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Das Erbe der Leyensteins - Krönung der Herzen - Historischer Liebesroman

Das Erbe der Leyensteins - Krönung der Herzen - Historischer Liebesroman

Katharina Glock

 

Verlag MIRA Taschenbuch, 2019

ISBN 9783955769017 , 384 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz DRM

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8,99 EUR

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Das Erbe der Leyensteins - Krönung der Herzen - Historischer Liebesroman


 

1. KAPITEL

Tabeas Herzschlag beschleunigte sich unwillkürlich, als sie auf die Uhr sah. Mittwoch. Vierzehn Uhr. Um diese Zeit kam er eigentlich immer in ihren Laden, um Blumen zu kaufen. Dann wählte er einen riesigen Strauß Blumen, nickte ihr zu und verschwand. Dabei wirkte er seltsam distanziert, ohne wirklich unfreundlich zu sein. Bislang hatten die beiden nicht viel miteinander gesprochen.

Heute, schwor sich Tabea. Heute würde sich das ändern. Sie würde endlich den Mut aufbringen und mit ihrem geheimnisvollen Stammkunden sprechen.

Die Türglocke klingelte leise. Das musste er sein!

Bedächtig legte sie das Bouquet zur Seite, an dem sie gerade gearbeitet hatte. Du schaffst das, dachte sie und atmete noch einmal tief durch, bevor sie sich umdrehte.

Vielleicht lag es daran, dass der Unbekannte mit seinen dunklen Haaren, den breiten Schultern und dem ernsten Gesichtsausdruck ein wenig einschüchternd wirkte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Tabea sich zu ihm hingezogen fühlte. Auf eine Art, die ihr Sorgen bereitete. Auf jeden Fall machte er sie unsicher. Dabei sollte sie nicht für ihn schwärmen. Auf keinen Fall! Die Liebe hatte sie schon einmal in die Knie gezwungen. Davon musste sie sich erst noch erholen.

Tatsächlich! Ihr Stammkunde war hereingekommen. Gerade passierte er die kleine Blumeninsel in der Mitte des Ladens. Hier standen die von ihr liebevoll arrangierten Schnittblumen in gewaltigen Vasen dicht an dicht: Rosen, Tulpen und Ranunkeln in allen Farben und Größen. Ein paar gelbblühende Freesien waren auch noch da, genau wie die letzten cremefarbenen Anemonen.

Der große Mann wirkte neben der farbenfrohen Pracht fast unwirklich. Wie immer trug er einen schwarzen, knielangen Wollmantel, der ihn irgendwie düster aussehen ließ. Manchmal war er im Businessstil gekleidet und trug perfekt sitzende, schicke Anzüge. Heute jedoch hatte er eine schwarze Stoffhose und ein einfaches, blaues Hemd gewählt, das unter seinem geöffneten Mantel hervorblitzte.

Während er ihren Laden durchquerte, wirkte er ruhig und geschäftsmäßig. Tabea mochte die Art, wie er sich bewegte. Fast lautlos, aber zielstrebig. Er sah aus wie ein Mann, der wusste, was er wollte.

„Guten Tag“, sagte Tabea und ärgerte sich gleichzeitig über ihre zittrige Stimme. Es war wie jeden Mittwoch. Sobald der Mann ihr Geschäft betrat, war sie nicht mehr Herrin ihrer Sinne.

Heute lächelte er ganz leicht. Tabea war fasziniert, wie dieses kleine Lächeln sein gesamtes Gesicht veränderte. Er sah dann viel jünger, viel sanfter aus. Nicht mehr so dominant und furchteinflößend. Ja, genau. Das war es vielleicht, was sie so nervös machte. Dieser Mann war furchteinflößend und gleichzeitig ziemlich faszinierend.

„Ich habe heute weiße Tulpen im Angebot. Sie sind besonders schön, und ich habe sie extra für Sie zurückgelegt“, sagte Tabea nach einer langen Pause, in der sie einander lediglich gemustert hatten. Der Unbekannte kaufte eigentlich immer Blumen der Saison und verlangte nach großen, opulenten Gestecken. Tabea fragte sich oft, wem er diese Blumensträuße schenkte. Seiner Frau? Er trug einen Ring an der rechten Hand. Ein Umstand, der sie bislang davon abgehalten hatte, genauer nachzufragen.

Verheiratete Männer waren für sie absolut tabu. Und wenn sie ehrlich war, sollte sie eigentlich auch die Finger von den unverheirateten lassen. Ihr Herz lag schließlich noch immer in Scherben.

Ihr Stammkunde war mittlerweile vor ihrer kleinen Ladentheke angekommen. Noch immer hatte er kein Wort gesagt, was nicht ungewöhnlich war. Er schien eher der schweigsame Typ zu sein.

„Weiße Tulpen. Das klingt sehr gut“, antwortete er schließlich, nachdem er sie abermals eingehend von oben bis unten gemustert hatte. Das machte er grundsätzlich. Tabea fühlte sich in diesen Momenten, als würde sie bis in ihr Innerstes durchleuchtet. Es war nicht direkt unangenehm. Eher ungewohnt. Aufregend. Seine samtene, dunkle Stimme ließ außerdem ihr Inneres vibrieren.

Um ein Haar hätte sie verpasst, dass er ihr zugenickt hatte. Er gab ihr damit zu verstehen, dass sie mit dem Binden beginnen konnte. Mittlerweile wusste sie genau, dass ihn die Kosten nicht interessierten. Er wünschte sich lediglich einen Strauß, der ihnen beiden gut gefiel. Offenbar vertraute er dabei ganz auf Tabeas Geschick.

Verwickele ihn in ein Gespräch, dachte Tabea verzweifelt. Ihr Kopf war jedoch leer. Wieder einmal. Um sich nicht zu blamieren, rettete sie sich in ein scheues Lächeln. Sie wollte sich gerade umdrehen, um sich um die Blumen zu kümmern, da sprach er sie zu ihrer Überraschung erneut an.

„Ich würde gerne noch ein weiteres Gesteck in Auftrag geben“, sagte er mit leiser Stimme. Zum ersten Mal überhaupt wirkte er unsicher.

„Aber natürlich.“ Tabea ließ die Schere in ihrer Hand wieder sinken und legte sie auf die Theke zurück. Fragend sah sie ihn an. Dass der Unbekannte mehr als nur einen Strauß in Auftrag gab, war ungewöhnlich.

„Machen Sie auch Grabgestecke?“

„Selbstverständlich.“ Erst jetzt bemerkte Tabea, dass ihr Kunde trauriger wirkte als sonst. Da waren dunkle Augenringe, die sonst nicht vorhanden waren. „Was haben Sie sich denn vorgestellt?“ Bei einem normalen Stammkunden hätte Tabea jetzt gefragt, wer gestorben war. Bei dem mysteriösen Mann wagte sie das jedoch nicht.

„Wenn ich das nur wüsste. Was für ein Gesteck wäre angemessen für eine Großmutter?“

Tabea blickte ihn entsetzt an. „Ihre Großmutter ist gestorben? Das tut mir sehr leid. Mein herzliches Beileid.“ Instinktiv hob sie die Hand und berührte ihn ganz kurz am Arm. Die Theke trennte sie zwar, aber aus irgendeinem Grund wollte Tabea ihn jetzt spüren. Ihm damit zeigen, dass er nicht alleine war.

„Danke“, sagte er fast unhörbar. Langsam sank er auf den Hocker, den Tabea vor ihre Theke gestellt hatte. Es war seltsam, ihn dort sitzen zu sehen. So nahe waren sie einander noch nie gekommen.

„Welche Blumen hat Ihre Großmutter denn gemocht?“, fragte Tabea in die Stille hinein.

Der Mann überlegte einen Moment und schüttelte schließlich den Kopf. „Das weiß ich nicht. Es ist lange her, dass ich sie gesehen habe. Als zehnjähriger Junge interessiert es einen für gewöhnlich nicht, welche Blumen die Großmutter mag. Ich hatte danach niemals die Gelegenheit, sie zu fragen.“

Verblüfft legte Tabea den Kopf schief und musterte ihn. „Das klingt nach einer wirklich traurigen Geschichte.“

Der Mann nickte. Gleichzeitig griff er in die Tasche seines schwarzen Wollmantels und zog einen Brief hervor. Eindeutig ein Trauerschreiben.

„Die Verstorbene war meine Großmutter mütterlicherseits. Zu meiner Mutter Margarete habe ich seit meiner Kindheit keinen Kontakt mehr, seitdem ist auch die Verbindung zu meiner Großmutter abgebrochen. Als meine Mutter fortging, war ich zehn Jahre alt. Jetzt hat sie mir einen langen Brief geschrieben und mich eindringlich gebeten, zur Beerdigung meiner Großmutter zu kommen.“ Langsam schüttelte er den Kopf, als wolle er diesen Gedanken vertreiben. Dann sah er Tabea entschuldigend an. „Verzeihen Sie mir. Sie haben sicherlich viel zu tun. Ich will Sie nicht aufhalten.“

„Oh nein“, versicherte ihm Tabea rasch. „Für meine Stammkunden nehme ich mir so viel Zeit wie nötig.“

Sie verschwieg dabei, dass ihr Herz vor Aufregung Kapriolen schlug. Niemals hätte sie erwartet, dass sich ihr dieser geheimnisvolle Mann plötzlich anvertraute. Es war ein wunderbares und gleichzeitig verwirrendes Gefühl. Um nichts auf der Welt hätte sie dieses Gespräch abbrechen wollen.

Der Mann drehte den Brief nachdenklich in den Händen. „Sie müssen sich fragen, warum ich Ihnen das überhaupt erzähle. Es verwundert mich selbst, um ehrlich zu sein. Leider kann ich mit meiner Familie nicht darüber sprechen. Meine Großmutter väterlicherseits ist auf meine Mutter nicht besonders gut zu sprechen. Von meinen Geschwistern ganz zu schweigen. Die wollen niemals wieder auch nur ein Wort mit ihr reden.

Meine Mutter bat mich in dem Brief, meinen Bruder und meine Schwester über die Beerdigung zu informieren und zu fragen, ob sie ebenfalls kommen möchten.“ Er schüttelte mit einem besorgten Ausdruck im Gesicht den Kopf. „Das ist eine unmögliche Aufgabe. Wie soll ich sie das fragen? Sie werden ohnehin Nein sagen. Am liebsten wäre mir, ich würde gar nichts von all dem wissen. Aber jetzt, wo ich ihn gelesen hab, geht er mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.“

Er schob ihr schweigend den Umschlag zu. „Ich brauche einen Rat. Soll ich auf die Beerdigung gehen oder nicht?“

Tabea zog eine Augenbraue hoch. „Das ist eine schwierige Frage. Dafür kenne ich die Umstände nicht gut genug. Meine Mutter sagt allerdings immer: Den letzten Wunsch einer Sterbenden darf man nicht ignorieren.“

„Und was ist, wenn man seine eigene Familie gegen sich aufbringt, sobald man diesem Wunsch entspricht? Meine Großmutter väterlicherseits würde mir niemals verzeihen, wenn ich wieder Kontakt mit meiner Mutter aufnehmen würde.“

„So schlimm?“, fragte Tabea.

Er nickte. „Was das angeht, ist meine Großmutter ziemlich streng. Gleichzeitig hat mich der Brief aber sehr berührt.“ Er tippte mit einem Zeigefinger auf das Papier. „Möchten Sie ihn lesen?“

Tabea schüttelte hastig den Kopf. Das war ihr zu persönlich. Ihr Blick wanderte wie von selbst zu dem Ring an seiner rechten Hand. Es war ein Goldring mit einer kleinen Platte im oberen Bereich. Darauf war eine Figur eingraviert. Tabea konnte jedoch nicht genau...