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Neues Glück in Willow Cottage - Liebesroman

Neues Glück in Willow Cottage - Liebesroman

Bella Osborne

 

Verlag MIRA Taschenbuch, 2019

ISBN 9783955768607 , 480 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz DRM

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8,99 EUR

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Neues Glück in Willow Cottage - Liebesroman


 

1. Kapitel

Beth hatte den Tag umgeben von Leuten verbracht, die ihrer Meinung nach alle ganz genau wie ihre Passbilder aussahen – niemand hatte auch nur ansatzweise ein Lächeln auf den Lippen. Beth gähnte und streckte ihre Arme über den Kopf; sie hatte einen langen Tag gehabt.

»Geboten von der Dame rechts«, sagte der Auktionator und fuhr mit seinem Hochgeschwindigkeits-Zahlensingsang fort.

Beth schaute sich erschrocken um. Sie saß rechts, aber das konnte doch nicht sie gewesen sein, oder? Niemand um sie herum bewegte sich oder zeigte auch nur die leiseste Regung. Ihr Herz raste, und sie fühlte Panik in sich aufsteigen.

»Zwo-neunzig dort hinten«, sagte der Auktionator, und Beth seufzte erleichtert. Noch mal Glück gehabt.

»Bietet irgendwer mehr als zwo-neunzig?« Der Auktionator sah Beth an.

Auf was hatte sie eigentlich geboten? Sie nahm den Katalog und blätterte darin, vorbei an ihrer ersten Wahl an Apartments, die sie hatte kaufen wollen, was ihr Budget jedoch bei Weitem überstiegen hätte.

»Verkauft für zwo-neunzig«, verkündete der Auktionator und sah zu jemandem in den hinteren Reihen. »Grundstück 37, Willow Cottage, verkauft für zweihundertneunzigtausend Pfund.«

Beth fand Willow Cottage im Katalog und überflog den Text. Es klang nach einem Stückchen vom Paradies – ein Cottage mit Blick über eine Dorfwiese im Herzen Cotswolds. Sie biss sich auf die Lippe. Es war wie dieser Augenblick bei eBay, wenn einem etwas gefällt: Es ist nicht exakt das, was man gesucht hat, doch der Wunsch, dieses Schnäppchen zu bekommen und als Gewinner dazustehen, ist plötzlich stärker als alles andere.

»Verkauft für den Preis von zweihundertneunzigtausend Pfund, zum Ersten, zum Zweiten …«

Beth wedelte mit ihrer Bieterkarte. »Dreihunderttausend«, krächzte sie und fragte sich, was um alles in der Welt sie da tat. Sie sollte auf die Versteigerung der Apartments ihrer zweiten Wahl warten.

»Dreihunderttausend zu meiner Rechten, danke«, sagte der Auktionator. Er hielt einen Moment inne, um weiteren Bietern eine Chance zu lassen, und verkündete dann: »Verkauft an die Lady zu meiner Rechten mit der verkehrt herum hochgehaltenen Bieterkarte.« Der Hammer erzeugte einen dumpfen Laut, als er aufs Holz niedersauste.

»Sie haben Ihr Ziel erreicht«, verkündete das Navigationsgerät mit einer unumstößlichen Zuversicht. Beth hielt mit dem Mietwagen am Bordstein, stellte den Motor ab und sah sich um. Sie parkte neben einer großen Rasenfläche, auf der vereinzelt Bäume standen, und die eingefasst war von beeindruckenden alten Gebäuden unterschiedlicher Größe.

Beth nahm den Auktionskatalog, betrachtete das körnige kleine Foto und las die Beschreibung darunter noch einmal – Willow Cottage befindet sich in einer abgeschiedenen Lage, mit Blick auf die Dorfwiese des malerischen Dorfs Dumbleford in den Cotswolds. Günstige Gelegenheit, dieses frei stehende Haus zu erwerben. Grundstück circa 0,6 Hektar groß, mit einem Bach, der durch das Areal fließt. Renovierungsbedürftig.

Irgendwo in ihrem Hinterkopf erinnerte Beth sich daran, wie ein bestimmter Jemand gesagt hatte, er würde ums Verrecken nicht auf dem Land leben wollen. Jetzt kam ihr das wie eine zusätzliche Belohnung vor. Sie drehte sich zum Rücksitz um. Leo erwachte gerade, nachdem er die Fahrt über geschlafen hatte, und lächelte sofort, als er seine Mutter erblickte. Der Sechsjährige war eigentlich schon zu groß für seinen Kindersitz, sie würde ihn bald durch eine einfache Sitzerhöhung austauschen müssen. Doch vorerst wollte Beth ihren Sohn im sicheren Kindersitz lassen.

»Ich wünschte, du hättest mein iPad mitgebringt«, sagte Leo und streckte sich.

»Tut mir leid, ich konnte es nicht finden. Und ›mitgebracht‹ ist die richtige Vergangenheitsform von ›mitbringen‹. Okay?« Was lernten die Kinder auf diesen Privatschulen eigentlich? »Wollen wir uns mal unser neues Zuhause anschauen?« Sie wedelte aufgeregt mit dem Zettel, auf dem die Auktionsdetails standen.

Leo gähnte und streckte sich erneut. »Ich hab Hunger, Mum.«

Beth hatte damit gerechnet, kramte im Kofferraum nach einer kleinen Tüte getrockneter Mangostücke und gab sie Leo, als er aus dem Wagen stieg. Sie ging vor ihm in die Hocke und zeigte ihm das Foto von Willow Cottage auf dem Auktionsbogen.

»Jetzt müssen wir unser Cottage nur noch finden. Was meinst du, welches ist es?«

Sie betrachteten das kleine Foto. Zu sehen waren zwei der Außenwände, die in einem spitzen Winkel aufeinandertrafen. An der einen Seite des Cottage schien sich elegant eine Kletterpflanze hochzuranken. Im Vordergrund war ein großer Garten mit einem mächtigen Weidenbaum zu sehen. Das Foto war schlecht belichtet und deshalb nicht viel mehr darauf zu erkennen.

»Es kann doch nicht allzu schwer sein, ein Cottage mit einem solchen Baum im Vorgarten zu finden, oder?«

Leo schüttelte den Kopf, während er sich ein weiteres Mangostückchen in den bereits vollen Mund schob. Dann drückte er seiner Mutter die leere Packung in die Hand. Gemeinsam gingen sie über die Wiese, um sich jedes Haus anzusehen.

»Es gibt keine Schaukeln im Park«, bemerkte Leo.

Beth lachte. »Das ist kein Park, sondern die Dorfwiese. Die ist eher wie ein großer Garten.«

»Wem gehört der Garten?«, wollte Leo wissen.

»Er gehört niemandem und allen. Jeder darf ihn benutzen.«

»Ah«, sagte Leo und wirkte ein wenig perplex von dieser Idee und der vermutlichen Nutzlosigkeit einer solchen Fläche ohne Schaukeln.

Tatsächlich handelte es sich um ein wunderhübsches Dorf, fand Beth, während sie sich umschaute. Die Dorfwiese selbst war die größte, die sie je gesehen hatte. Sie war von ausgetretenen Pfaden durchkreuzt und mit verschiedenen uralten Bäumen bestückt, für deren Identifizierung sie Leos Naturbuch würde zurate ziehen müssen. Gepflegte Bänke, die keine einzige Spur von Graffiti aufwiesen, waren an exakt den Stellen platziert, die zum Verweilen einluden. Das ganze Gelände war von einem hübschen weißen Maschendrahtzaun eingefasst, der sich von einem Pfosten zum anderen zog. Ein gigantisches Gebäude im Pseudo-Tudorstil hatte eine herausragende Lage inne, mit Blick auf das Zentrum der Grünfläche; zu beiden Seiten dahinter, leicht zurückgesetzt, standen zwei sehr symmetrische Backsteingebäude, die so wirkten, als wüssten sie genau, wer wo seinen Platz hatte.

»Taube!«, rief Leo aufgeregt, als er eine Strohfigur auf einem der reetgedeckten kleineren Häuser sah.

Ein weiteres Zeichen dafür, dass ihr Sohn in London geboren und aufgewachsen war. »Nein, ich glaube, das soll ein Pfau sein«, erklärte Beth und betrachtete die seltsam geformte Figur mit dem langen Schwanz. Ein kleiner Teich war das Zuhause einer Handvoll fetter Enten und auch einiger Entenküken. Es gab eine Teestube, die eher aussah wie ein umgebautes Cottage. Der einzige Hinweis, der auf eine Gastwirtschaft in dem Gebäude vermuten ließ, war ein hin- und herschwingendes Schild in Form einer großen Teekanne. Vor jedem Fenster waren strahlend weiße Läden angebracht, wodurch es sich von den anderen, weniger schmucken Häusern abhob. Am anderen Ende der Grünfläche befand sich der Dorfladen mit Postfiliale, der die zweite Hälfte eines sehr hübschen Doppelhauses mit einem durch einen weißen Zaun begrenzten Vorgarten bildete. Beth betrachtete das kleine Foto noch einmal. Nein, Willow Cottage sollte ein frei stehendes Haus sein, und von einem Baum war dort auch nichts zu sehen. Neben dem Laden lag der Pub – Zum Blutenden Bären. Vor dessen Eingang war ein Schild zu sehen, das einem Sechsjährigen leicht Albträume verursachen konnte, weshalb sie schnell daran vorbeigingen. Als sie sich dem Mietwagen wieder näherten, wurde ihr klar, dass sie im Kreis gegangen waren. Sie schaute sich um und entdeckte ein verziertes Schild, auf dem klar und deutlich »DUMBLEFORD« stand, also befanden sie sich am richtigen Ort. Aber wo war Willow Cottage?

Eine Glocke klingelte und kündigte an, dass die Tür des Dorfladens geöffnet wurde. Beth und Leo sahen eine von Kopf bis Fuß in Beige gekleidete Gestalt herauskommen, die einen karierten Trolley hinter sich herzog.

»Lass uns jemanden fragen«, sagte Beth und ging mit Leo auf die über den Trolley gebeugte Gestalt zu. »Entschuldigung, können Sie mir sagen, wo ich Willow Cottage finde?«

Die in Beige gekleidete alte Dame richtete sich unvermittelt auf und legte die Hand auf ihr Herz. Sie war kaum größer als ihr Trolley. »Ach du meine Güte, Sie haben mich vielleicht erschreckt!«, rief sie und fing an, in ihrem Trolley zu kramen. Sie brachte eine Flasche Sherry zum Vorschein, schraubte den Verschluss ab und trank einen großen Schluck. Beth wusste, dass sie sie vor Erstaunen gerade anstarrte, und sie hatte keine Ahnung, wie sie sich verhalten sollte. Leo hingegen war fasziniert. Die Lady schien die Flasche wieder verstauen zu wollen, besann sich dann aber und hielt sie Beth entgegen.

»Verzeihen Sie meine Manieren, Schätzchen. Möchten Sie einen Schluck?«

»Äh, nein, danke.«

Die Lady zuckte mit den Schultern und ließ die Flasche wieder im Inneren ihres Trolleys verschwinden, wobei sie dessen Klappdeckel liebevoll tätschelte. Dann richtete sie sich so gerade auf, wie ihre Größe es zuließ, und zeigte Beth ein mit falschen Zähnen geschmücktes Grinsen. Keiner von beiden sagte etwas. Beth lächelte unsicher zurück. Die Lady hob eine Braue und neigte sich auf den Zehen etwas nach vorn, als wollte sie etwas sagen. Beth und Leo sahen sie erwartungsvoll an.

...