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Sherlock Holmes und die Riesenratte von Sumatra - Ein Detektiv-Krimi mit Sherlock Holmes und Dr. Watson

Sherlock Holmes und die Riesenratte von Sumatra - Ein Detektiv-Krimi mit Sherlock Holmes und Dr. Watson

Rick Boyer

 

Verlag beTHRILLED, 2018

ISBN 9783732554096 , 346 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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2,99 EUR

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Sherlock Holmes und die Riesenratte von Sumatra - Ein Detektiv-Krimi mit Sherlock Holmes und Dr. Watson


 

KAPITEL 1


Der tätowierte Seemann


Der Sommer des Jahres 1894 war heiß, trocken und ohne besondere Vorkommnisse, bis auf das rätselhafte Verschwinden von Miss Alice Allistair, welches das gesamte Königreich schockierte und in Sorge versetzte. Sie befand sich, zusammen mit ihrer Anstandsdame, auf einer Ferienreise durch Indien, als sie auf einem Marktplatz in Bombay entführt wurde und spurlos verschwand.

Ihr Vater, Lord Allistair (dessen Name in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts sicher jedem britischen Bürger geläufig war), wandte sich vertraulich an Sherlock Holmes und bat ihn um Hilfe. Doch die Wochen verstrichen, und noch immer traf keine Nachricht aus dem Fernen Osten über das Schicksal seiner Tochter ein. So kam es, dass mein Gefährte sich Anfang September in einem ruhelosen, gelangweilten und misslaunigen Zustand befand. Eine Fahrt nach Bombay sowie ein ansehnliches Honorar Seiner Lordschaft standen zwar in Aussicht, doch noch immer tat Holmes nichts anderes als mürrisch im Zimmer auf und ab zu gehen und ununterbrochen etwas vor sich hin zu murmeln.

Lassen Sie mich an dieser Stelle aus langer Erfahrung eine Anmerkung machen: Bei allen Abenteuern, die das Zusammenleben mit dem berühmtesten beratenden Detektiv der Welt mit sich brachte, seine Gesellschaft hatte durchaus auch ihre Nachteile. Sherlock Holmes führte einen unsteten Lebenswandel, war oft launisch und wenig mitteilsam und, was seine persönlichen Gewohnheiten betraf, unordentlich bis an die Grenze zur Schlampigkeit.

Es war am frühen Abend des 15. September des erwähnten Jahres, als ich nach einem Blick auf Holmes, der tief in Gedanken versunken auf dem Sofa saß, die Stille und die bedrückende Atmosphäre unserer Wohnung nicht länger aushielt. Die Zimmer stanken nach abgestandenem Rauch und chemischen Dämpfen, und Holmes’ Introvertiertheit und niedergeschlagene Stimmung halfen auch nicht gerade, die Stimmung zu bessern. Ich stand auf, ging zum Fenster hinüber, öffnete es und ließ die milde Sommerbrise herein, um schlechte Luft und schlechte Laune gleichermaßen zu vertreiben.

»Was für ein schöner Abend, Holmes. Schließen Sie sich mir auf einen Spaziergang an?«

»Ich glaube nicht, Watson. Ich habe im Augenblick genügend zu tun.«

»Der Fall der Bradley-Fälschungen oder der Allistair-Fall?«

»Beides. Der erste ist eher unbedeutend und leicht zu lösen: Wenn der Angestellte hinkt, ist er schuldig. Ich erwarte jeden Augenblick die Antwort. Der andere ist weitaus schwieriger, und ohne irgendwelche Spuren und Hinweise bin ich machtlos.«

Er starrte die Wand an und versank noch tiefer in Gedanken.

Ich wandte mich wieder zum Fenster um. Der Himmel hatte die leuchtend kupferrote Farbe der untergehenden Sonne angenommen, die am Horizont bereits in dunkles Blau überging. Das entfernte Schwatzen der Fußgänger drang von unten an mein Ohr. Als ich hinunterblickte, sah ich glänzende Zylinder und wippende Sonnenschirme von vorüberschlendernden Paaren. Ihr fröhliches Lachen reizte mich. Wo waren sie gewesen? Wohin gingen sie? Oder, um es noch direkter auszudrücken: Warum waren wir in unserer düsteren Wohnung eingesperrt, weit weg von allem?

»Holmes, kommen Sie, ein kurzer Ausflug, um Körper und Geist ein wenig in Schwung zu bringen, würde … hallo, was ist denn das?«

Holmes warf einen Blick zum Fenster hinüber. »Was ist los, Watson?«

Hufklappern und ein Paar wild hin und her schaukelnder Droschkenlampen hatten meine Aufmerksamkeit erregt. Im schwindenden Licht konnte ich gerade noch den Kutscher ausmachen, wie er auf seinem Bock stand und die Pferde mit äußerster Härte anpeitschte.

»Scheint ein betrunkener Droschkenkutscher zu sein. Die armen Tiere!«

»Es handelt sich wohl kaum um einen Betrunkenen. Ich wette, es ist ein Sanitätswagen.«

Er erhob sich vom Sofa und stellte sich neben mich ans Fenster. Zu meiner großen Verblüffung stellte sich das Vehikel, als es unten durch das Licht der Straßenlaterne schoss, in der Tat als Sanitätswagen heraus; die Kennzeichnung auf seiner Seite war unmissverständlich.

»Holmes, Sie verblüffen mich! Wie konnten Sie das wissen?«

»Man kann sowohl mit seinen Augen als auch mit seinen Ohren ›wahrnehmen‹, mein lieber Watson. Ein Sanitätswagen hat – aus offensichtlichen Gründen – ein längeres Chassis als eine vierrädrige Droschke. Wenn er über das Kopfsteinpflaster holpert, verrät er sich also durch ein eigentümlich tief tönendes Rattern in seiner Verschalung, das man von Droschken nicht kennt. Dieses spezielle Rattern findet man auch bei Lastkutschen und Rollwagen, doch angesichts der späten Stunde und der Geschwindigkeit des Gefährts bleibt nur ein Sanitätswagen übrig.«

»Bravo!«, rief ich.

»Doch damit scheint mir erst die Hälfte des Rätsels gelöst«, meinte Holmes, beugte sich weiter aus dem Fenster und ließ seinen Blick aufmerksam über den Horizont schweifen.

»Mir drängt sich der starke Verdacht auf, dass – zusätzlich zu dem Unglück, das sich in unserer Nachbarschaft ereignet hat – sich in genau diesem Augenblick an anderer Stelle in London eine Katastrophe großen Ausmaßes abspielt, von der die morgigen Zeitungen ohne Zweifel berichten werden.«

Diese Reihe von Schlussfolgerungen verblüffte mich dermaßen, dass es mir die Sprache verschlug. Holmes bemerkte meinen verwirrten Gesichtsausdruck.

»Nun kommen Sie schon, mein lieber Watson, Sie sind ein Mann der Medizin und wissen über Sanitätsfahrzeuge Bescheid: Haben Sie nicht irgendetwas vermisst?«

»Nein«, antwortete ich nach einigem Überlegen, »außer dass irgendein unglückliches …«

»Ts, ts, Mann! Sonst nichts?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Dann frage ich Sie: Wie kam es, dass Sie nicht in der Lage waren, zu erkennen, um was für ein Fahrzeug es sich handelte, bis Sie die Kennzeichnung auf der Tür gesehen haben?«

Wie schon so oft während der langen Bekanntschaft mit meinem Freund, spürte ich Verlegenheit in mir aufsteigen, weil ich wieder einmal das Offensichtliche übersehen hatte.

»Die Klingel! Es gab keine Glockenzeichen.«

»Exakt! Die Warnglocke des Sanitätsfahrzeuges wurde nicht betätigt. Dies erklärt sowohl den unberechenbaren Kurs der Droschke –nichts anderes als der Versuch des Kutschers, den Zusammenprall mit Fußgängern zu vermeiden – als auch das recht wilde Verhalten des Kutschers selbst, was Sie beides eher auf den ungezügelten Genuss von Alkohol zurückgeführt haben.«

Holmes beobachtete nach wie vor aufmerksam den Horizont und die Straßen unten. Er füllte seine Pfeife, paffte ein paar Züge und murmelte dabei zu sich selbst:

»Natürlich stellt sich dann die Frage, warum die Glocke nicht angeschlagen wurde …«

»Ein neuer Kutscher …?«

»Nein. Das Geschick, mit dem der Mann das Gespann beherrschte und die Passanten umfahren hat, beweist, dass er recht erfahren ist … Der Spaziergang, den Sie eben erwähnten, hat plötzlich einen ganz neuen Reiz gewonnen. Lassen Sie uns aufbrechen!«

»Natürlich«, fuhr er fort, als wir die Treppe hinuntereilten, »ist es offensichtlich, dass das Sanitätsfahrzeug vom St. Thomas’ Hospital kam.«

»Hah! Ich fürchte, da irren Sie sich, alter Freund; Sie scheinen ein wenig nachzulassen, Holmes, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten«, erwiderte ich nicht wenig selbstgefällig. »Erlauben Sie mir, Sie mit Ihren eigenen Methoden zu schlagen. Sie scheinen Charing Cross zu vergessen, das in derselben Richtung wie St. Thomas’, allerdings wesentlich näher liegt. Es erscheint daher nur logisch, dass der Wagen von dort kam, da offensichtlich alle Eile geboten zu sein schien.«1

»Ausgezeichnet, Watson! Wirklich, Sie übertreffen sich selbst!«

Ich fühlte mich tief geschmeichelt, denn Holmes gehörte nicht zu den Menschen, die allzu freizügig Lob verteilen.

»Schade nur, dass Sie sich irren«, fügte er hinzu.

»Wie können Sie da so sicher sein?«, erwiderte ich ein wenig pikiert.

»Wieder einmal haben Sie es versäumt, genau zu beobachten. Haben Sie gesehen, wie der Kutscher seine Peitsche schwang?«

»Er war sehr eifrig bei der Sache.«

»So sehr, dass Sie sich zu dem Ruf: ›Die armen Tiere!‹ hinreißen ließen. Haben Sie auch auf die Pferde selbst geachtet, als das Licht der Straßenlaternen auf sie fiel? Ihre Flanken waren schweißgebadet. Diese beiden Hinweise führen uns zu dem Schluss, dass die Tiere zwar aus der Richtung von Charing Cross kamen, aber schon sehr viel länger unterwegs waren. Sie müssen daher vom St. Thomas’ Hospital aus aufgebrochen sein.«2

So gesehen war die Schlussfolgerung in der Tat ganz einfach.

»Aber Sie haben recht daran getan, Logik anzuwenden, Watson, denn das lässt uns erkennen, dass das Unlogische geschehen ist: Statt aus dem nächstgelegenen Krankenhaus zu kommen, hat der Sanitätswagen einen Weg durch die ganze Stadt hinter sich. Das ist höchst interessant. Außerdem ist da noch die Frage nach der fehlenden Warnglocke. Vielleicht können wir diese beiden Teile des Rätsels zusammenfügen. Wir wissen, dass der Kutscher nicht bloß vergessen hat, die Glocke zu schlagen – er ist dafür viel zu erfahren. Welche Erklärung bleibt dann noch übrig?«

Wir schritten die Baker Street hinunter in Richtung Süden zum Portman Square, doch ich war viel zu sehr mit dem Rätsel beschäftigt, um die Schönheit des Abends wahrzunehmen. Ich dachte angestrengt über die Frage nach, die Holmes gestellt...