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Weggenommen (Ein Ella-Dark-Thriller - Band 2)

Weggenommen (Ein Ella-Dark-Thriller - Band 2)

Blake Pierce

 

Verlag Lukeman Literary Management Ltd., 2022

ISBN 9781094346212 , 250 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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2,99 EUR

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Weggenommen (Ein Ella-Dark-Thriller - Band 2)


 

 

 

 

2. KAPITEL


 

 

Ella war froh, dass die Musik leise genug war, um sich noch unterhalten zu können, wenn auch mit Mühe und Not. Es gab nichts Nervigeres, als hämmernde Bässe, die einem die ganze Nacht lang die Sinne betäubten. Danach hatte sie immer Kopfschmerzen. Sie wusste wirklich nicht, wie jemand es genießen konnte, das Trommelfell derart lädiert zu bekommen.

Sie entschied sich für das kleine Schwarze mit Absätzen und hatte die Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammengebunden. Anstatt der Brille hatte sie Kontaktlinsen eingesetzt. Nichts allzu Glamouröses, aber genug, um mit den Aufmerksamkeitshungrigen und Möchtegern-Models mithalten zu können, die auf der Tanzfläche verstreut waren, ihre Handys stets auf sich gerichtet. Das Licht war gedämpft und die Masse der Clubbesucher an der Bar gab ihr ein ungutes Gefühl, doch sie war in Gedanken ganz woanders, nämlich bei den Briefen. Sie versuchte, ihre Gedanken zu verdrängen, aber sie empfand es immer als mühsam, in Bars und Clubs im Hier und Jetzt zu sein. Ihre Gedanken schweiften immer ab. Vielleicht war es das ständige Gewirr aus Stimmen, Musik und Gläserklirren, die sich zu einer Art weißem Rauschen verbanden und sie ins Traumland beförderten.

Ella und zwölf andere Leute standen dicht gedrängt um einen Tisch. Die Hälfte von ihnen waren ihr bekannt, schließlich entdeckte sie sie meist an einem Sonntagmorgen auf ihrem Sofa, wie sie ihren Rausch ausschliefen. Allerdings kannte sie kaum ihre Namen, geschweige denn genug über sie, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Sie schienen sich alle in ihre kleinen Untergruppen aufzuteilen, und Ella fand sich schon bald allein am Rande stehend wieder. Sie beugte sich nach vorne, um einem Gespräch zu lauschen, hatte aber schon bald das Gefühl, dass ihre Anwesenheit nicht erwünscht war. Sie schaute sich nach Jenna um und entdeckte sie in der Nähe der Tanzfläche mit einem Typen in ein Gespräch vertieft. Selbst im dumpfen Schein der Bar war es schwer, ihre platinblonden Locken und knallroten Absätze zu übersehen. Ella beschloss, sich aus der Gruppe auszuklinken und in ein paar Minuten etwas anderes zu versuchen. Vielleicht würde sie ein neues Gespräch finden, in das sie sich einbringen konnte.

Sie schlenderte zum Barbereich und lehnte sich dagegen, froh über die Pause vom Versuch, die Fassade aufrechtzuerhalten. Als der Barkeeper sich endlich ihr zuwandte, bestellte sie einen Whiskey Cola. Sie wählte einen Hibiki, eine der Spirituosen, die Mia ihr damals in Louisiana aufgebrummt hatte. Seit jener Woche war sie auf den Geschmack gekommen.

Da sie es nicht eilig hatte, zur Gruppe zurückzukehren, lehnte sie sich gegen die Bar und beobachtete das Treiben. Ihr Blick fiel auf Jennas neuen Typen und sie betrachtete seine Körpersprache, als er sein Bestes gab, sie stillschweigend mit seiner Figur zu beeindrucken. Mia hatte ihr beigebracht, auf welche Zeichen sie achten musste: Füße, Ellbogen, Verlagerung des Körpergewichts. Mehr unbewusst als bewusst ertappte sich Ella dabei, wie sie jetzt die kleinsten Anzeichen der Clubbesucher studierte, vor allem der Männer, die sie vor sich fand. Jeder von ihnen könnte Geheimnisse verborgen halten, die nur durch ihre unbewusste Körpersprache zum Ausdruck kamen.

»Hibiki, was?«, rief eine Stimme neben ihr. »Es geht doch nichts über japanischen Whiskey, stimmt's?«

Ella drehte sich um, erschrocken über die plötzliche Unterbrechung. Sie sah den seitlichen Umriss eines jungen Mannes, vermutlich Ende zwanzig, mit gewelltem, braunem Haar und einer schwarz umrandeten Brille. Er trug ein enganliegendes, blaues Hemd und Jeans. Nur wenige Männer konnten doppeltes Blau tragen, dachte Ella, aber dieser Fremde schien damit kein Problem zu haben. Vielleicht war es die Brille, die ihm dieses merkwürdige Hipster-Flair verlieh, eine Mischung aus Ironie und echtem Modebewusstsein.

Er rief seine Bestellung über die Bar. Ella achtete auf seine Verhaltensweisen. Sie hatte schon immer gedacht, dass die Art, wie jemand mit Servicekräften umging, viel über den Menschen verriet. Er drehte sich wieder zu ihr um, und erst dann wurde ihr bewusst, dass sie nichts darauf geantwortet hatte.

»Ja«, sagte sie. Dann geriet sie in Panik und versuchte verzweifelt, sich etwas Witziges einfallen zu lassen, um das Gespräch fortzusetzen. Ihr fiel nichts ein. »Bestellst du auch einen?«

»Ach so, nein. Ich trinke nicht. Ich trinke immer nur Cola light. Ich bin einer dieser nervigen Nichttrinker.«

»Ach ja? Und warum das?«

»Wir werden wöchentlich auf der Arbeit auf Alkohol und Drogen getestet. Da lasse ich lieber gleich die Finger davon. Außerdem mag ich mich gerne daran erinnern, was letzte Nacht passiert ist.«

Ella nickte zustimmend. »Geht mir genauso. Ich bin eine JGW-Trinkerin. Jahrestage, Geburtstage und Weihnachten. Was machst du denn beruflich?« Sie konnte sich die Frage nicht verkneifen. Und sie hatte das Gefühl, dass er gefragt werden wollte.

»Versprichst du mir, nicht zu lachen? Die meisten Frauen laufen davon, sobald ich es ihnen verrate.«

»Jetzt bin ich aber neugierig.«

»Versprichst du es?«

»Klar«, lächelte sie.

»Ich bin Profi-Wrestler.«

Ella zog die Augenbrauen hoch. »Wie olympisches Ringen? Oder wie Hulk Hogan?«

»Letzteres. Mehr oder weniger. Hogan ist schon länger nicht mehr relevant.«

»Das ist … interessant. Ich habe noch nie einen Wrestler getroffen, wobei wir auf der Arbeit einmal einen Fall hatten, bei dem ein Wrestler seine Familie und dann sich selbst getötet hat.«

Er führte seinen Drink zum Mund und starrte sie an.

»Ich arbeite bei der Polizei«, erklärte sie, in der Hoffnung, ihn damit zu beeindrucken, auch wenn sie das Gespräch nicht ausschließlich auf die Arbeit lenken wollte. Aber sie musste zugeben, dass es ihr gefiel, sich mit einem Wrestler zu unterhalten. Sie fand Menschen mit einem ungewöhnlichen Beruf immer interessant, obwohl sie sich kaum vorstellen konnte, was er in seinem Beruf machte. Viel trainieren? Vielleicht war er im Fernsehen? Ihre Neugierde wurde immer größer.

»Wow, ich meine, das ist unendlich viel cooler als mein Beruf. Da erlebst du bestimmt so einiges.«

Der DJ legte eine Dance-Nummer auf, und der Tatsache nach zu urteilen, dass alle außer Ella vor Freude in Jubel ausbrachen, musste es eine beliebte Nummer sein. Sie erkannte die Grundmelodie, hatte aber keine Ahnung, von wem das Lied war. Der Mann nahm seinen Drink und wandte sich wieder ihr zu.

»Weißt du was? Das ist mein zweitliebster Song«, sagte er.

Ella konnte sein Parfüm riechen. Zarte Vanille, aber mit einer leicht würzigen Note. Als er sich von ihr weg lehnte, sah sie ihn sich zum ersten Mal richtig an. Er hatte blaue Augen und eine Nase, die in seinem Gesicht etwas zu klein wirkte. Er hatte gepflegte Haut und eine sportliche Figur, wenn auch etwas drahtig. »Das ist aber sehr spezifisch. Was ist denn dein Lieblingssong?«

»Alle anderen teilen sich den ersten Platz.«

Sie musste ein paar Sekunden überlegen. Dann lachte sie. »Kein Fan, was? Bist du etwa auch hierhergeschleppt worden?«

»Allerdings, von diesem Schurken, den ich meinen besten Freund nenne.« Er deutete auf den Mann, der sich gerade mit Jenna unterhielt.

»Ach du liebe Zeit. Das ist meine Mitbewohnerin, mit der er da redet. Sie wird ihn bei lebendigem Leibe auffressen.«

»Im Ernst?«, fragte er. »Na, der Glückspilz. Muss er sich auf das Schlimmste gefasst machen?«

Ella nahm einen Schluck von ihrem Drink. Sie spürte, wie sie ein wenig lockerer wurde. Es war lange her, seit sie Spaß gehabt hatte, und sie hatte ganz vergessen, wie es sich anfühlte. »Sagen wir mal so. Wenn Männer Obst wären, würde sie leicht auf ihre fünf Vitamine am Tag kommen.«

Sie lachten beide. Wo kam das denn her, fragte sie sich. Den Spruch hatte sie noch nie in ihrem Leben gesagt, aber er schien gut anzukommen.

»Und du?«, fragte er.

Da war sie. Die ewige Frage nach dem Beziehungsstatus. Wobei man ihm zugutehalten musste, dass er sich zumindest Mühe gegeben hatte. Diese Herangehensweise war für gewöhnlich erfolgreicher als die Holzhammermethode.

»Ich bin der größte Single, den du je kennengelernt hast. Ich habe nicht wirklich Zeit für eine Beziehung.«

»Aber du hast schon Zeit, um in Bars zu gehen?« Er verwässerte die Frage mit einem Lächeln, um jeglichen vorwurfsvollen Ton wettzumachen. Ella war es nicht entgangen.

»Das ist das erste Mal seit langer Zeit, dass ich ausgehe. Und du?«

»Beziehungen sind nicht mein Ding. Ich bin ein Lorbeerblatt«, sagte er.

Ella schwieg. Sie wusste, dass darauf noch etwas folgen würde. Ihr kam es so vor, als hätte sie bereits ein gutes Gespür für seine Persönlichkeit. Zu ihrem Erstaunen fühlte sie sich in der Nähe dieses Fremden tatsächlich wohl. Er überschritt keine körperlichen Grenzen und legte ihr zum Beispiel nicht seine Hand auf die Hüfte, wie es so viele Typen in Clubs tun. Er schien respektvoll zu sein, und obwohl er offensichtlich versuchte, einen guten Eindruck zu machen, tat er dies auf eine sehr willkommene Art und Weise.

»Du weißt ja, wie in Rezepten gleich zu Beginn immer Lorbeerblätter hineinkommen?«

»Ein Mann, der kochen kann«, sagte Ella. »Na sowas.«

»Na klar. Wobei können schon etwas optimistisch ausgedrückt ist, aber ich probiere es auf die gute alte Studentenart. Jedenfalls, am Ende heißt es ja immer, dass man die Lorbeerblätter wegwerfen soll, nicht wahr?«

Ella wusste es nicht wirklich, nickte aber...