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Nachrichten von Mr Dean - Liebesroman

Nachrichten von Mr Dean - Liebesroman

Katharina Wolf

 

Verlag Amrûn Verlag, 2018

ISBN 9783958693463 , 300 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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3,99 EUR

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Nachrichten von Mr Dean - Liebesroman


 

KAPITEL 1

»Ich hasse es hier«, murmelte ich leise vor mich hin, während ich mich mit dröhnendem Kopf durch die Excel-Tabelle scrollte, die mich heute schon den halben Morgen quälte. »Ich hasse, hasse, hasse es!«

Tabellen, und insbesondere große Tabellen, die fast nur aus Zahlen bestanden, waren so gar nicht mein Ding. Um nicht zu sagen, lieber würde ich mit einem Leoparden ringen oder mich in eine Grube voll Schlangen werfen. Aber leider waren weder Raubtiere noch Reptilien zugegen und selbst wenn, würde ich dadurch meine Miete leider auch nicht bezahlen können. Dazu benötigte ich das Gehalt, zu dem mir dieser trockene und extrem nervige Job verhalf. Es war zum Verzweifeln.

Im Hintergrund hörte ich das leise Gemurmel meiner Kollegen sowie das Brodeln und Gluckern der Kaffeemaschine, was mich daran erinnerte, meinem Chef schnellstmöglich den nötigen Koffeinnachschub zu bringen. Lieber Eigeninitiative zeigen, als dass er mich wutschnaubend daran erinnern musste. Der alte, fette Choleriker.

Das Vibrieren meines Handys neben mir auf dem Schreibtisch riss mich aus meinen düsteren Gedanken. Ein Blick auf das Display ließ mich aufstöhnen. Mum. Warum? Warum ich? War ich denn nicht schon gestraft genug? Ich fuhr mir mit den Fingern durch mein Haar, dass eh schon wild in alle Richtungen abstand. Diese verdammten, zu allem Überfluss auch noch feuerroten Locken. Noch ein Grund, warum ich meine Mutter verfluchte. Es waren wahrlich nicht die besten Gene, die sie mir vererbt hatte. Bis auf einen simplen Zopf oder ein Tuch, welches sie mir aus dem Gesicht hielt, konnte ich selten etwas mit meinen Haaren anstellen, und wenn ich morgens aufstand, sah ich meist aus wie ein gerupftes Huhn.

Ich atmete kurz durch und drückte auf den grünen Hörer, um das Gespräch anzunehmen.

»Ja, Mum?«

»Was bist du denn schon wieder so angenervt?«, keifte sie direkt zurück, ohne Rücksicht auf Verluste.

»Ich bin arbeiten und habe Kopfweh. Was ist los?« Sie schnaubte und schien sich am anderen Ende der Leitung erst einmal sammeln zu müssen.

»Ich habe hervorragende Neuigkeiten für dich.«

Mir schwante Böses. Sie würde doch nicht etwa ... »Ich habe mit Christhilde gesprochen. Und – halt dich fest – wir haben ein Treffen organisiert.«

Sie hatte es tatsächlich getan.

»Ihr habt nicht wirklich ein Blind Date zwischen euren Kindern arrangiert?«

»Alleine würdet ihr das doch eh nicht hinbekommen. Und ihr Christopher ist so ein guterzogener und intelligenter junger Mann. So jemanden findest du nicht einfach so auf der Straße oder in den komischen Kneipen, in denen du dich sonst so rumtreibst.«

»Bedeutet guterzogen und intelligent eigentlich gleichzeitig, dass er fettiges Haar und ein Doppelkinn hat?«

»Ruby! Nicht in diesem Ton. Christopher ist äußerst ansehnlich. Im Übrigen habe ich dich auch als intelligent und äußerst kunstinteressiert beschrieben. Christhilde meinte, er wäre sehr angetan von den Fotos und würde sich auf ein Treffen freuen. Du könntest wenigstens Danke sagen.«

Sie erwartete Dankbarkeit? Dachte sie denn wirklich, dass ich mich über dieses Arrangement freuen würde? Und von welchen Bildern sprach sie, um Gottes Willen? Wir waren doch hier nicht im Mittelalter, wo Ehen zwischen zwei Königshäusern arrangiert wurden. Außerdem war ich nicht so ein hoffnungsloser Fall, dass ich nicht auch alleine auf einen netten Kerl treffen könnte. Dieser ominöse Christopher musste nun aber denken, dass ich unter normalen Umständen keinen abbekam. Das war alles so unglaublich peinlich. Mum verstand es einfach nicht! Leider hatte ich weder Lust noch Kraft, mich mit ihr anzulegen. Ich zog eh immer den Kürzeren.

»Und was nun? Habt ihr direkt alles ausgemacht? Ort? Uhrzeit?«

»Das werdet ihr wohl noch alleine schaffen.« Ich rollte mit den Augen. Wie nett, dass sie uns zumindest DAS zutraute. »Christopher hat deine Handynummer und wird sich bei dir melden«.

Da war ich ganz anderer Meinung. Wenn dieser Kerl ein normaldenkendes menschliches Wesen war, würde er das nicht tun. Aber ich hielt lieber meinen Mund.

»Okay, Mum, ich muss jetzt weiterarbeiten. Hier ist einiges los.« Da meine Mum keine Ahnung hatte, was ich den lieben langen Tag im Büro tat, klackerte ich ein wenig auf meiner Tastatur herum und raschelte mit einem Bogen Druckerpapier. Das klang hoffentlich beschäftigt genug.

»Noch einen schönen Tag, Liebes, und vergeig die Verabredung nicht. Das wäre mir Christhilde gegenüber sehr peinlich.«

»Verstanden, keine spontanen Stripeinlagen und Champagnerduschen in der Öffentlichkeit.«

»Ruby!«

Ich legte auf, lehnte mich in meinem Schreibtischstuhl zurück und betrachtete für einen kurzen Moment die Zimmerdecke. Ich hatte Bauch- und Kopfschmerzen. Die Kopfschmerzen begleiteten mich schon die ganze Woche. Der Bauch tat meist dann weh, wenn mir etwas Unerfreuliches bevorstand. Früher, zu Schulzeiten, war das ein Chemie- oder Lateintest. Heute waren es Meetings mit meinem Boss. Anscheinend aber auch Blind Dates, die nur in einem Desaster enden konnten. Mir war schlecht.

Ohne Vorwarnung wurde die Tür meines Büros aufgeworfen und knallte an den Schrank daneben. Ich zuckte zusammen und verschluckte mich an meiner eigenen Spucke. Als ich heftig husten musste, bemerkte ich Anna, die in der Tür stand und mich lauthals auslachte.

»Boah Anna, ich bin fast gestorben, so sehr hast du mich erschreckt. Klopf doch an oder komm wenigstens so rein, dass man nicht direkt denkt, die Kavallerie greift an.«

»Ich wusste, dass ich dich kalt erwische«, prustete sie und hielt sich weiter den Bauch vor Lachen.

Ich blickte sie einige wenige Sekunden böse an, bevor auch ich ein Kichern nicht mehr unterdrücken konnte. Anna hatte so eine Wirkung. Sie war ein echter Wirbelwind und strahlte immer gute Laune aus. Sie passte noch weniger in diese verdammte Spießer-Firma als ich. Trotzdem schien sie komischerweise nicht halb so unzufrieden zu sein. Entweder hatte sie sich mit ihrem Schicksal einfach abgefunden oder die Arbeit in der Personalabteilung machte ihr am Ende sogar wirklich Spaß.

Anna kam auf ihren hohen Hacken zu meinem Schreibtisch stolziert und ließ sich auf dem Stuhl mir gegenüber nieder. Ihre Handtasche fiel achtlos neben ihr zu Boden. In ihrem Bleistiftrock und der schmalen, dunkelblauen Bluse wirkte sie klassisch sexy und sehr elegant zugleich. Wie ich in Rock und High-Heels aussah, konnte man noch am ehesten mit einem plumpen Bauern an Karneval vergleichen.

»Fertig für die Mittagspause?«

»Keine Chance.« Ich seufzte. »Die Quartalsabrechnungen stehen an, und ich kämpfe mich den ganzen Morgen schon durch diese Tabelle. Ich seh nur noch Karos vor mir.«

»Du willst durcharbeiten?«

»Ich habe noch einen Apfel in der Schublade, und ich glaube, irgendwo müsste auch noch ein Müsliriegel rumliegen. Ansonsten werde ich mich mit Kaffee dopen und versuchen, Herrn Peters einmal in meinem Leben nicht zu enttäuschen.«

»Gib‘s auf. Das wird dir nicht gelingen. Sein ganzes Leben ist eine Enttäuschung. War es schon vor dir. Der wüsste gar nicht, wie er mit erfreulichen Nachrichten umgehen sollte.«

»Das heitert mich so gar nicht auf.«

Anna zuckte mit den Achseln, erhob sich und kramte in ihrer Handtasche.

»Hier ist übrigens meine neue Handynummer. Mein iPhone hat sich gestern in die Toilette verabschiedet. Leider war nichts mehr zu retten. Ich hab jetzt eins, das wasserfest ist.« Ich betrachtete den zerknitterten Zettel und legte ihn neben die Tastatur auf den Schreibtisch.

»Verdammt. Ist denn jetzt alles weg? Alle Bilder, Nummern und Spiele-Highscores?«

»So ziemlich alles.« Trotzdem grinste sie und zuckte ein weiteres Mal unbeeindruckt mit den Achseln. Ich bekam allein bei dem Gedanken daran einen Schweißausbruch. Ich sollte schleunigst meinen ganzen Kram auf den PC kopieren. Leider dachte man an Datensicherung ja erst, wenn es zu spät war. Ohne mein Smartphone war ich sowas von aufgeschmissen.

»Weißt du, manchmal ist es ein Segen, einfach mal alles hinter sich zu lassen und neu zu beginnen. Ein Handy mit gerade einmal zehn gespeicherten Nummern hat etwas unglaublich Beruhigendes. Als habe man all den unnötigen Ballast abgeworfen.«

Diese abgeklärte Gelassenheit bewunderte ich so an ihr. Denn genau das war eine Eigenschaft, die mir fehlte. Ich konnte nicht so einfach abschließen und neu beginnen. Meine Gedanken schweiften oft zu dem, was ich verloren hatte. Kurz dachte ich an Alex, an sein Lächeln und die vielen Versprechungen, die er nicht gehalten hatte, bevor ich mich selber ermahnte und meine Aufmerksamkeit wieder Anna schenkte.

»Überanstrenge dich nicht. Später musst du fit sein. Das mit dem Filmabend steht doch noch, oder?«

»Klar. Du kommst um sieben zu mir, ich besorge Filme und Popcorn.«

»Yeah, das wird ein Spaß! Ich geh dann mal zum Bäcker und besorge mir was zu essen.«

»Bis später.«

Sie schloss die Tür zum Glück sanfter, als sie sie geöffnet hatte. Ich warf einen Blick in die oberste Schublade meines Rollcontainers und fischte einen Müsliriegel mit Schokoüberzug aus dem hintersten Eck. Ich hatte schon schlimmere Arbeitstage gehabt. Solange ich noch was Süßes...