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Ressourcen aktivieren - Ein Ratgeber für mehr Wohlbefinden und Resilienz

Ressourcen aktivieren - Ein Ratgeber für mehr Wohlbefinden und Resilienz

Ulrike Willutzki, Tobias Teismann

 

Verlag Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2024

ISBN 9783844428483 , 84 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR

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Ressourcen aktivieren - Ein Ratgeber für mehr Wohlbefinden und Resilienz


 

|20|2  Wohin soll die Reise gehen? Ihre Ziele klären


„Wer nicht weiß, wohin er will, muss sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt.“

Mark Twain

Immer wieder werden Veränderungsprozesse mit einer Reise verglichen: Wir möchten weg von einem Ort, hin zu einem besseren, schöneren Ort. Dafür müssen wir erst einmal eine Vorstellung davon entwickeln, was ein Ziel – der „schönere Ort“ – für uns sein kann. Von einer ganz allgemeinen Vorstellung dazu, wo wir gern hinfahren würden, entwickeln wir im Laufe der Planung ein konkreteres Bild davon, was uns dort erwartet. Indem wir uns das so genau wie möglich vorstellen, entwickeln wir Vorfreude und Begeisterung für diese Reise. Wenn wir die Details der Reise genau ausarbeiten, prüfen wir dabei gleichzeitig, ob sich diese Art von Reise für uns lohnt, oder ob wir das Ziel vielleicht noch einmal überdenken sollten. All diese Vorbereitungen bedeuten natürlich auch Arbeit, die wir aber gern bereit sind zu investieren, wenn wir das Gefühl haben, dass sich der Aufwand für das Ziel/das Erreichen des Ziels lohnt. Dabei wissen wir in der Regel, dass dort auch nicht alles perfekt sein wird und wir auch nicht für immer werden bleiben können.

Am Anfang eines Veränderungsprozesses steht also die Frage nach dem Ziel. Diese Frage ist häufig nicht ganz so einfach zu beantworten, da wir manchmal nur wissen, dass wir nicht mehr dort stehen wollen, wo wir im Moment sind. In diesem Kapitel geht es somit darum, die verständlicherweise oft recht vagen Vorstellungen bezüglich Ihres Ziels so zu konkretisieren, dass Sie die weiteren Schritte – Spaß an der Reise entwickeln, Weg und Aufwand abklären, sich dafür einsetzen – vollziehen können. Dabei soll zunächst auf Ihre aktuellen Ziele geschaut werden, ausgehend von den Schwierigkeiten, die Sie |21|bewogen haben, diesen Ratgeber zur Hand zu nehmen. In einem zweiten Schritt wird ein Blick auf Ihre längerfristigen Ziele geworfen. Zielklärung bedeutet (zwar) Aufwand, aber Sie fangen nicht bei null an. Zumindest (vage) Ideen der Ziele sind bei Ihnen garantiert bereits vorhanden, Sie „wissen“ also im Grunde bereits, wo die Reise hingehen soll. Sie haben nämlich einen sehr wichtigen Kompass bei sich, mit dem Sie immer wieder prüfen können, ob Sie auf dem richtigen Weg sind: Ihre Affekte.

Ihre Affekte als Zielkompass

Manchmal mag es uns fast so vorkommen, als wenn wir keine Ziele, keine konkreten Vorstellungen davon hätten, was wir eigentlich (erreichen) wollen. Das ist angesichts des Alltagsrummels, vieler Verpflichtungen und Routinen ganz verständlich. Schon allein, dass uns manches mehr und anderes weniger gut gefällt, verrät uns etwas über unsere Wünsche und Ziele. Solche unklaren Gefühle werden von Psycholog:innen als „Affekte“ bezeichnet – sie sind eher unkonkret und häufig nicht einmal besonders intensiv. Diese manchmal noch diffusen Affekte der Zu- oder Abneigung stehen dafür, dass das, was gerade passiert, mehr oder weniger gut zu uns passt.

Wenn etwa in einer Partnerschaft unser Gegenüber nicht so reagiert, wie es unseren Vorlieben entspricht oder wir es uns vorgestellt haben, haben wir ein Störgefühl. Passiert hingegen etwas, vielleicht sogar unerwartet, worüber wir uns freuen (z. B. wenn wir von unseren Freunden eingeladen werden), haben wir ein angenehmes Gefühl. Somit geben uns unsere Affekte sehr häufig Hinweise auf die Richtung, in die es für uns gehen sollte, weil sie sich für uns stimmig anfühlt.

Was das dann konkret mittel- und langfristig bedeutet, und wie sich dies umsetzen lässt, sind weitere Fragen, die manchmal nicht so leicht zu beantworten sind. Aber, wo es für uns letztendlich hingehen soll, steckt bereits in diesem intuitiven guten Gefühl („eher ja, die richtige Richtung“) bzw. Störgefühl („eher nein, die falsche Richtung“). Zumindest diese vagen Ideen (oft in Form intuitiver Affekte), und häufig sogar schon weit konkretere Vorstellungen, bringen Sie in den Prozess der Zielklärung als Ihre persönlichen Ressourcen ein.

|22|Gedankenexperiment

Bitte stellen Sie sich einmal folgende Fragen; nehmen Sie sich dafür einen Moment Zeit und lassen Sie Ihre Gedanken schweifen: Bezogen auf Ihre aktuellen Schwierigkeiten, was würden Sie sagen, was Ihr Ziel ist? Was fällt Ihnen – spontan oder auch nach einigem Nachdenken – ein? Machen Sie sich dazu bitte auf den folgenden Zeilen oder in Ihrem Begleitheft Notizen.

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Ihre ersten Überlegungen sind ganz wichtige Schritte für den Prozess der Zielklärung. Psycholog:innen haben sich viele Gedanken dazu gemacht, welche Merkmale Ziele haben sollten, damit diese Ihren Veränderungsprozess möglichst gut unterstützen. Es geht darum, quasi schon über die Art und Weise, wie Sie Ihre Ziele entwickeln, die Voraussetzungen dafür zu verbessern, dass Sie sie auch erreichen. Was macht eigentlich „gute“ oder „wohlgeformte“ – also attraktive und motivierende – Ziele aus? Dabei geht es nicht darum, dass irgendjemand Ihnen vorschreibt, was Sie erreichen wollen sollen. Vielmehr geht es darum, gewisse Merkmale Ihrer Ziele zu entwickeln. Was damit gemeint ist, wird in Kapitel 2.1 erläutert. Die psychologische Zielforschung verweist nämlich darauf, dass „gute“ Ziele an sich schon zu unserem Wohlbefinden beitragen. Wir möchten Sie daher im Folgenden einladen, Ihre aktuellen Ziele genauer zu betrachten.

2.1  Was macht „gute“ oder „wohlgeformte“ Ziele aus?


Bitte nicht erschrecken, wenn Sie das Folgende lesen! Diese lange Liste von Merkmalen wohlgeformter Ziele soll Ihnen Anregungen geben, Ihre Ziele klären zu können – es geht nicht um eine „sklavische Befolgung“ dieser Ideen. Zwischendurch erhalten Sie immer wieder durch gezielte Fragen Anregungen dafür, wie sich Ihre Ziele unter der jeweiligen Perspektive fassen lassen.

|23|Wohlgeformte Ziele sind wichtig bzw. persönlich bedeutsam. Fragen, die aufzeigen können, ob ein Ziel persönlich bedeutsam ist, wären z. B. nach der Dringlichkeit und nach den Auswirkungen, die eine Veränderung in Richtung des Ziels mit sich bringen würde. Ist es Ihnen wirklich wichtig, dass sich Ihr Leben in diese Richtung hin ändert? Wird Ihr Leben dadurch besser? Oder handelt es sich hier vielmehr um Wünsche? Wünsche sind nicht ganz so dringlich; es wäre zwar schön, wenn sich hier etwas ändern würde, aber es ginge auch so weiter. Außerdem fehlt vielleicht auch die Energie, sich dafür wirklich einzusetzen. Die zentrale Frage, um ein wichtiges, persönlich bedeutsames Ziel zu formulieren, lautet also:

Wenn Sie darauf schauen, was sich in Ihrem Leben ändern soll – inwiefern ist Ihnen das besonders wichtig?

Wohlgeformte Ziele haben „somatische Marker“. Maja Storch, eine Psychologin aus Zürich, die sich viel mit Zielen auseinandergesetzt hat, hat in Bezug auf wichtige und persönlich bedeutsame Ziele einen wesentlichen Aspekt ergänzt: Diese sind „verkörpert“ oder haben, wie sie es nennt, „somatische Marker“ (somatisch: den Körper betreffend, zum Körper gehörig). Das bedeutet, dass unser Körper mit-reagiert, wenn wir mit diesen persönlich bedeutsamen Zielen in Kontakt kommen: Es fühlt sich im Bauch gut an, wir atmen ruhiger, ein befreiender Seufzer oder ein Lächeln stellt sich ein:

Wenn Sie sich vorstellen, Sie erreichen Ihr wichtiges Ziel: Wo spüren Sie das in Ihrem Körper? Wie fühlt sich das an? Vertiefen Sie sich einen Moment in dieses Körpergefühl und spüren ihm nach: Was passiert bei Ihnen?

Mit wohlgeformten Zielen beschreiben wir das, was sein soll – und nicht nur die Abwesenheit von Problemen. Sie wissen vermutlich ziemlich gut, was in Zukunft nicht mehr Teil Ihres Lebens...