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Dunkle Ufer - Blutleere Leichen. Ein künstlerischer Killer. Eine junge Frau zwischen Gefahr und Anziehung.

Dunkle Ufer - Blutleere Leichen. Ein künstlerischer Killer. Eine junge Frau zwischen Gefahr und Anziehung.

Sage Dawkins

 

Verlag beTHRILLED, 2019

ISBN 9783732559763 , 447 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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6,99 EUR

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Dunkle Ufer - Blutleere Leichen. Ein künstlerischer Killer. Eine junge Frau zwischen Gefahr und Anziehung.


 

2


Im Besprechungsraum der in die Jahre gekommenen Polizeistation im Herzen der Stadt rumorte es. Beamte der Sonderkommission und Uniformierte standen dicht gedrängt, lehnten an den Wänden um die besetzten Sitzplätze in der Mitte. Nachmittagssonne schien golden durch die hohen Fenster auf glanzlose Augen, erschöpfte Gesichter. Stephen stand vorne, wartete darauf, dass der Letzte den Raum betrat. Arme verschränkt, die Schultern hängend, schien er von seinen 1,83 Metern zehn Zentimeter eingebüßt zu haben. Hinter ihm leuchtete ein breites Whiteboard, dahinter ein weiteres, komplett beschriftet mit Notizen in allen Farben. Seine dunkelblauen Augen blickten ernst. Er befestigte das Foto eines neuen Opfers am Board, direkt neben drei älteren. Sie zeigten verschiedene Typen von Frauen, junge und weniger junge, wunderschön hergerichtet, in unterschiedlichen Posen, kunstvoll, wie Marmorskulpturen im Flussschlamm positioniert.

Schwerfällig drehte er sich zu seinen Leuten um, sein Kopf dröhnte von zu wenig Schlaf und zu viel Kaffee. Die choreografierte Pressekonferenz hatte ihm den Rest gegeben. Coopers politische Ambitionen hatten schon früher Ermittlungen erschwert, doch in diesem Fall konnte ihnen sein Ehrgeiz allen den Hals brechen. Müde ergriff er eine der vielen Tageszeitungen, die auf dem Tisch ausgebreitet lagen, hob sie herausfordernd.

»Sie haben jetzt nicht nur Fotos, sie haben ihm sogar einen Namen gegeben. Sie nennen ihn den Themse-Vampir!«

Seine Stimme war matt, unterdrückte Wut im Ausdruck. Er nahm sich Zeit, ließ den Blick über die Gesichter seines Teams schweifen.

»Kann mir bitte jemand – irgendjemand – sagen, wie zum Teufel die herausgefunden haben, dass die Körper der Opfer ausgeblutet wurden?«

Er schleuderte die Zeitung über den Schreibtisch vor sich, sodass sie Unterlagen mit sich zu Boden riss. Im selben Moment bereute er es. Die Stille im Raum hallte hinter seiner Stirn wider. Keiner im Raum wagte zu atmen. Solche unkontrollierten Handlungen sahen ihm gar nicht ähnlich. Er war der Ruhepol der Abteilung. Besonnenes, analytisches Vorgehen unter Druck, so hatte er Karriere gemacht. Die entsetzten, teils verlegenen Blicke einiger jüngerer Kollegen machten ihm deutlich, wie sehr er nicht mehr er selbst war. Die Älteren blickten ähnlich grimmig und frustriert wie er, wussten, was in ihm vorging. Es half nichts, jemand hatte die Information an die Presse verkauft. Jemand aus dem inneren Kreis, doch das war nun nicht mehr von Belang. Es gab Wichtigeres.

»Wenn ihr dachtet, dass wir bisher unter Druck von oben gestanden haben, dann freut euch: Dem war nicht so.« Seine Worte wurden bedrohlicher, als er weitersprach. »Der Bürgermeister hängt uns jetzt auch im Nacken. Das letzte Opfer, das nun nackt die Titelseiten aller Zeitungen ziert, war die Ehefrau seines Chefbankers. Die beste Freundin seiner Frau.«

Er atmete volltönig ein.

»Sollte das die Presse erfahren, werden Köpfe rollen, darauf könnt ihr euch verlassen!« Stephen beugte sich über den Tisch, fischte ein Dokument aus den Unterlagen und legte es obenauf: »Ach ja, keine freien Tage mehr, kein Urlaub, bis der Killer gefasst ist. Anweisung von ganz oben, bedankt euch dort.«

Die fassungslosen Gesichter der Anwesenden sprachen Bände, die Einstimmung hatte gesessen. Stephen war zufrieden. Nun konnte das Meeting beginnen.

22:35 Uhr. Julia zog die schwere Bürotür hinter sich zu. Dem Quietschen folgte ein dumpfer Knall, als sie ins Schloss fiel. Zeitgleich flackerten die Neonröhren des Ganges auf. Die Lichter gingen bei Bewegung an, schalteten sich wieder ab, sobald man den nächsten Bewegungsmelder aktivierte. Sie schnürte den Mantel enger, machte sich auf den Weg durch das leere Museum. Der Steinboden des langen Korridors warf ihre Schritte in die Tiefen der Archive im Kellergewölbe, diese antworteten verzögert. Sie war die Letzte, doch das störte sie nicht. Die Arbeit war ihr Leben. Ihre Berufung, das Einzige, was sie im Gleichgewicht hielt. Beinahe so, wie ihre Mutter es ihr immer wieder eingeprügelt hatte: ora et labora. Nur den ersten Teil hatte sie nie richtig verinnerlichen können.

Das Zwielicht hinter ihr gebar Chimären, die sie verfolgten, zu greifen suchten. Trugbilder, die sich im Lichtkegel der Lampen auflösten. Julia sah nichts Bedrohliches in ihnen, im Gegenteil, sie waren so wie sie, Schattengeschöpfe, die abseits der Menschen und ihrer Welt existierten. Und das war auch gut so, denn das Einzige, was man wirklich fürchten musste, war der Mensch, die Lektion hatte Julia schon in frühester Kindheit gelernt.

Die Notbeleuchtung wies ihr den Weg, begleitet nur vom gelegentlichen Surren der Überwachungskameras, die sie beobachteten. Sie winkte im Vorbeigehen. Ja, dies war der sicherste Ort überhaupt.

Der Raum der Sicherheitszentrale strahlte wie ein Leuchtturm im dunklen Eingangsbereich des Museums. Jetzt, da niemand außer der Nachtschicht da war, standen die Türen weit offen. Flackernde Überwachungsmonitore bedeckten eine ganze Wand. Oliver, ein Mann mit silbergrauem Bürstenhaarschnitt, saß konzentriert davor, überwachte mit Argusaugen die verschiedenen Abteilungen, suchte nach Unregelmäßigkeiten und verdächtigen Aktivitäten, auch wenn es schon seit Jahren keine mehr gegeben hatte. Für einen Mann Ende fünfzig war er außergewöhnlich fit, seine Haltung wirkte militärisch. Vier weitere Uniformierte, ein bunter Haufen im Alter zwischen dreißig und sechzig, saßen am Tisch in der Mitte des Raumes, warfen mit ausladenden Gesten und Gelächter Karten auf einen Stapel in der Mitte.

»Scheiß Rauchmelder. Verdammtes Rauchverbot. Ich könnte töten für ’ne Kippe«, knurrte John Lewis, ein dürrer Mann mit schütterem Haupthaar, dessen gelbliche Lederhaut seinen Zigarettenkonsum widerspiegelte. Er stopfte sich eine Handvoll Nikotinkaugummis zwischen die bräunlichen Zahnreihen. Sein Gegenüber, Mike, ein muskulöser Hüne, biss kopfschüttelnd von seinem Sandwich ab, nahm einen Schluck Wasser und spülte ihn grinsend hinunter: »Alter, du solltest dir was Ordentliches zwischen die Kiemen schieben, die Mumien in der Ägyptologie-Abteilung sehen ja bald frischer aus als du.«

Die Männer lachten, allen voran John selbst, bis er sich hustend an den noch harten Kaugummis verschluckte.

»Pass bloß auf, Grünschnabel, so gut wie ich durch das Nikotin konserviert bin, überlebe ich euch Gesundheitsfanatiker allemal«, krächzte er zurück.

»Gesundheitsfanatiker, aye?«

Grölendes Gelächter machte sich breit.

Nur einer hielt sich abseits, stand stumm mit dem Rücken am Türrahmen gelehnt. Freddie drehte sich kurz zu den fünf Männern im Raum um. Der untersetzte Körper bewegte sich dabei nicht, nur der Blick, der abschätzig über das Grüppchen schweifte, sich dann wieder dem Museumsfoyer zuwendete. Er war nicht wirklich Teil der Gang, wollte es auch gar nicht sein.

Er wartete auf sie.

Schnelle Schritte hallten von den Wänden. Julia sprang bereits die Treppen des Eingangsbereiches hinunter, direkt auf den großen Steinbogen des Haupttores zu, winkte nur kurz in Richtung Sicherheitsteam.

»Gute Nacht, Jungs.«

»Nacht, Miss Martyn«, schallte es zurück.

Einzig Freddie blieb stumm, die hängenden Wangen leuchteten fiebrig, blähten sich von Worten, die sich herauskämpfen wollten. Als sie vorbeieilte, versagte seine Stimme, lediglich die fleischige Unterlippe zitterte nervös. Julia lächelte in seine Richtung, als sie die Haupttür zu Füßen der Treppe erreichte, und deutete an, dass sie hinauswollte. Er nickte hektisch und deaktivierte den Alarm. Mit Mühe zwang er die Mundwinkel nach oben, winkte noch. Doch sie war schon draußen und sah seinen enttäuschten Blick nicht, als sie in die Nacht hinauseilte.

Die bodentiefen Fenster der Hochparterre-Wohnung des viktorianischen Reihenhauses in der Warwick Street strahlten einsam im Dunkeln. Stephen lehnte am Rahmen der Terrassentür, in der Hand eine heiße Tasse Tee. Die Bodenheizung arbeitete auf Hochtouren, doch die hohen Wohnzimmerdecken schluckten jegliche Wärme. Gedankenverloren blickte er auf den nächtlichen Park, der sich an seinen Patio-Garten anschloss. Gepflegter Rasen, alter Baumbestand, mit etwas Fantasie konnte man sich einreden, nicht in einer Millionenmetropole zu leben. Es erinnerte an zu Hause. Störend drängte sich ein toter Frauenkörper in seine Gedanken. Er nahm einen Schluck, kehrte in den Raum zurück. Cooper hatte Erwartungen geweckt, den Fokus auf ihn und sein Team gelenkt. Dank ihm saßen ihnen jetzt die Medien und die Öffentlichkeit im Nacken und würden jede Aktion mit der Lupe verfolgen. Sie würden die Gejagten sein, bis der Killer gefasst war. Und wenn etwas schiefging, würde er sie, ohne mit der Wimper zu zucken, der Presse zum Fraß vorwerfen. Ächzend sackte er auf die Couch. Die Befragung möglicher Zeugen dauerte noch an. Er konnte nichts tun. Wie in den letzten Wochen auch, wollte sich das süße Gefühl der Schwere, das den Schlaf ankündigte, nicht einstellen, egal was er tat. Das MacBook auf dem Tisch zwitscherte. Stephens Puls beschleunigte sich. Neue Spuren. Hobbs machte oft Nachtschichten, so wie er. In der Mailbox blinkte eine neue Mail.

Mein lieber Junge, ich hoffe, du schläfst schon, und ich störe dich nicht. Bitte mach dir jetzt keine Sorgen. Ich wollte dich nur wissen lassen, dass Vater gestürzt ist und sich den Knöchel gebrochen hat. Alles ist gut, wir sind eben aus dem Krankenhaus zurück. Er ist im Wald spazieren gegangen, wie so oft in letzter Zeit, und hat vergessen, dass er kein Jungspund mehr ist. Du kennst ihn ja. Er lässt sich nichts...