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Hedwig Courths-Mahler Großband 6 - Sammelband - 10 Liebesromane in einem Sammelband

Hedwig Courths-Mahler Großband 6 - Sammelband - 10 Liebesromane in einem Sammelband

Hedwig Courths-Mahler

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2018

ISBN 9783732569410 , 800 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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10,99 EUR

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Hedwig Courths-Mahler Großband 6 - Sammelband - 10 Liebesromane in einem Sammelband


 

Du kennst nunmehr meinen Willen, Lanie, und wirst dich danach richten.“

Verzagt sah Lanie zu ihrem Vater auf, dessen Gesicht weder väterliche Güte noch Liebe verriet, sondern nur seine despotische Energie.

„Aber, lieber Vater, ich kenne diesen Herrn Gunter doch gar nicht, habe ihn noch nie gesehen und weiß nichts von ihm, und er weiß nichts von mir.“

„Das wird alles nachgeholt werden. Er ist ein ehrenwerter, sehr ansehnlicher und hochgebildeter Mann, das habe ich dir schon gesagt. Und das genügt vollständig. Du kannst dich schon auf mich verlassen, ich habe dir wirklich einen Gatten ausgesucht, mit dem du zufrieden sein kannst.“

Sie wurde immer blasser und verzagter.

„Herr Gunter wird sich, wenn er wirklich so ehrenwert ist, wie du sagst, dafür bedanken, sich eine Frau aufnötigen zu lassen, von der er nichts weiter weiß, als dass sie die Tochter eines reichen Mannes ist.“

Ein kühles Lächeln flog über das Gesicht des Vaters.

„Du irrst dich, er kennt dich ganz genau, schon lange und – er liebt dich.“

„Das ist doch unmöglich, ich bin nie mit ihm zusammengetroffen. Wie könnte er mich da lieben? Das sagt er wohl nur, um nicht zugeben zu müssen, dass er mich aus Berechnung zu seiner Frau machen will.“

„Unsinn, Berechnung von seiner Seite kommt ebenso wenig in Frage wie von der deinen. Er weiß, dass seinem Onkel an einer Verbindung zwischen ihm und dir viel gelegen ist; er hat gleich mir den Wunsch, dass sein Neffe dich heiratet, weil unsere beiderseitigen Unternehmungen dann zusammengelegt werden können. Darein würde er sich vielleicht auch fügen, wenn er dich nicht liebte. Er ist seinem Onkel außerordentlich verpflichtet, weil er ihm alles zu verdanken hat. Zum Überfluss liebt er dich noch.“

„Zum Überfluss?“, fragte sie leise, klagend.

„Nun ja, nach meiner Ansicht. Er kennt dich schon lange, wie er mir gesagt hat.“

Sie schüttelte den Kopf.

„Wie könnte das sein?“

„Das lass dir gelegentlich von ihm selber sagen. Für mich ist das ziemlich unwichtig.“

„Aber ich liebe ihn doch nicht, Vater, kenne ihn nicht. Du wirst mich doch nicht zu dieser Heirat zwingen wollen!“

„Ich hoffe, du wirst vernünftig genug sein, ohne Zwang einzuwilligen. Was du in deiner idealen Schwärmerei, einem Erbteil deiner verstorbenen Mutter, für Ansprüche stellst, ist Unsinn! Es genügt, dass zwei Menschen gesund sind, auf der gleichen Bildungsstufe stehen und den guten Willen haben, sich einander zu fügen. Damit sind alle Möglichkeiten für ein ersprießliches eheliches Verhältnis gegeben. Solche Ehen gehen zumeist besser aus als die aus übergroßer Leidenschaft geschlossenen. Deine Mutter und ich heirateten gleichfalls auf Wunsch unserer Eltern und haben eine sehr gute Ehe geführt, wenn wir auch ziemlich verschiedene Charaktere waren.“

Lanies Augen sahen groß und ernst zu dem Vater auf. Es schwebte ihr auf der Zunge, ihn zu fragen: Hast du wohl eine Ahnung, wie unglücklich und unbefriedigt meine arme Mutter in ihrer Ehe war, weißt du, dass sie so früh gestorben ist, weil ihre Lebenskraft in dieser Ehe gebrochen wurde, in der nur du Befriedigung fandest; weil dein hartes, kaltes Herz nicht mehr verlangte? Aber sie hielt diese Frage zurück. Nein, das konnte sie dem Vater nicht sagen, dazu fehlte ihr der Mut, denn er hatte auch ihre Lebensenergie gebrochen durch seine Härte, und die Mutter hatte sie gelehrt, den Vater zu fürchten.

Einen Moment wurde ihr Vater unsicher unter den großen, ernsten Blicken seiner Tochter. Als sie aber stumm blieb, richtete er sich jäh auf. „Also, die Sache ist erledigt. Geh jetzt in dein Zimmer, sei vernünftig und denke, dass ich dein Bestes will. Reichtum ist gleichbedeutend mit Macht, und wenn mein Vermögen sich mit dem des Onkels deines zukünftigen Gatten paart, dann werdet ihr eines Tages zu den reichsten Leuten der Stadt gehören. Morgen Vormittag kommt Werner Gunter und hält um deine Hand an, und du wirst ihm dein Jawort geben.“

Lanie wollte etwas antworten, aber unter dem harten, drohenden Blick ihres Vaters schlossen sich ihre Lippen, und sie ging still hinaus.

In ihrem Zimmer angelangt, fiel sie wie kraftlos in einen am Fenster stehenden Sessel und starrte mit leeren Augen in den großen, schönen Garten hinaus, der von allen Seiten das vornehme Haus ihres Vaters umgab.

Ihre Gedanken irrten angstvoll umher. Was sollte sie beginnen? Wie konnte sie diesem Verhältnis entgehen? Gegen den Willen des Vaters etwas zu tun, war sie ganz und gar nicht gewöhnt! Immer war im Haus alles nur nach seinem Willen gegangen, auch als die Mutter noch lebte. Dass sie ihr so früh genommen wurde – wie traurig war das! Bei der Mutter hätte sie Verständnis gefunden, auch wenn sie ihr nicht hätte helfen können. Aber es war doch unmöglich, dass sie einen Mann heiratete, den sie nicht liebte, nie würde lieben können – weil ihr Herz eben schon längst einem anderen gehörte. Mit diesem anderen hatte sie freilich noch niemals ein Wort gewechselt, sie kannte nicht einmal seinen Namen, wusste nicht, wer er war und wo er lebte.

Mit der Mutter hatte sie kurz vor ihrem Tod ein Ostseebad aufgesucht, weil sie dort ihre Nerven kräftigen sollte. Und diese vier Wochen an der Ostsee waren die schönsten, herrlichsten ihres jungen Lebens gewesen, weil sie täglich den Mann sehen durfte, dem ihr Herz gleich beim ersten Sehen entgegengeflogen war, dessen Augen sie jedes Mal mit einem seltsamen Aufleuchten gegrüßt hatten und der ihr, sozusagen, überall begegnet war. Da sie aber mit der Mutter sehr zurückgezogen gelebt hatte, war es nie dazu gekommen, dass sie einander vorgestellt wurden. Aber eines Morgens, kurz bevor sie mit der Mutter abreiste, hatte ein Rosenstrauß in ihrem Strandkorb gelegen, und daran war ein Zettel befestigt gewesen, auf dem nichts weiter stand als: auf Wiedersehen!

Sie wusste sofort, dass diese Rosen von „ihm“ kamen und dass „er“ diese Worte geschrieben hatte. Leise hatte sie die Lippen auf die Blumen und auf den Zettel gedrückt, und beides hatte sie aufbewahrt. Und jetzt erhob sie sich und holte ein kleines Kästchen herbei, in dem sie Rosen und Zettel verwahrt hatte. Tränen schossen ihr in die Augen, als sie auf diese einzigen Zeichen einer großen, heimlichen Glückseligkeit herabsah. Und mit diesem Gefühl im Herzen sollte sie einem anderen Mann angehören? Was konnte sie tun, um diesem Schicksal zu entgehen?

Der Unbekannte war aus ihrem Leben verschwunden seit jenem Tag, an dem sie die Rosen gefunden hatte. Sicherlich war er abgereist! Und nie mehr hatte sie etwas von ihm gehört.

Bald darauf war sie mit der Mutter heimgekehrt. Deren Zustand hatte sich nicht viel gebessert, weil sie eben nicht den Willen zum Leben hatte. Schon auf der Rückreise hatte sie sich eine Erkältung zugezogen, und wenige Tage darauf war sie an einer Lungenentzündung gestorben. Mutter und Tochter hatten einen schmerzlichen Abschied voneinander genommen, aber die Mutter war gleichsam wie erlöst von dieser Welt gegangen, und als Lanie in ihr wachsbleiches Antlitz gesehen hatte, dünkte es sie, als spräche dieses Totengesicht: „Gönne mir den Frieden!“

Über der Trauer um die Mutter hatte sie alles andere zunächst vergessen. Der Mann, dem ihre Liebe gehörte, erschien ihr nur zuweilen im Traum. Seitdem aber der Schmerz um die Mutter ein wenig gemildert war, dachte sie wieder oft an ihn. Sie klammerte sich gleichsam an die Worte: Auf Wiedersehen!, die er ihr zurückgelassen hatte.

Aber mehr und mehr kam sie zu der Überzeugung, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Und sie resignierte klaglos. Ihr wollte es scheinen, als werfe jene Begegnung zwischen ihr und ihm immerhin warme, helle Sonnenlichter auf ihren Weg. Ihr Vaterhaus erschien ihr nicht mehr so trostlos und öde, wie es durch die harte, kalte Art des Vaters geworden war, seit die Mutter nicht mehr als belebendes und wärmendes Element darin waltete. Einmal wenigstens war sie glücklich gewesen, mochte es sich auch nur um ein sehr bescheidenes Glück gehandelt haben.

Und nun sollte sie eines fremden Mannes Frau werden! Sie wusste, der despotische Wille des Vaters würde ihr keine Wahl lassen. Aber wie sollte sich ihr Leben in Zukunft gestalten? Von welcher Art war dieser fremde Mann, von dem sie nichts wusste, als dass er seit kurzem in das Geschäft seines Onkels eingetreten war, nachdem er die Handelshochschule besucht und eine Reise um die Welt gemacht hatte, um seine Kenntnisse zu erweitern? Jener Werner Gunter wollte sie lieben?

Das hatte er wohl nur vorgegeben, um nicht den Anschein kalter Berechnung zu erwecken. Immerhin war es ja möglich, dass er sie von weitem gesehen hatte, ohne dass er ihr aufgefallen wäre.

Aber genügte das, um jemanden lieben zu lernen?

Doch, wenn sie es recht bedachte, liebte nicht auch sie einen Mann, den sie bloß von weitem gesehen hatte, dem sie während einiger Wochen allerdings täglich begegnet war?

Also war es immerhin möglich, dass er sie liebte.

Aber gerade das war vielleicht das Allerschlimmste! Denn ganz gewiss würde sie ihn niemals lieben können, weil ihr Herz einzig und allein dem Mann gehörte, der ihr die Rosen geschenkt hatte.

Was sollte sie tun? Sie grübelte lange darüber nach, und plötzlich kam ihr ein Gedanke. Wie, wenn sie an Werner Gunter schrieb, noch ehe er vor sie hintrat, sie um ihre Hand zu bitten? Wenn sie ihm mitteilte, dass ihr Herz einem anderen gehöre? Wenn sie ihn ersuchte, von seiner Werbung abzusehen, weil sie ihn nicht lieben könne? Entschlossen richtete sie sich auf, ging an ihren kleinen,...