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Wer fragt, gewinnt - Günther Jauch - die Biografie

Wer fragt, gewinnt - Günther Jauch - die Biografie

Ursula Mörtens

 

Verlag riva Verlag, 2015

ISBN 9783864137808 , 200 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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13,99 EUR

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Wer fragt, gewinnt - Günther Jauch - die Biografie


 

Einleitung

Niemand vereint so viele unsexy Attribute auf knapp zwei Metern und hat gleichzeitig derart Schlag bei den Frauen wie Günther Jauch. Wie er das macht, hat sich wohl auch Thomas Gottschalk gefragt, der es nicht fassen konnte, dass der große Schlaksige einst bei der Wahl der schönsten Fernsehmänner des Landes vor ihm landete. Mit diesem Kinn! (Nicht zu vergessen mit diesen Zähnen, möchte man hinzufügen.) Was ist es also, was diesen Mann so anziehend macht? Was betört ebenso die Damenwelt, wie es die Männer amüsiert? Und wie schafft er es, gleichzeitig so glaubwürdig, so kompetent und seriös zu wirken, dass er nicht nur der beliebteste Moderator und der beliebteste Deutsche ist, sondern ihn 49 Prozent aller Bundesbürger für einen denkbaren Kanzler oder Bundespräsidenten halten?

Ein wenig widersprüchlich ist es schon: dass es sich dabei um einen Mann handelt, der die Eleganz eines hoch aufgeschossenen Konfirmanden hat, der noch nicht weiß wohin mit seinen viel zu langen Gliedmaßen. Auch Albatrosse, die lange Strecken flügelschlagend über das Wasser laufen müssen, um abzuheben, kommen einem in den Sinn – vermutlich verhält es sich aber mit Günther Jauch wie mit einigen anderen ungeschickt wirkenden Tieren, und im Wasser bewegt er sich anmutig und elegant.

Was dem Mann mit diesem Kinn nun den gewissen Reiz verleiht, hat mit seiner Physiognomie wenig zu tun. Es ist vielmehr eine Kombination verschiedener Zutaten, die diesen Sex-Appeal der Unscheinbaren ausmachen:

Da ist zum einen die Machtposition in seiner Parade-Sendung Wer wird Millionär?, in der sich Kandidaten schwitzend auf dem Drehstuhl winden und darum bitten, dass ihnen dieser nette und gleichzeitig distanzierte Brillenträger doch bitte, bitte helfen möge. Dies alleine ist unter soziologischen Gesichtspunkten schon eine Stellung, in der man zu ihm aufsehen kann. In Kombination mit der Unberechenbarkeit, ob der »netteste aller Sadisten«1 den Kandidaten nun helfend auf den richtigen Weg bugsiert oder ihn mit treuherzigen Fragen von ebenjenem abbringt, wird daraus die ideale Voraussetzung für ein ausgewachsenes Stockholm-Syndrom – bei Kandidat und Zuschauer.

Gleichzeitig empfinden wir ihn als »einen von uns«, einen Normalo, keinen abgehobenen Showstar. Gerade dass er nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht, bringt ihn uns näher, und der eine oder andere Makel (diese Zähne!), der nicht korrigiert wird, verbrüdert sich mit unserer Cellulitis, unserem Bierbauch oder unserem Haarausfall. Das Wort Sympathie kommt von griechisch »sym/syn = mit« und »pathos = Leiden, Gefühl«, und so ist uns eben derjenige besonders sympathisch, mit dem wir mitfühlen. Der hat komische Zähne? »Das kenn ich, bei mir ist die Nase schief!«, so ähnlich muss man sich das vorstellen. Wäre dieser reizende Mann mit einem perfekten Aussehen gesegnet, würden wir uns eher freuen, ihn in einem Fernsehformat zu sehen, in dem er ordentlich, wenn auch bildlich, auf die Nase bekommt. Nein, ein Showstar ist er nicht. Niemand, der einen Brustbeutel trägt, ist ein Showstar. Jauch ist diesem antiquierten Relikt aus der Schulzeit jedoch treu geblieben. Weil ihm als Kind gern mal seine Monatskarte abhandenkam, bekam er den Brustbeutel von seinen Eltern. Praktisch sind die Dinger ja, keine Frage. Dass er ihn inzwischen nicht mehr um den Hals trägt, sondern in die Hose steckt, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass er ein Bild zu sehen bekam, das ihn während eines Interviews zeigt: Da verlieh ihm der volle Brustbeutel unter dem Hemd einen veritablen Ranzen.

Auf Anfrage eines Journalisten vom Hamburger Abendblatt präsentiert er auch, was sich in dem Lederbeutel heute so befindet: Führerschein, Organspendeausweis, ein abgelaufener ZDF-Hausausweis, Taxi-Quittungen, eine Kreditkarte und Bargeld.

Wie einen Teddybären liebe er jeden Brustbeutel ab, sagte Jauch einmal2, und es gibt kaum ein Objekt, das ihn so gut charakterisiert. Jauch, der Mensch gewordene Brustbeutel.

Es ist dieser Hang zum Normalen, der ihn uns ähnlicher erscheinen lässt, als er ist. Er hat keinen Künstlernamen, trägt kein Glitzer, und Urlaub macht er auch nicht auf den Malediven, sondern in Südtirol. Denn Übersee ist ihm zu umständlich. Wir lieben so was.

Zusätzlich hat Günther Jauch diese Gabe des Gefallen-Könnens. Die haben viele Menschen in den unterschiedlichsten Berufen: Die Kellnerin mit den besten Trinkgeldern und die beliebteste Krankenschwester der Station haben diese Gabe auch. Sie ist vor allem nicht gespielt, Jauch muss nicht den sympathischen Moderator spielen, wenn er vor die Zuschauer tritt. Er ist so. Deswegen macht Jauch sein Warm-up selbst, setzt sich während Werbepausen auch mal mit ins Publikum und erscheint stets gut gelaunt auf der After-Show-Party. Ist kein Ding für ihn. Zusammen mit seiner Pose der Treuherzigkeit ergibt das fast eine Einladung, ihn zu unterschätzen. Wären da nicht auch die anderen Seiten:

  • Das beeindruckende Ausmaß an Wissen: Wobei hierbei nicht die Anhäufung von zusammenhanglosem Faktenwissen gemeint ist, sondern echte, erarbeitete Bildung, die einen Zusammenhänge erkennen lässt, Zeit und Nerven kostet. Diese lässt er gleichzeitig derart unprätentiös einfließen, dass man ihn nicht mal Klugscheißer schimpfen kann.
  • Das konsequente Siezen: Das Siezen mutet ein wenig überholt an, aber es schafft einen respektvollen Ton, Distanz und Haltung. In der allgegenwärtigen Kumpelei im Fernsehen und im Alltag klingt es angenehm in den Ohren.
  • Eine latente Bescheidenheit: Wobei diese Bescheidenheit nichts mit der Modeerscheinung der Wachstumskritik zu tun hat oder mit dem Konsumverzicht. Ebenso wird aus dieser Art Bescheidenheit kein Selbstversuch-Buch entstehen, wie man mal einen Monat lang aufs Geldausgeben verzichtete. Es ist mehr die christliche Bescheidenheit eines Mannes, dem Genuss und Hedonismus eher suspekt sind, und für Ausschweifungen fehlte ihm eh die Zeit.
  • Das Hochhalten von Werten: Alles, was die Öffentlichkeit von Günther Jauch weiß, entspricht einer Vielzahl an Werten, traditionelle wie universalistische. Nach einer repräsentativen Umfrage im Auftrag von Reader’s Digest zum Thema Werte sind den Deutschen besonders wichtig:
    • Familie (er ist verheiratet, hat vier Kinder und keine einzige Affäre)
    • Ehrlichkeit (keine Abgründe)
    • Respekt/Höflichkeit (das Siezen, wir sprachen davon)
    • Hilfsbereitschaft/Verantwortungsgefühl (Jauch rettet permanent mit Spenden und Großspenden seinen Wohnort Potsdam vor dem Verfall. Also Teile davon. Außerdem spendete er seine Werbeeinnahmen und ein Zehntel seines Gehalts.)
    • Bildung (vorhanden. Auf die legt er auch Wert bei den eigenen Kindern.3 Er wirbt außerdem dafür, dass Jugendliche mehr Zeitung lesen.4)
    • Friedfertigkeit (Jauch ist das Gegenteil eines Kampfhundes)
    • Fleiß/Leistungsbereitschaft (wie fleißig er ist, kann die Öffentlichkeit selbst mitverfolgen)
    • Sparsamkeit (siehe Brustbeutel und Südtirol)
    • Patriotismus (Jauch war einer der ersten Prominenten, die bei der »Du bist Deutschland«-Kampagne mitmachten)
    • religiöser Glaube (und katholisch ist er auch noch)

Wenn wir Jauch näher betrachten, wird klar: Jauch ist gar nicht wie wir. Er ist wie wir, nur in besser.

Was ihn auch für uns einnimmt, ist die leicht angewiderte Haltung gegenüber seinem Arbeitgeber, dem Fernsehen. Er, der selbst sehr selten fernsieht, will nicht in das allgemeine Klagelied einstimmen, das heutige Fernsehen wäre der Untergang des Abendlandes. Schließlich ist es ja der Entscheidung jedes Einzelnen überlassen, was er sich ansieht, und demokratischer geht es fast nicht. Auch wenn die seichten Formate an prominenter Stelle platziert sind und mehr beworben werden: Qualitätsfernsehen gibt es trotzdem, man muss es nur finden.5

Und doch ist ihm anzumerken, dass er dem Medium nicht über den Weg traut.

Wenn er einen Millionärs-Kandidaten fragt, woher dieser eine Lösung wisse, und die Antwort lautet: »Aus dem Fernsehen!«, bekommt Jauch diesen leicht süffisanten Zug um den Mund: »Ach, na dann, dann muss es ja stimmen.« Man könnte ihm in diesem Moment einen leichten Bildungselitarismus unterstellen – wäre da nicht diese endlose Liste an Sympathiepunkten.

Wir fassen kurz zusammen:

  • seine Stellung
  • ist ein Normalo
  • kann Gefallen
  • erfüllt Wertevorstellungen
  • ist gebildet

Damit ist es auch kein Wunder, dass Jauch als Sexsymbol, Traummann und Schwiegersohn-Wunschbesetzung durchgeht. Dabei ist ein Punkt noch nicht mal angesprochen: Der Mann ist mit geschätzten 40 Millionen auch noch vermögend. Allerdings ist er das auf seine seriöse, stille Art und Weise – deswegen ist er auch vermögend und nicht stinkreich. Jauch – die Antipode der Geissens. Der eine neigt zur Luxusjacht mit goldenen Wasserhähnen, der andere spendet eine Million für die Sanierung der Neptungrotte im Schlosspark Sanssouci. Jeder nach seiner Façon.

Der Umgang mit Geld nimmt oft eigenartige Formen an, wenn derjenige mit dem vielen Geld daran nicht gewöhnt ist, insofern ist Jauch da etwas im Vorteil: Er stammt aus einem alten Hamburger Kaufmannsgeschlecht. Da war das Highlight in den Ferien nicht der Ausflug nach Disneyland, sondern der Besuch auf dem Weingut des Großonkels....