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'Ich bleibe zurück wie eine Gefangene' - Elisabeth Christine und Friedrich der Große

'Ich bleibe zurück wie eine Gefangene' - Elisabeth Christine und Friedrich der Große

Karin Feuerstein-Praßer

 

Verlag Verlag Friedrich Pustet, 2018

ISBN 9783791761459 , 120 Seiten

2. Auflage

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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11,99 EUR

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'Ich bleibe zurück wie eine Gefangene' - Elisabeth Christine und Friedrich der Große


 

»Eine unglückliche Prinzessin mehr …«

Brautwerbung

Behütete Kindheit am Hof von Wolfenbüttel


Gerade in Fürstenkreisen war ein harmonisches Familienleben damals eine Seltenheit. Wie wir später noch sehen werden, spielten sich hinter den dicken Palastmauern mitunter sogar recht ruppige Szenen ab. Elisabeth Christine aber, die am 8. November 1715 in Wolfenbüttel zur Welt kam, hatte in dieser Hinsicht großes Glück. Sie war das dritte Kind des Herzogs Ferdinand Albrecht von Braunschweig-Bevern und seiner Gemahlin Antoinette Amalie, einer geborenen Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel. Von den 15 Kindern, die die Herzogin zur Welt brachte, erreichten zwölf das Erwachsenenalter, darunter der älteste Sohn und Erbprinz Karl (1713–1780), Ferdinand (1721–1792) und Amalie Luise (1722–1780). Elisabeth Christine verstand sich mit ihren zahlreichen Geschwistern ausgesprochen gut und auch das Verhältnis zu den Eltern gestaltete sich durchaus liebevoll und herzlich.

Die Herzogsfamilie entstammte zwar dem alten und vornehmen Adelsgeschlecht der Welfen, dem schon Heinrich der Löwe angehörte, doch die Beverns waren nur eine eher unbedeutende Nebenlinie. Vater Ferdinand Albrecht verfügte als apanagierter Herzog über kein üppiges Einkommen und hatte daher eine Militärkarriere in kaiserlichen Diensten eingeschlagen. Dass die protestantischen Beverns einen so »guten Draht« zu den katholischen Habsburgern am Wiener Kaiserhof besaßen, verdankte man Antoinette Amalies rührigem Großvater, Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel (1633–1714).

Herzog Anton Ulrich gehört wohl zu den eindrucksvollsten Persönlichkeiten des Welfenhauses. Der umfassend gebildete Fürst hatte nicht nur das Lustschloss Salzdahlum bei Wolfenbüttel errichten lassen, er war auch bestrebt gewesen, sein kleines Land vorteilhaft in das Machtgefüge des Heiligen Römischen Reiches einzubinden. Das beste Mittel dazu war natürlich eine geschickte Heiratspolitik. So hatte er es geschafft, dass seine Enkelin Elisabeth Christine (1691–1750), eine Schwester von Antoinette Amalie, 1708 in Wien mit Kaiser Karl VI. verheiratet wurde. Ein enormer Prestigegewinn für das kleine Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel! Die junge Elisabeth Christine konnte daher stolz darauf sein, die gleichnamige Kaiserin von Österreich zur (Paten)Tante zu haben.

Während nun Ferdinand Albrecht seinen verschiedenen militärischen Verpflichtungen nachging, lebte Antoinette Amalie mitsamt der großen Kinderschar am Hof ihres Vaters Ludwig Rudolf, seit 1731 regierender Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel. Das idyllische Fachwerkstädtchen Wolfenbüttel mit seinem imposanten Schloss und der berühmten Herzog-August-Bibliothek war die langjährige Residenz der Herzöge, bis Elisabeth Christines Bruder Karl I. 1753 beschloss, sein Land künftig vom größeren Braunschweig aus zu regieren, und mit seiner Familie ins Graue Schloss am Bohlweg umzog.

Die höfische Erziehung, die Elisabeth Christine erhielt, war eher oberflächlich, beschränkte sich auf deutsche und französische Konversation, ein wenig Musik und Malerei. Noch später fertigte sie unter der fachmännischen Anleitung des Berliner Hofmalers Antoine Pesne (1683–1757) ein paar hübsche Pastellzeichnungen an, die freilich kein besonderes Talent offenbaren. Trotzdem kann sich zum Beispiel ihr Selbstbildnis aus dem Jahr 1738 durchaus sehen lassen. Geistige Anregungen hingegen bekam die Prinzessin wohl eher wenige. Auch mit der Rechtschreibung stand sie ein Leben lang auf Kriegsfuß, selbst wenn man einräumen muss, dass es damals noch keinen »Duden« gab, der für die Orthografie maßgeblich war. Aber sie schrieb sogar ihren eigenen Namen falsch, nämlich »Elisabeht«.

Großen Wert legte die Bevern-Familie allerdings auf eine umfassende religiöse Erziehung, denn sie nahm ihren evangelisch-lutherischen Glauben sehr ernst. So hat Elisabeth Christine aus ihrem bedingungslosen Gottvertrauen ein Leben lang Kraft und Zuversicht schöpfen können – ohne gleich in pietistischen Übereifer zu verfallen. Sie war fromm, aber keineswegs bigott. In dieser behüteten Atmosphäre wuchs sie zu einem stillen, pflichtbewussten und eher schüchternen jungen Mädchen heran, nicht ahnend, dass ihre unbeschwerte Jugend schon bald ein Ende haben würde.

Als älteste Tochter – ihre Schwester Luise Amalie war sieben Jahre jünger – sollte Elisabeth Christine auch als Erste vor den Traualtar treten. Eigentlich waren die Zukunftsaussichten der Bevern-Prinzessin eher bescheiden, zumal ihre Mitgift ja keineswegs üppig ausfallen würde. Doch dank der geschickten Heiratspolitik ihres Großvaters war man auch in Wien auf die junge Nichte der Kaiserin aufmerksam geworden. Und weil die Habsburger vorhatten, ihre Beziehungen zum Berliner Hohenzollernhof zu intensivieren, rückte Elisabeth Christine immer mehr in den Fokus der machtpolitischen Pläne. In Berlin nämlich gab es mit dem 1712 geborenen Kronprinzen Friedrich von Preußen einen potenziellen Heiratskandidaten. Es lag also auf der Hand, dass man versuchen wollte, ihm eine dem Hause Habsburg nahestehende Prinzessin als künftige Ehefrau schmackhaft zu machen. Zum Beispiel Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel. Die Aussichten für das Gelingen des ehrgeizigen Projekts waren zunächst jedoch denkbar schlecht.

Kontrastprogramm am Berliner Königshof


Seit dem Tod Friedrichs I. (1656–1713), dem ersten König »in« Preußen, herrschte dessen einziger Sohn als Friedrich Wilhelm I. (1688–1740) über das aufstrebende Land. Wegen seiner Liebe für die »langen Kerls« und alles Militärische überhaupt ist er als »Soldatenkönig« in die Geschichte eingegangen, obwohl er gar keine Angriffskriege geführt hat. Friedrich Wilhelm war mit seiner Cousine Sophie Dorothea (1687–1757) verheiratet, einer stolzen Welfin aus dem Hause Hannover, Tochter Georgs I., dem Kurfürsten von Hannover, der 1714 den englischen Thron bestiegen hatte. 1727 beerbte Sophie Dorotheas Bruder als Georg II. seinen verstorbenen Vater.

Die Linie des Welfenhauses Hannover (Braunschweig-Lüneburg) stand trotz gemeinsamer Wurzeln in direkter Konkurrenz zum Zweig Braunschweig-Wolfenbüttel. Zwar waren die bedeutenderen Fürsten eher in Wolfenbüttel gesessen, doch dann entwickelte Sophie Dorotheas Großvater Herzog Ernst August von Braunschweig-Lüneburg (1629–1698) plötzlich enormen politischen Ehrgeiz und schaffte es unter großen Opfern, 1693 die Kurwürde zu erringen. Da sich seine Residenz in Hannover befand, setzte sich dieser Ortsname mit der Zeit auch für das ganze Kurfürstentum durch. Ernst August war mit Sophie von der Pfalz (1630–1714) verheiratet, der Tochter des glücklosen »Winterkönigs« Friedrich V. von der Pfalz und seiner englischen Gemahlin Elisabeth Stuart. Als sich abzeichnete, dass die englische Königin Anna Stuart ohne Erben sterben würde, wurde die bereits 71-jährige Sophie 1701 zu deren Nachfolgerin ernannt. Die greise Kurfürstin-Witwe verfehlte den Thron nur knapp. Sie starb 1714 wenige Wochen vor der englischen Königin. Und so kam es, dass ihr ältester Sohn Georg Ludwig (1660–1627) noch im gleichen Jahr als erster König aus dem Hause Hannover den englischen Thron bestieg.

Eigentlich hatte die stolze Sophie Dorothea mit dem preußischen »Soldatenkönig« gar keine schlechte Partie gemacht, als sie im November 1706 mit ihm verheiratet wurde. Allerdings hatte sich die verwöhnte Welfenprinzessin das Leben an der Spree ein wenig anders vorgestellt, herrschaftlicher und luxuriöser. Das war es aber nur bis zum Tod ihres königlichen Schwiegervaters Friedrich I. 1713 gewesen. Ihr Gemahl hingegen war ein äußert sparsamer Monarch, der gleich nach seinem Regierungsantritt den berühmten »Strich durch den Etat« gemacht hatte, um den maroden Staatshaushalt zu sanieren, den ihm sein Prunk liebender Vater hinterlassen hatte. Er reduzierte die kostspieligen Umbauarbeiten am Berliner Stadtschloss, ließ die privaten Räume eher schlicht gestalten, strich sogar kostspielige Delikatessen vom königlichen Speiseplan und sparte noch so manches mehr ein. Sein »Fiekchen« aber, wie er Sophie Dorothea gerne nannte, kam dabei eigentlich nicht zu kurz. Und trotzdem empfand die Königin so ähnlich wie ihre älteste Tochter Wilhelmine, die Berlin später in ihren Memoiren als das »Sparta des Nordens« bezeichnete. Prunkvolle Bälle und aufwändige Festlichkeiten gab es damals an der Spree tatsächlich nur äußert selten. Wenn Sophie Dorothea aber schon selbst auf Glanz und Glamour verzichten musste, so sollten es zumindest ihre Kinder einmal besser haben, wenigstens die beiden ältesten. Deshalb plante sie schon früh, die 1709 geborene Wilhelmine mit dem englischen Thronerben zu verheiraten, dem Sohn ihres königlichen Bruders. Gleichzeitig sollte sich der preußische Kronprinz Friedrich mit seiner englischen Cousine Amalie vermählen.

Zunächst war auch Friedrich Wilhelm I. einer solchen Doppelhochzeit keineswegs abgeneigt, sodass das ehrgeizige Heiratsprojekt allmählich Gestalt annehmen konnte. Es gab jedoch am preußischen Hof eine höchst aktive, Österreich-freundliche Gruppe, die die geplante Verbindung mit England unbedingt verhindern wollte. Die Köpfe dieser einflussreichen Partei waren der Reichsgraf Friedrich Heinrich von Seckendorff (1673–1763), der als Vertreter des Kaisers 1726 nach Berlin kam, sowie Friedrich Wilhelm von Grumbkow (1678–1739), königlich-preußischer Minister und ein enger Vertrauter des Königs. Beide Männer ließen nichts unversucht, Friedrich Wilhelm I. davon zu überzeugen, dass es am besten wäre, seinen ältesten Sohn mit einer Habsburg-freundlichen Prinzessin zu verheiraten. Zum Beispiel mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern.

Noch war in Berlin keine Entscheidung...