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Baccara Collection Band 414

Baccara Collection Band 414

Elle Wright, Yvonne Lindsay, Maisey Yates

 

Verlag CORA Verlag, 2020

ISBN 9783733726591 , 384 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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5,99 EUR

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Baccara Collection Band 414


 

1. KAPITEL

Levi Tucker war kein Mörder.

Diese Tatsache wurde nun endlich auch an offizieller Stelle anerkannt.

Er war sich nicht sicher gewesen, welches Gefühl ihn bei seiner Entlassung aus dem Gefängnis beherrschen würde. Vielleicht Erleichterung. Er hatte sich vorgestellt, dass die meisten Menschen in seiner Lage wohl so empfinden würden. Aber als sich das Tor der Strafvollzugsanstalt hinter ihm schloss, hatte er etwas ganz anderes gefühlt.

Ein übermächtiger Zorn hatte von ihm Besitz ergriffen und hätte ihn in Erstaunen versetzt, wenn es nicht so unvermeidlich gewesen wäre.

Schließlich hatte er selbst am besten gewusst, dass er kein Mörder war.

Alles, was der Staatsanwalt in die Waagschale hatte werfen können, war ein bloßer Verdacht gewesen. Es gab ja noch nicht einmal eine Leiche.

Vor allem deswegen, weil Alicia nicht tot war.

In vielerlei Hinsicht war dies nicht nur eine Verletzung, sondern auch noch eine Beleidigung. Die Scheidung von der Frau, die es so hatte aussehen lassen, als ob er sie ermordet hätte, stand noch aus. Sie waren immer noch miteinander verheiratet. Natürlich hatte er so schnell wie möglich die Scheidung eingereicht. Er war dabei, sein Leben wieder in Ordnung zu bringen.

Alicia würde vermutlich in die Scheidung einwilligen.

Allerdings konnte er das nicht mit Sicherheit wissen.

Es hatte eine Zeit gegeben, in der Levi dachte, er würde seine Frau kennen. Schließlich hatte er sie geheiratet. Doch während er sich dessen bewusst war, dass zwischen ihnen längst nicht alles perfekt war, hatte seine Frau sich in einer warmen Sommernacht davongemacht und ihn mit den Konsequenzen allein gelassen. Damit hätte er nie gerechnet.

Auch wenn sie vielleicht nicht beabsichtigt hatte, dass er wegen Mordes verurteilt würde, so hätte sie doch zu jedem Zeitpunkt nach ihrem Verschwinden wieder auftauchen können.

Als er verhört wurde. Als er verhaftet wurde.

Doch das hatte sie nicht getan.

Und damit gab sie ihm Anlass zu glauben, seine Blamage, seine entsetzliche Demütigung wären ihr Ziel gewesen.

Levi fragte sich immer wieder, ob ihre ganze Ehe von Anfang an ein falsches Spiel gewesen war.

Die Frau, die ihn trotz des Rufs seiner Familie in Copper Ridge geliebt hatte. Die vor Gott und der Welt geschworen hatte, bei ihm zu bleiben in guten wie in schlechten Zeiten. Ungeachtet der Tatsache, ob er es zu etwas bringen würde oder nicht. Er hatte es zu etwas gebracht. Und er hatte Alicia geschworen, ihr auf dem höchsten Hügel von Copper Ridge ein Haus zu bauen, damit sie auf die Leute herabblicken könnte, die zuvor auf sie herabgeblickt hatten.

Aber später hatte es ihm gefallen, dass seine Arbeit ihn oft weit weg führte von der Stadt, in der er aufgewachsen war. Alicia hatte währenddessen Geschmack am glamourösen Leben gefunden. Levi hingegen mochte das einfache Leben. Er wollte nur seine eigene Ranch. Und seine eigenen Pferde.

Alicia wollte mehr.

Offenbar war sie am Ende darauf gekommen, dass sie das alles auch ohne ihn haben konnte.

Es war das Geld gewesen, das sie ins Verderben gestürzt hatte. Jahrelang hatte sie immer wieder Geld auf ihr eigenes Konto eingezahlt, ohne dass er es bemerkt hatte. Doch als ihr Konto leer war, hatte sie versucht, an das Geld auf seinen Konten zu kommen. Und dabei war sie erwischt worden.

Sie hatte sich mit seinem schwer verdienten Geld ein schönes Leben gemacht.

Fünf Jahre lang.

Fünf höllische Jahre, die er hinter Gittern verbracht hatte. Als Frauenmörder. Als Mörder der eigenen Ehefrau.

Aber er hatte überlebt. So wie er alles überlebt hatte, was zuvor geschehen war.

Geld stellte oft einen gewissen Schutz dar.

Jedenfalls war das bei ihm vermutlich der Fall gewesen.

Wahrscheinlich hätte er nicht seine Gefängniszelle verlassen, sich seinen Stetson schnappen und zu seinem Leben zurückkehren können, wenn er nicht das Geld gehabt hätte, ein Team von guten Anwälten zu bezahlen. Anwälte, die dafür gesorgt hatten, dass sein Fall so schnell wie möglich wieder aufgenommen und neu verhandelt wurde. Er hatte gedacht, dass das einfacher sein würde. Besonders angesichts der Tatsache, dass seine Frau quicklebendig aufgefunden wurde.

Der Junge, der er einmal gewesen war, hätte wohl kaum Gerechtigkeit erlangt.

Anders als der Mann, zu dem er geworden war.

Dieser Mann stand jetzt auf einem weitläufigen Grundstück, das er sein Eigen nannte, und wartete auf die Architektin. Sie würde ihm hoffentlich das Haus bauen, das er nach fünf Jahren hinter Gittern verdiente.

Dieses Haus würde keine Gitter haben. Es würde das Haus werden, das Alicia so sehr gewollt hatte. Um allen in ihrer Heimatstadt zu zeigen, dass er und Alicia es geschafft hatten. Dass aus ihnen etwas geworden war und sie die Situation überwunden hatten, in die sie hineingeboren wurden.

Das traf auf sie allerdings nicht zu.

Nein, dieses Haus würde keine Gitter haben. Nur Fenster.

Fenster, die einen Blick auf die Berge boten, in deren Schatten Copper Ridge lag. Copper Ridge, Oregon, wo sie aufgewachsen waren. Levi hatte dort stets für schlechte Nachrichten gesorgt. Genau wie seine ganze Familie.

Er hatte zu den Jungen gehört, vor denen Väter ihre Töchter warnten.

Ein fauler Apfel von einem verrotteten Stamm.

Seinem Gefühl nach hatte sich die öffentliche Meinung über ihn in den vergangenen Jahren nicht geändert.

Sein schlechter Ruf hatte sein Übriges getan, als er vor fünf Jahren vor Gericht gestellt und verurteilt wurde.

Sich wiederholende Muster. Ein krimineller Vater zog einen Sohn auf, der gleichfalls kriminell wurde. Sogar ein Mörder.

Der natürliche Lauf der Dinge für Männer wie ihn.

Alicia hatte das natürlich gewusst. Sie kannte ihn besser als sonst jemand auf dieser Welt.

Aber er hatte sie nicht gekannt. Überhaupt nicht, wie sich herausstellte.

Er landete im Gefängnis, so wie sie es vermutlich beabsichtigt hatte. Doch er hatte sich die Freiheit erkämpft. Und nun würde er hoffentlich bald aus seinem Haus auf dem Gipfel eines Hügels auf diejenigen herabsehen können, die dachten, das Gefängnis wäre seine Endstation.

Das beste Haus in der besten Gegend der Stadt. Das war sein Ziel.

Nun musste er nur noch auf Faith Graysons Ankunft warten. Mehr gab es nicht zu tun. Dem Vernehmen nach war sie derzeit die populärste Architektin für Traumvillen und andere Prachtbauten.

Die Häuser, die sie entwarf, waren weit mehr als Gebäude. Es waren Kunstwerke. Und Levi war fest entschlossen, eines dieser Kunstwerke zu besitzen.

Er war wie besessen von dem Gedanken, einen Ausgleich zu schaffen für das, was er verloren hatte. Er wollte so gut wie möglich leben, während es seiner Frau langsam dämmerte, dass sie mit leeren Händen dastand.

So wie es aussah, war es unmöglich, ihr nachzuweisen, dass sie ein Verbrechen begangen hatte. Möglicherweise hatte es ja gar nicht in ihrer Absicht gelegen, dass er verhaftet wurde. Und vielleicht hatte sie nicht erfahren, dass er verurteilt und inhaftiert wurde.

Sie jedenfalls behauptete jetzt, sie wäre einfach gegangen und hätte nie zurückgeblickt. Dass sie sich sein Geld unter den Nagel reißen wollte, war ihrer Aussage zufolge eine Notwendigkeit gewesen. Und ein Beweis dafür, dass sie nicht versucht hatte, sich zu verstecken.

Er glaubte ihr kein Wort. Deshalb hatte er ihr jede weitere finanzielle Zuwendung verweigert. Sie sah sich gezwungen, zu ihren Eltern zurückzukriechen und deren Hilfe zu erbitten.

Vielleicht war es die beste Rache, wenn er selbst ein prima Leben führte.

Levi Tucker trug sich in der festen Absicht, genau das zu tun.

Faith Grayson wusste durchaus, dass ihre Verabredung mit einem ehemaligen Häftling auf dem Gipfel eines einsamen Berges als Grund angesehen werden könnte, sie in eine psychiatrische Anstalt einzuweisen.

Allerdings hatte Levi Tucker nur deshalb im Gefängnis gesessen, weil er in seinem ersten Gerichtsverfahren unschuldig verurteilt wurde. Jedenfalls lautete so die offizielle Stellungnahme aus dem Büro des Bezirksstaatsanwaltes.

Seine Unschuld wurde nicht zuletzt dadurch bewiesen, dass seine Frau sich bester Gesundheit erfreute.

Er war also für den Mord an jemandem verurteilt worden, der gar nicht tot war. Auch wenn es zahlreiche Spekulationen darüber gab, warum seine Frau sich denn davongemacht hätte, wenn er nicht gefährlich und Furcht einflößend wäre, so blieb doch die Tatsache bestehen, dass er kein Mörder war.

So viel dazu.

Faith wusste genau, was ihre beiden Brüder, Isaiah und Joshua, zu diesem Treffen zu sagen hätten. Und zwar in ebenso zahlreichen wie blumigen Worten, mit denen sie das Unterfangen ihrer Schwester keinesfalls unterstützt hätten.

Doch Faith war von Anfang an von diesem Mann, der ein Vielfaches des üblichen Preises für eines ihrer Häuser zu zahlen bereit war, fasziniert gewesen. Vielleicht war auch ihr Ego ein wenig geschmeichelt wegen der ganzen Sache. Das konnte sie zumindest nicht ausschließen.

Schließlich war sie auch nur ein Mensch.

Ein Mensch, der sehr hart gearbeitet hatte, um an die Spitze der aufgehenden Sterne am Architekturhimmel zu gelangen und auch dort zu bleiben.

Sie hatte Bauwerke entworfen, die die Skyline ganzer Städte verändert hatten. Und sie hatte Wohnhäuser für die Reichen und Berühmten dieses Landes geplant.

...