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Das Ziel - Ein Roman über Prozessoptimierung

Das Ziel - Ein Roman über Prozessoptimierung

Eliyahu M. Goldratt, Jeff Cox

 

Verlag Campus Verlag, 2013

ISBN 9783593423593 , 406 Seiten

5. Auflage

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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30,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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Das Ziel - Ein Roman über Prozessoptimierung


 

Kapitel 1


Heute Morgen passiere ich die Einfahrt um exakt 7.30 Uhr, und da sehe ich es schon von weitem: Der rote Mercedes parkt neben der Fabrik, gleich bei den Büroräumen. Und zwar genau auf meinem Parkplatz. Wer sonst würde so etwas tun als Bill Peach? Ganz abgesehen davon, dass um diese Zeit praktisch der ganze Parkplatz leer ist. Ganz abgesehen davon, dass es Parkplätze gibt, die deutlich mit »Besucher« gekennzeichnet sind. Nein, Bill muss natürlich genau auf dem Platz parken, der für mich reserviert ist. Er liebt subtile Aussagen dieser Art. Na gut, er ist schließlich der Vizepräsident des Unternehmensbereichs, und ich bin bloß ein einfacher Werksdirektor. Meinetwegen kann er seinen verdammten Mercedes parken, wo er will.
Ich stelle meinen Wagen auf den Nebenplatz, wo »Rechnungsprüfer« steht. Ein Blick auf das Nummernschild, während ich um den Wagen herumgehe, überzeugt mich endgültig, dass es sich um Bills Wagen handelt: Da steht »Nr. 1«. Und wie wir alle wissen, ist das genau das, worauf es Bill immer ankommt. Er braucht einfach seine Boss-Allüren. Aber manchmal brauche ich die auch. Und es ist einfach zu ärgerlich, dass ich heute darauf verzichten muss.
Einerlei, ich steige zur Tür des Bürotrakts hinauf. Der Adrenalinspiegel steigt. Ich wundere mich, was zum Teufel Bill hier sucht. Die Hoffnung, heute Morgen noch irgendetwas zu schaffen, habe ich jedenfalls längst aufgegeben. Normalerweise komme ich früh ins Büro, um all den Mist aufzuarbeiten, für den ich tagsüber keine Zeit habe; ich kann wirklich ganz schön was wegschaffen, bevor das Telefon zu klingeln anfängt, die Meetings losgehen und es zu brennen beginnt. Aber heute ist da wohl nichts zu machen.
»Mr. Rogo!«, ruft mich irgendwer.
Als vier Leute aus einer Tür an der Seite der Werkshalle herausstürzen, bleibe ich stehen. Da ist Dempsey, der Schichtleiter; Martinez, der Betriebsrat; irgendein Arbeiter und ein Maschinenmeister namens Ray. Und alle vier reden gleichzeitig. Dempsey sagt, wir hätten ein Problem. Martinez zischt irgendetwas von einem bevorstehenden Streik. Der Arbeiter spricht von einer Störung, und Ray schreit, wir könnten irgendein verdammtes Drecksding nicht fertig machen, weil wir nicht alle Teile dafür hätten. Und plötzlich bin ich in diesem Hexenkessel mittendrin. Ich sehe sie an, sie sehen mich an, und ich habe heute Morgen noch nicht einmal einen Kaffee gehabt.
Als ich schließlich jeden der vier so weit beruhigt habe, dass ich fragen kann, was eigentlich los ist, höre ich, dass Mr. Peach etwa eine Stunde vor mir eingetroffen ist, mein Werk betreten und verlangt hat, man möge ihm sofort zeigen, wie es mit dem Auftrag Nummer 41427 stehe.
Na ja, ein böses Schicksal wollte es, dass zufällig kein Mensch irgendetwas von dem Auftrag Nummer 41427 wusste. Also jagte Peach alle Leute herum und ließ sie nachsehen, was wir darüber für Unterlagen haben. Dabei stellte sich heraus, dass das ein ziemlich großer Auftrag ist, mit dem wir außerdem im Rückstand sind. Na ja, keine wirklich neuen Nachrichten, denn in dieser Fabrik ist schließlich alles im Rückstand. Aufgrund meiner Beobachtungen würde ich sagen, wir haben hier vier Prioritätsklassen für Aufträge: Dringend … Sehr dringend … Allerdringendst – und Auf der Stelle zu erledigen! Wir können einfach nichts zur rechten Zeit fertig kriegen.
Kaum hat er herausgefunden, dass 41427 noch nicht versandfertig ist, beginnt Peach den Terminjäger zu spielen. Er rast durch die Gegend und brüllt Dempsey Befehle zu. Schließlich zeigt sich, dass fast alle benötigten Teile fertig sind und bereitliegen – stapelweise. Aber sie können nicht zusammengebaut werden. Ein Teil einer Komponente fehlt; das muss erst noch durch einen anderen Prozess laufen. Wenn die Leute das Teil nicht haben, können sie nicht zusammenbauen, und natürlich können sie nicht versenden, bevor sie nicht zusammengebaut haben.
Dann finden sie heraus, dass die Teile für die fehlende Untereinheit bei einer der NC-Maschinen liegen und darauf warten, dass man sie durchschickt. Aber als der Trupp in die entsprechende Abteilung kommt, finden sie dort die Einrichter, die gerade die Maschine nicht für die Produktion des betreffenden Teils rüsten, sondern für irgendeinen anderen auf der Stelle zu erledigenden Job, den ihnen jemand für ein anderes Produkt aufgetragen hat.
Peach kümmert sich nicht einen Deut darum. Alles, was ihn interessiert, ist, 41427 so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen. Deshalb verlangt er von Dempsey, er müsse seinen Vorarbeiter Ray anweisen, dem Meister aufzutragen, er solle das andere brandeilige Zeug vergessen und alles für die Produktion des fehlenden Teils für 41427 vorbereiten. Daraufhin blickt der Meister von Ray zu Dempsey und von Dempsey zu Peach, wirft seinen Schraubenschlüssel zu Boden und schreit sie an, sie würden wohl alle spinnen. Er habe gerade erst anderthalb Stunden mit seinem Helfer daran gearbeitet, die Maschine für das andere Teil zu rüsten, das angeblich so verzweifelt dringend gebraucht wurde. Und jetzt solle er das alles vergessen und wieder auf was anderes umrüsten. Zum Teufel mit dem ganzen Zeug! Und Peach, der ja immer besonders diplomatisch ist, stellt sich daraufhin vor meinen Schichtleiter und meinen Vorarbeiter und erklärt dem Meister, dass er auf der Stelle gefeuert werde, wenn er nicht tue, was man ihm sagt. Es kommt zu einem Wortwechsel. Der Meister droht mit der Kündigung, der Betriebsrat taucht auf. Alle sind komplett durchgedreht. Kein Mensch arbeitet mehr. Und ich stehe vier wütenden Leuten gegenüber, die mich in aller Frühe in einer Fabrik empfangen, in der alles stillsteht.
»Und wo ist Bill Peach jetzt?«, frage ich.
»In Ihrem Büro«, antwortet Dempsey.
»Okay, würden Sie bitte hinaufgehen und ihm sagen, ich wäre in einer Minute bei ihm?«
Dempsey rennt dankbar zum Eingang des Bürotrakts. Ich wende mich an Martinez und an den Maschinisten, und sage ihnen, dass es, soweit ich das bestimmen kann, weder Kündigungen noch Entlassungen geben wird und dass das Ganze ein Missverständnis ist. Martinez ist damit zunächst nicht ganz zufrieden, und der Maschinist will eine Entschuldigung von Peach. Darauf lasse ich mich nicht ein. Ich weiß, dass Martinez nicht die Machtbefugnis hat, einen Streik auszurufen. Deshalb sage ich, wenn die Gewerkschaft eine Beschwerde einbringen wolle, wäre das okay, ich würde jederzeit gerne zu einem späteren Zeitpunkt mit dem örtlichen Gewerkschaftsvorsitzenden Mike O’Donnell sprechen, und wir könnten dann alles ordnungsgemäß erledigen. Martinez sieht ein, dass er nichts tun kann, ohne mit O’Donnell gesprochen zu haben; so akzeptiert er meine Erklärung und zieht mit dem Arbeiter in Richtung Fabrikhalle ab.
»So, jetzt müssen wir die Leute wieder an die Arbeit kriegen«, sage ich zu Ray.
»Ja sicher, aber woran sollen wir jetzt arbeiten?«, fragt Ray zurück.
»An dem Job, den wir eingestellt haben, oder an dem, den Peach will?«
»Macht den fertig, den Peach will.«
»Okay, aber dann haben wir einmal umsonst gerüstet.«
»Dann ist das eben so! – Ray, ich weiß nicht einmal, was los ist. Aber wenn Bill hierher kommt, dann muss es ein Notfall sein. Erscheint Ihnen das nicht logisch?«
»Ja sicher«, murmelt Ray. »Ich – ich wollte ja nur wissen, was wir tun sollen.«
»Okay, ich weiß schon, dass Sie da nur hineingeraten sind«, sage ich, um ihm ein besseres Gefühl zu geben. »Wir wollen jetzt versuchen das Teil so schnell wie möglich zu produzieren.«
»Gut«, sagt er.
Drinnen treffe ich Dempsey auf seinem Weg zurück in die Fabrikhalle. Er kommt gerade aus meinem Büro und sieht so aus, als hätte er es eilig, möglichst schnell da wegzukommen. Er nickt mir zu.
»Hals- und Beinbruch«, zischt er aus dem Mundwinkel.
Die Tür zu meinem Büro steht weit offen. Ich trete ein. Bill Peach sitzt hinter meinem Tisch. Er ist ein stämmiger, stiernackiger Typ mit dichtem, stahlgrauem Haar und Augen, die beinahe Funken sprühen. Als ich meinen Aktenkoffer abstelle, fixieren mich diese Augen mit einem Blick, der mir deutlich zu sagen scheint: Jetzt geht’s um deinen Kopf, Rogo.
»Okay, Bill, was ist los?«
»Wir haben ein paar Dinge zu besprechen. Setzen Sie sich.«
»Würde ich ja gerne, aber Sie sitzen auf meinem Stuhl.« Mag sein, das war das falsche Wort am falschen Platz.
»Interessiert es Sie, warum ich hier bin?«, sagt er. »Ich bin hier, um Ihren verdammten Kopf zu retten.«
»Also angesichts des Empfangs, den Sie mir bereitet haben, sieht es eher so aus, als wären Sie hier, um das Arbeitsklima in der Belegschaft kaputtzumachen.«
Er blickt mich unverwandt an: »Wenn Sie hier nicht ein paar Dinge zum Funktionieren bringen, dann brauchen Sie sich bald um kein Arbeitsklima mehr zu kümmern. Denn Sie werden dann keine Fabrik mehr haben, um die Sie sich kümmern müssen. Ja, mein lieber Rogo, es könnte sogar sein, dass Sie dann nicht einmal mehr einen Job haben werden, um den Sie sich kümmern müssen.«
»Okay, Moment mal, nicht gleich so hitzig«, lenke ich ein. »Wir können ja über alles reden. Um was geht es eigentlich?«
Zunächst erzählt mir Bill, dass er gestern Abend gegen zehn zu Hause einen Anruf vom lieben alten Bucky Burnside bekommen habe, dem Generaldirektor eines der größten Kunden der UniCo. Scheint so, als hätte sich dieser Bucky mächtig darüber aufgeregt, dass einer seiner Aufträge, nämlich 41427 seit sieben Wochen überfällig ist. Er machte Peach eine gute Stunde lang die Hölle heiß. Anscheinend hatte...