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Mord in Norden. Ostfrieslandkrimi

Mord in Norden. Ostfrieslandkrimi

Susanne Ptak

 

Verlag Klarant, 2021

ISBN 9783965863040 , 200 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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3,99 EUR

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Mord in Norden. Ostfrieslandkrimi


 

Kapitel 1


 

»Hast du Toby im Auto gelassen?«, fragte Theda, als sie Josefine hereinließ. »Den kannst du nicht mit in die Seehundstation nehmen und bestimmt soll er nicht zwei Stunden oder länger im Kennel sitzen.«

»Ich habe ihn Brittas Obhut anvertraut«, antwortete Josefine und beugte sich hinunter, um Thedas Hunde zu begrüßen. »Auch wenn er sich mit deinen beiden Rackern gut versteht, bin ich mir nicht sicher, was die aushecken würden, ließen wir sie zu dritt allein. Und da ich ja gedenke, ein paar Tage hierzubleiben, werden wir vielleicht häufiger Dinge unternehmen, bei denen wir die Hunde nicht mitnehmen können.« Auch wenn Josefine jetzt in Ostfriesland lebte, für den Weg von Holtland nach Pilsum brauchte sie fünfundvierzig Minuten, bei schlechtem Wetter oder ungünstiger Verkehrslage sogar noch länger. Darum besuchten sich die Freundinnen gegenseitig gerne für einige Tage.

Theda grinste. »Daran hatte ich gar nicht gedacht. Ja, du hast recht. Das könnte durchaus schiefgehen. Und bei Britta ist er ja bestens aufgehoben. Trinken wir noch einen Kaffee, bevor wir nach Norddeich fahren?«

»Sehr gerne.«

Josefine folgte Theda in die Küche.

Auf halber Strecke wurden die Frauen von Polly und Fritzchen überholt, die vermutlich darauf hofften, dass in der Küche etwas Leckeres für sie abfallen könnte.

Theda hatte die beiden Hunde während der Ermittlungen im letzten Mordfall von einer Tierrettung adoptiert, und die ehemaligen rumänischen Straßenstreuner schienen ständig hungrig zu sein.

Josefine setzte sich an den Küchentisch, Theda schickte die Hunde auf ihre Decken und ging zur Anrichte, um die Kaffeekanne zu holen.

Gerade wollte Theda einschenken, da klingelte ihr Handy. »Oh, Inske«, sagte sie nach einem Blick auf das Display. »Ich hoffe, sie sagt nicht ab.« Sie nahm das Gespräch mit den Worten »Alles in Ordnung?« an.

Josefine, die die Freundin beobachtete, wurde schnell klar, dass offensichtlich nichts in Ordnung war, denn Thedas Gesichtsfarbe wurde immer blasser, ihre Augen dafür größer. »Wir fahren sofort los«, versicherte sie dann. »Lass dir vom Notarzt etwas zur Beruhigung geben. Du hörst dich an, als würdest du gleich umfallen.« Offenbar sagte Inske noch etwas, denn Theda hörte weiter zu und betonte dann: »Versprich mir das, ja?«

»Was ist passiert?«, fragte Josefine, sobald Theda das Gespräch beendet hatte.

»Eine Leiche! In der Seehundstation!«, stieß Theda hervor. »Inske hat sie gefunden!«

»Oh, verdammt!«, rief Josefine aus. »Ein Unfall?«

Theda zuckte mit den Schultern. »Sie sind sich nicht sicher. Die junge Frau könnte durchaus gestürzt sein, denn sie lag in einem recht tiefen Schacht, doch der Notarzt und die Polizisten, die herbeigerufen wurden, um einen Unfall aufzunehmen, hielten es für notwendig, die Kriminalpolizei zu benachrichtigen. Das Opfer ist Fenja Lammers, die Kollegin, die zeitgleich mit Inske ihr Praktikum in der Station angefangen hat. Wir müssen also sofort los. Inske ist völlig durch den Wind.«

Josefine war bereits aufgestanden. »Natürlich. Lass uns fahren. Wir nehmen deinen Wagen, aber ich setze mich ans Steuer. Du bist viel zu aufgeregt.«

Theda nickte und folgte Josefine in den Flur, wo sie Jacke und Handtasche nahm. Ihren Schlüsselbund drückte sie der Freundin sofort in die Hand.

»Was ist mit den Hunden? Sind die so weit versorgt?«, wollte Josefine wissen.

»Grietje Meier, meine Nachbarin, hat einen Schlüssel. Sie schaut zwischendurch nach den beiden und füttert sie heute Mittag.«

»Gut, dann los.«

Wenig später saßen sie in Thedas Elektroauto und fuhren Richtung Norddeich.

Es war Theda deutlich anzusehen, dass sie sich größte Sorgen um ihre Großnichte machte.

»Die Kriminalpolizei wird unter Umständen auch bei Unfällen hinzugezogen, falls der Unfallhergang nicht klar ersichtlich ist«, versuchte sie die Freundin zu beruhigen. »Es muss sich also nicht unbedingt um einen Mord handeln.«

Theda stieß ein sarkastisches Lachen aus. »Wir sind in der Nähe – glaubst du da an einen Unfall?«

Josefine sagte nichts darauf und konzentrierte sich auf die Straße.

Fünfunddreißig Minuten später standen sie am Eingang der Seehundstation, vor dem sich etliche Menschen versammelt hatten.

»Da kommen Sie nicht rein«, informierte sie ein Mann, der seine kleine Tochter an der Hand hielt. »Scheint etwas passiert zu sein und sie lassen wohl darum zurzeit keine Besucher rein. Wir warten nur noch, um zu erfahren, wann sie wieder öffnen.«

Josefine bedankte sich für die Information, trat aber dennoch dichter an die Glastür und spähte ins Innere. Doch niemand war zu sehen. »Die haben doch bestimmt einen Personaleingang«, flüsterte sie Theda zu, die ihr zur Tür gefolgt war.

»Sicher. Komm mit.« Theda ging voran, um das Gebäude herum. Hier standen auch die Einsatzfahrzeuge von Polizei und Rettungsdienst.

Während sie auf den Personaleingang zuliefen, kam ein weiteres Auto an und parkte neben dem Fahrzeug der Kriminaltechnik.

»Guck mal, wer da kommt«, sagte Josefine erfreut, als sie den Wagen erkannte.

Schon sprang Kriminalhauptkommissar Andreas Coordes heraus. »Josefine! Theda! Das gibt’s doch nicht! Woher wisst ihr schon wieder davon? Hört ihr den Polizeifunk ab, oder was?«

Auch Kriminaloberkommissar Ralf Thoben war ausgestiegen und demonstrierte mittels Gesten seine Überraschung.

»Thedas Großnichte arbeitet hier. Sie fand die Leiche und hat natürlich sofort Theda angerufen«, erklärte Josefine, nachdem sie Andreas und Ralf mit Umarmung begrüßt hatte.

Ralf grinste schief. »Also, so natürlich finde ich das eigentlich nicht. Ich mag meine Tanten auch sehr, aber ich käme nie auf die Idee, eine von ihnen als Erstes anzurufen, fände ich eine Leiche.«

»Wenn du mit einer dieser Tanten am Leichenfundort verabredet gewesen wärst, dann doch vermutlich schon«, behauptete Theda.

»Aber was macht ihr hier?«, erkundigte sich Josefine nun. »Soweit ich weiß, verfügt Norden doch über einen eigenen Kriminalermittlungsdienst.«

Ralf nickte. »Stimmt schon. Aber die Kollegen wurden von einer Grippewelle heimgesucht und die paar, die noch einsatzfähig sind, sind völlig überlastet. Darum leisten wir Amtshilfe.«

»Wie auch immer.« Andreas Coordes wollte nun zur Tat schreiten und sich nicht mit Geplänkel aufhalten. »Immerhin ist es sehr praktisch, dass ihr hier seid. Bis Paul mit seinen Leuten eintrifft, wird es ja wohl noch eine Weile dauern. Vielleicht kannst du uns schon erste Erkenntnisse liefern, ob es sich tatsächlich um einen Unfall oder womöglich doch um Tod durch Fremdverschulden handelt.« Er hämmerte mit der Faust gegen die Metalltür, die kurz darauf geöffnet wurde.

Coordes hielt dem Mann seinen Dienstausweis entgegen. »Kriminalpolizei Aurich. Mein Name ist Coordes.« Er wies auf seine drei Begleiter. »Mein Kollege Thoben, Frau Doktor Brenner von der Rechtsmedizin und Frau Borchers, die Tante einer Ihrer Kolleginnen, die sich gerne um ihre Nichte kümmern möchte.«

»Moin, Tim Fetting. Ich leite die Tierpflege.« Er schaute Theda an. »Sie sind Inskes Tante, die heute eigentlich zu Besuch kommen wollte, richtig? Sie hat schon viel von Ihnen erzählt.«

Als Theda nickte, sagte er: »Folgen Sie mir bitte.«

Während der Tierpfleger die vier zum Fundort der Leiche brachte, erklärte er: »Ich habe die Kollegen in unseren Aufenthaltsraum geschickt, damit nicht so viele Leute im Weg stehen. Aber wir müssen in absehbarer Zeit unsere Arbeit fortsetzen. So schrecklich das ist – die Tiere müssen trotzdem versorgt werden. Die können schließlich nichts dafür.«

Coordes nickte. »Das bekommen wir schon hin.«

Der Bereich um den Fundort der Leiche war mit rot-weiß gestreiftem Flatterband abgesperrt worden. Zwei Kriminal­techniker in weißen Schutzanzügen untersuchten jeden Millimeter der Umgebung. Mehrere gelbe Tatort-Nummerntafeln markierten bereits Stellen, wo die Beamten Spuren gefunden hatten.

Josefine bemerkte große, dunkle Flecken auf den roten Pflastersteinen, die ebenfalls von den Beamten markiert worden waren und bei denen es sich vermutlich um Blut handelte.

»Oha«, machte sie, als sie in den Schacht hinunterschaute, auf dessen Boden die tote Fenja lag. Ein weiterer Kriminal­techniker war dort unten mit der Spurensicherung beschäftigt.

»Womit sich die Idee, dass du die Leiche schon mal begutachtest, erledigt hat«, sagte Andreas seufzend nach einem Blick auf die Leiter, die hinunterführte.

»Blödsinn! Das ist eine Leiter mit Geländer. Und der Kollege da unten kann mir auf dem letzten Stück eine helfende Hand...