wichtigsten Feldherrn seine Eroberungen in konkurrierende Reiche. Um Palästina kämpften die Seleukiden von Syrien im Norden und die Ptolemäer von Ägypten im Südwesten aus. Bis 303 hatten die Seleukiden die Kontrolle über ganz Palästina gewonnen und setzten Marionettenkönige ein. Der Seleukidenkönig Antiochos IV. Epiphanes jedoch schwächte seine Herrschaft über die Region, als er eine nativistische Gruppe gegen sich aufbrachte, deren Jahwe-Kult die Seleukiden ablehnten. Der Makkabäer-Aufstand begann. Durch diesen Aufstand wurde das seleukidische Joch für kurze Zeit abgeworfen. Doch schon nach wenigen Jahrzehnten musste sich das unabhängige Königreich Judäa erneut dem Druck der feindlichen Mächte in seiner Nachbarschaft beugen. Es folgten 100 Jahre, in denen die Führung Judäas versuchte, die unterschiedlichen Parteien und Reiche gegeneinander auszuspielen, um wenigstens den Anschein von Unabhängigkeit zu bewahren. Dann erschien Rom auf der Bildfläche.

2. Pompeius der Große eroberte Jerusalem im Jahr 63 v. Chr., verzichtete aber darauf, die Stadt oder den Tempel zu plündern. In der Folgezeit war Judäa entweder ein Klientelstaat Roms, oder es wurde direkt von einem römischen Beamten regiert.

Rom, laut der Gründungssage 753 v. Chr. auf den Hügeln Mittelitaliens gegründet, dehnte seine Macht zunächst nur langsam auf die umliegenden Gebiete aus. Nach dem Sieg über das rivalisierende Karthagische Reich im 3. Jahrhundert v. Chr. jedoch drangen die Römer schnell in den östlichen Mittelmeerraum vor. Zur Zeit der Makkabäer mischten sie sich bereits in die Angelegenheiten des Seleukidenreichs ein. Jüdische Könige versuchten, die Macht Roms als Gegengewicht gegen die Seleukiden einzusetzen. In der Folge marschierte im Jahr 64 v. Chr. der römische Feldherr Pompeius der Große in Palästina ein. Er besiegte den letzten seleukidischen König, machte Syrien zu einer römischen Provinz und drang nach Judäa vor, wo er einer der Fraktionen im dortigen Bürgerkrieg half. Er eroberte Jerusalem, ohne die Stadt oder den Tempel zu zerstören. Er und die damalige Führung Roms setzten Klientelkönige ein, um Palästina zu kontrollieren. Von diesem Zeitpunkt an wurde Palästina entweder durch von Rom abhängige Herrscher oder direkt als römische Provinz regiert, bis es 637 n. Chr. von den Armeen des islamischen Kalifats erobert wurde.

Das Christentum


Wenngleich einige Elemente dieser Untersuchung viel weiter zurückreichen, liegen die ersten ernsthaften Anfänge des Christentums um etwa 300 v. Chr., als die Griechen nach dem Tod Alexanders des Großen einen Großteil des Nahen Ostens beherrschten. Rom spielte damals noch keine Rolle. Das heutige...