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Lassiter Sammelband 1791

Lassiter Sammelband 1791

Jack Slade

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2018

ISBN 9783732562275 , 192 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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4,49 EUR

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Lassiter Sammelband 1791


 

Lassiter ahnte, was sie wollten, aber er schwieg. Für den Fall, dass er sich irrte, hielt er es für besser, erst einmal nichts zu sagen.

Der Kerl kam näher und schob sein Gesicht heran. Seine Hände waren schwielig, sein heller Stetson fleckig und ausgeleiert. Er roch nach billigem Fusel. »Kannst du dir nicht denken, was wir von dir wollen, Bübchen?«

Lassiter spürte seine Kiefer mahlen. »Nenn mich noch einmal Bübchen und ich hau ich dir aufs Maul, dass deine Zähne durch den Stall fliegen wie Klaviertasten. Verstanden?«

Der Druck des Revolvers verstärkte sich. »He, der glaubt, er kann Witze machen, Jeb«, sagte der Kerl hinter Lassiter. »Wer denkt er, wer er ist?«

Der Mann namens Jeb grinste ungerührt. »Wir wollen die Frau, Saukerl«, sagte er zu Lassiter.

»Das dachte ich mir.«

»Denken kannst du also auch. Das dürfte unsere Verhandlungen erleichtern. Noch dazu, wo du ein Landsmann von mir bist.«

»So, so. Und was macht ein Landsmann wie du fast zweihundert Meilen hinter der Grenze?«, fragte Lassiter. Das Wort »Landsmann« spuckte er beinah hervor.

Jeb lachte auf. »Ich bin aus demselben Grund wie du in Hermosillo. Wegen Maureen de Angelo, der heißesten Hexe, die je diese Gegend unsicher gemacht hat! Der Unterschied ist, du willst sie in Nogales vor Gericht bringen. Wir dagegen wollen uns ein paar Scheine verdienen, Bastardo Lassiter. Da staunst du, was? Wir kennen sogar deinen Namen! Also, was ist? Vielleicht kommen wir sogar ins Geschäft! Da ist ein schöner Batzen für dich drin. Was hältst du von dem Vorschlag?«

Lassiter hatte begriffen. Er hatte drei waschechte Kopfgeldjäger vor sich. Vincente Ortega, der Jerife von Hermosillo, hatte ihn bei seiner Ankunft gewarnt. In der Gegend um Hermosillo hatten Kopfgeldjäger und Banditen eine neue Methode entwickelt, Geld zu verdienen. Sie überfielen Gefangenentransporte und lieferten die Verbrecher über Mittelsmänner andernorts der Justiz aus. Gegen harte amerikanische Dollars. In letzter Zeit hatte man zwar ein paar dieser Strolche habhaft werden können, aber wie man sah, trieben sich noch genug von diesen Gaunern herum.

Lassiter wollte sich gerade anschicken, zum Schein auf den Handel einzugehen, als von der Stalltür her eine laute Stimme erklang. »Revolver weg, Amigos! Und schön langsam! Alle drei! Wird’s bald?«

Ortega! Der schlaksige Gesetzeshüter mit dem wuchtigen schwarzen Schnauzbart stand wie ein Racheengel an der Tür, die Revolver in beiden Fäusten, die Hähne gespannt.

Der Druck in Lassiters Genick verschwand. »Schon gut, Hombre«, sagte der Kerl hinter ihm und legte die Waffe auf den Boden. Jeb und der Kopfgeldjäger, der in der Nähe von Ortega stand, öffneten die Revolvergurte und ließen sie langsam zu Boden gleiten. »Heben Sie sie auf«, sagte der Jerife und gab Lassiter einen Wink.

Der große Mann ließ sich das nicht zweimal sagen. Er sammelte die Waffen ein. »Einen Moment noch«, sagte er, als Ortega sich anschickte, die Kerle nach draußen zu dirigieren.

Er baute sich vor Jeb auf. »Wie hast du mich vorhin genannt?«

»Ich –«

Lassiter ließ ihn nicht ausreden. Seine Faust flog vor und krachte an Jebs Kinn. Der Schwinger schickte ihn zu Boden, Jeb lag im Staub und stöhnte. Seine Kameraden halfen ihm auf.

»Niemand nennt mich ungestraft einen Bastard«, warnte ihn Lassiter. »Das merk dir. Bübchen

Sie verließen den Stall Richtung Gefängnis, die Kopfgeldjäger unter Lassiters und Ortegas vorgehaltenen Revolvern.

In der Stadt herrschte unbeschreiblicher Trubel. Die Sonne brannte auf den verbackenen Sand der Straße, die Luft flimmerte in der Mittagshitze. Die Verhaftung erregte Aufsehen. Mehrere Bürger wandten sich ihnen neugierig zu.

»Sie kann man aber auch keine Minute aus den Augen lassen«, sagte Ortega, als sie das Office betraten.

»Ich hab nur für das zweite Pferd gesorgt. Dass die Kerle mir im Stall auflauerten, konnte ich nicht ahnen.«

Sie durchquerten das Büro und gelangten in den Arrestkorridor. Zu beiden Seiten befanden sich Zellen. In einer saß Maureen de Angelo. Ein hübscher Käfer, fuhr es Lassiter durch den Kopf. Maureen saß auf ihrer Pritsche und warf ihnen einen wilden Blick zu. Sie war eine ausgewachsene Schönheit. Wallendes rotbraunes Haar, grüne Augen und eine makellose Alabasterhaut. Nur mit Mühe konnte sich Lassiter ein Zungeschnalzen verkneifen.

Ortega sperrte die Burschen ein und schloss ab. Jeb protestierte. »Sie können uns nicht einsperren, Jerife!«, rief er, die Gitterstäbe mit wütender Miene umklammert. »Wir haben nichts verbrochen!«

»So? Da wird der Richter aber anderer Meinung sein. Du bist in Hermosillo kein Unbekannter, Jeb Navarra. Außerdem hab ich eure Unterhaltung mit angehört. Und ihr habt einen Mann mit einer Waffe bedroht! Das wird dem ehrenwerten Señor Morales reichen, euch für eine Weile aus dem Verkehr zu ziehen.«

Sie verließen die Gefängniszellen. Im Büro angekommen, hängte Ortega seinen Gurt an die Wand, verstaute die Waffen der Banditen und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er legte die Füße hoch, schob sich den Hut ins Genick und seufzte.

Lassiter spielte mit einem Bleistift, der auf dem Tisch lag. »Ich hörte, der Richter greift hart durch«, sagte er, während er den Stift im Kreis drehte.

»Kann man wohl sagen. Seitdem dieser verdammte Juan Carlos diesen Bundesstaat regiert, sind die Zeiten härter geworden. Leider gilt dieses harte Durchgreifen auch für unsere Gehälter, Amigo Lassiter.«

»Tut mir leid, das zu hören. Zumal die Verhandlungen unser beider Regierungen in Nogales vorzüglich laufen, wie man mir sagte.«

Ortega stieß einen verächtlichen Laut aus. »Die Verhandlungen der Obrigkeiten! Was aber ist mit den kleinen Leuten? Für die interessiert sich niemand. Don Juan Carlos hat mit einer zusammengekauften Armee den Franzosenaufstand niedergeschlagen und sich bei euch lieb Kind gemacht. Für unser Volk aber ist dieser Mann ein Verräter. Er wird sich nicht lange halten können, mein Wort darauf.«

»Dafür lässt er sich bei Kopfgeldprämien nicht lumpen.«

»Si, und er heftet er sich den Sieg gegen die Froschfresser an die Brust, obwohl sie im Grunde schon geschlagen waren. Aber da sieht man’s wieder. Bei euch macht er sich beliebt, doch wer in Mexiko für Vater Staat arbeitet, wird ärmer und ärmer. Und Halunken wie Navarra nehmen sich, was sie wollen.«

»Zwanzigtausend Dollar wären es gewesen, hätten sie sich Maureen de Angelo geschnappt.«

»Eine Menge Geld.« Ortega nickte müde. »Sie hat ja auch ordentlich was auf dem Kerbholz.«

Lassiter ließ den Bleistift liegen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Mehrere Bank- und Zugüberfälle, darunter das Entgleisen eines Sonderzugs. Bei dieser Aktion kamen acht Regierungsbeamte ums Leben und ihre Bande erbeutete zweihunderttausend US-Dollar.«

»Exactamente. Dabei wurde die Beute nie gefunden.«

»Maureen würde nicht mal reden, wenn man ihr Daumenschrauben anlegte, hm?«

»Pues no, Señor Lassiter. Sie schweigt eisern. Aber es gibt Gerüchte, ihre Bande will sie befreien. Ihnen ist ja bekannt, dass die meisten noch auf freiem Fuß sind. Die US-Regierung glaubt zwar, mit Maureen den Kopf der Bande zu haben, aber das ist nicht gesagt. Angeblich hält jemand anders die Zügel in der Hand.«

Lassiter ließ sich die Worte durch den Kopf gehen. Er wusste, dass einige von Maureens Leuten früher der Banda Garrida angehörten, einer berüchtigten Horde von Skalpjägern, Exsoldaten und Desperados. Im Grenzgebiet hatten sie für ein paar lumpige Dollars regelrechte Massaker veranstaltet. Ihr ehemaliger Unterschlupf befand sich zwischen Hermosillo und Nogales.

Genau die Route, die Lassiter auf dem Rückweg nehmen musste.

»Ich weiß nur, dass ich sie nach Nogales vor den dortigen US-Bundesrichter bringen soll«, sagte er. »Und das werde ich tun. Eure Regierung hat ja Beschwerde eingelegt.«

»Si, die mexikanische Staatsmacht hat genug mit unseren eigenen Banditen zu tun. Da können wir uns nicht auch noch um eure kümmern. Deshalb ja die hohen Prämien. Dieser Juan Carlos ist ein verdammter Schleimscheißer, puta mierda!«

Lassiter ignorierte Ortegas Flucherei und besah sich die wenigen Gewehre im Wandschrank. »Sie sind ja nicht gerade üppig ausgestattet, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«

»Was soll ich machen?« Ortega verscheuchte eine Fliege. »Meine beiden Helfer sind unterwegs und jagen einen Kerl, der gestern in Martas Bodega unseren seligen Alfredo niederschoss. Den besten Sattler in ganz Hermosillo! Und auch den einzigen, nebenbei bemerkt. Aber die Bürger erwarten, dass wir unsere Pflicht tun. Ein rothaariges Luder, das Züge überfällt, die mit amerikanischen Regierungsgeldern beladen sind, spielt da nicht die erste Geige.«

»Tja. Das tun zwanzigtausend Dollar schon eher.«

»Ay, da ist was dran. Damit kann man in Mexiko leben wie die berühmte Made im Speck. Deshalb warne ich Sie auch, Señor Lassiter. Die Banditen werden sich an Ihre Fersen heften. Sie werden keine Ruhe geben, bis sie Maureen befreit haben. Denn wenn sie tatsächlich die Einzige ist, die weiß, wo die Beute versteckt ist, dann ist das Kopfgeld nur ein kleiner Vorschuss, Sie verstehen?«

»Ich verstehe sehr gut«, antwortete Lassiter. »Was glauben Sie, warum ich morgen mit Maureen nicht den Zug nehme? Es wäre ein Leichtes für diese Halunken, einen Überfall zu planen und sie rauszuhauen. In einem...