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Blood Destiny - Bloodmoon

Blood Destiny - Bloodmoon

Helen Harper

 

Verlag LYX, 2019

ISBN 9783736310056 , 318 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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4,99 EUR

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Blood Destiny - Bloodmoon


 

1


Dunkler Dunst wallte um meine Unterschenkel und stieg in die windstille Nachtluft auf. Irgendwo zu meiner Linken war ein Knurren zu hören, das mir ein Frösteln über den Rücken laufen ließ. In den schweißnassen Händen hielt ich silberne Wurfdolche, und quälende Hitze brannte in meinen Adern.

Rechts raschelte es. Ich warf einen kurzen Blick zu der dunklen Baumgruppe hinüber und verlagerte unmerklich das Gewicht, um mich dem zu stellen, was da kommen mochte. Wieder knurrte es, diesmal aus größerer Nähe; die Gefahr aus dem Wäldchen war nun drängender. Das Knacken und Rascheln von Ästen und Zweigen kündigte das Auftauchen der Bestie an, und meine Erwartung war so groß, dass meine Hände schwach grün leuchteten. Ich trat ein wenig beiseite, um einen besseren Blickwinkel zu bekommen.

Der Schmerz in meiner Schulter war nicht länger ein dumpfes Ziehen, sondern ein scharfes Stechen, und ich hatte Schwierigkeiten, die Dolche in den Händen zu halten. Dennoch ballte ich die Fäuste, ignorierte den Schmerz und wartete ab. Die Geräusche wurden lauter, und die hohen Eichen schwankten, während mein Feind sich seinen Weg bahnte. Etwas Rötliches schlich sich in mein Gesichtsfeld, und ich blinzelte mehrmals, um wieder klar zu sehen. Als das nichts half, schüttelte ich heftig den Kopf, doch auch das machte die Sache nicht besser.

Ich fluchte innerlich und duckte mich in der Hoffnung, das Geschöpf überraschen und einen Vorteil erlangen zu können, indem ich mich kleiner machte. Aber nein. Kurz bevor das Wesen den Waldrand erreichte, blieb es stehen, und die Wipfel der Eichen schwankten auf eigentümlich Weise. Aus dem Dunkel kam ein Schnaufen, und als ich den Blick hob, stellte ich fest, dass hoch über mir die Atemwolke meines Gegenübers schwebte – dieses Wesen war riesig.

Kurz standen wir einander reglos gegenüber und betrachteten uns still durch den Schleier der Nacht und der Baumschatten. Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf, doch ehe er klare Gestalt annehmen konnte, hatte ich ihn auch schon verdrängt. Worum es sich bei diesem Geschöpf auch handeln mochte: Es war gefährlich, und ich durfte mich jetzt nicht ablenken lassen.

Dann bewegte es sich mit einer lautlosen Anmut, die ich einem so großen Wesen nicht zugetraut hätte, und am Rand der Wipfel zeichnete sich ein Umriss ab. Da der rötliche Schleier meine Sicht weiter beeinträchtigte, konnte ich noch immer nicht erkennen, um was für ein Scheusal es sich handelte, obwohl nun ein großer Klauenfuß aus dem Schutz der Bäume glitt und auf den dunklen Boden vor mir trat. Die tödlichen Krallen schimmerten im Mondlicht.

Plötzlich durchzuckte Schmerz meine Schulter, und ich schrie unwillkürlich auf und ließ den linken Dolch fallen. Um die Waffe aufzuheben, war keine Zeit, da nun ein zweiter Riesenfuß neben den ersten trat. Langsam blickte ich nach oben und schätzte die Dimensionen meines Gegenübers ab. Die Kreatur war riesig – so riesig, dass ich den Kopf in den Nacken legen musste, um sie in den Blick zu fassen. Im nächsten Moment landete etwas auf meinem Gesicht. Ich hielt es für Speichel und wollte ihn angewidert mit der unbewaffneten Linken wegwischen, doch es war etwas anderes: Blut. Wieder blickte ich auf und bemerkte, dass dem Geschöpf etwas aus dem Maul hing. Ich verdrehte den Kopf, konnte aber nicht erkennen, worum es sich handelte. Als wollte das Wesen mir helfen, beugte es sich herab, damit ich die blutgetränkte Masse besser in Augenschein nehmen konnte.

Etwas Dunkles hing schlaff und leblos zwischen seinen Kiefern wie ein zerknülltes Ballkleid. Wer trug denn im Sommer so viele Sachen? Ich blinzelte erneut, erkannte ein wenig bleiche Haut und neigte den Kopf zur Seite, um mehr zu sehen. Um wen es sich bei dem unglücklichen Opfer auch handeln mochte – es war zweifellos tot, denn obwohl ich das Gesicht nicht erkennen konnte, stand der Hals doch in einem unnatürlichen Winkel vom Körper ab.

Ein weiteres Brüllen, das nun von hinten kam und bei dessen Stärke der Boden bebte, ließ mich zusammenfahren. Das Geschöpf vor mir wechselte Stand- und Spielbein und fixierte mich mit einem riesigen gelben Drachenauge. Ich beugte mich vor, zerrte an dem leblosen Geschöpf in seinem Maul und spürte die nasskalte Haut des Toten. Meine Bewegungen hatten das Wesen verwirrt, und es ließ die Leiche fallen, einen Mann, den Mund zu einem lautlosen Schrei geöffnet; seine Augen waren von einem unverwechselbaren Film überzogen. Es handelte sich um Thomas. Der Schmerz in meiner Schulter wurde stechender, der rötliche Schleier vor meinen Augen verwandelte sich in grelles Scharlachrot, und ich schrie auf.

In kalten Schweiß gebadet, schrak ich hoch. Ein Bettlaken hatte sich mir so um Leib und Beine geschlungen, dass ich mich kaum rühren konnte. Mit schmerzhaft hämmerndem Herzen lag ich einen Moment lang da, blinzelte die Tränen weg und schluckte vernehmlich. Dann riss ich mich zusammen, befreite mich aus dem feuchten Laken, stand auf, zog mir ein übergroßes T-Shirt an, tapste ins Bad, schaltete das Licht ein, fuhr angesichts der Helligkeit zusammen, öffnete den Hahn und schüttete mir kaltes Wasser ins Gesicht.

Dann nahm ich ein Handtuch, trocknete mein Gesicht und betrachtete mich im Spiegel. Ich hatte dunkle Ringe unter den Augen, die sich deutlich von meiner blassen Haut abhoben. Seufzend strich ich mir durch das nun fast schulterlange Haar und versuchte, nicht mehr an Thomas zu denken. Stattdessen bohrte ich mir die Fingernägel in die Handflächen, biss die Zähne zusammen und ging in die Küche.

Mein Mund war wie ausgedörrt, und so nahm ich den Orangensaft aus dem Kühlschrank und trank ihn in tiefen Zügen direkt aus der Packung, bis es unvermittelt laut an der Tür klopfte und ich mich verschluckte, ins Husten geriet und ziemlich viel Saft auf dem Boden verteilte. Mit dem Handrücken wischte ich mir den Mund ab, fluchte verärgert und nahm ein Handtuch, um die Bescherung aufzuwischen. Derweil klopfte es weiter, dringlicher sogar. Doch ich reagierte nicht.

Na los, Kätzchen, mach auf. Ich weiß, dass du da bist und nicht schläfst.

Ich fuhr damit fort, den in der halben Küche verteilten Saft aufzuwischen, und machte mir nicht die Mühe, auf die nervige mentale Stimme in meinem Kopf zu antworten.

Corrigans Hämmern wurde schneller und lauter und lieferte den Rhythmus zu einem inneren Zorngeheul, wie nur er es bei mir bewirken konnte. Ich wollte, dass er Leine zog, damit ich mich wieder ins Bett legen und endlich schlafen konnte.

Mackenzie …

In seiner mentalen Stimme lag nun etwas Mahnendes, das mich noch stärker aufbrachte. Für wen hielt er sich, dass er mitten in der Nacht hier auftauchte? Das Oberhaupt aller Gestaltwandler auf Erden hatte doch wohl Wichtigeres zu tun, oder nicht?

In der Wohnung über mir fiel eine Tür ins Schloss. Na prima – er hatte also die Nachbarn geweckt. Vor vier Tagen erst war ich eingezogen, und ich hatte wirklich nicht vorgehabt, sie so schnell zu verärgern.

Verschwinde, Corrigan. Ich versuche zu schlafen.

Tust du nicht.

Er klopfte nicht länger, sondern hämmerte mit der flachen Hand an die Tür, und es hätte mich nicht gewundert, wenn nun jemand die Polizei rufen würde. Ebenso empört wie erschöpft verdrehte ich die Augen, legte das Handtuch weg und ging zur Wohnungstür. Gerade wollte ich sie öffnen, da zersplitterte das Holz krachend, und ich machte einen Satz nach hinten, als die Tür aufknallte. Auf der Schwelle stand Corrigan und wirkte unglaublich zufrieden, während er sein gestrecktes Bein wieder auf den Boden setzte.

Ich musterte ihn entgeistert. »Sie haben meine Tür aufgetreten?«

Er grinste nur. »Ich musste mich davon überzeugen, dass dir nichts zugestoßen ist, Kätzchen. Du hast in meinem Kopf geschrien.« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Das war … beunruhigend.«

In seinem Kopf hatte ich geschrien? Also nach ihm gerufen, als der Albtraum mich in den Klauen hatte? Ich dachte kurz nach. »Moment mal. Ich bin erst vor fünf Minuten aufgewacht, und Sie wohnen am anderen Ende der Stadt.« Ich stemmte die Hände in die Hüften und musterte ihn mit zur Seite geneigtem Kopf. »Sie mögen schnell sein, Mylord, aber Superman sind Sie nicht. Warum treiben Sie sich hier rum?«

Corrigan hatte den Anstand, wenigstens leicht verlegen dreinzuschauen, kam aber um eine Antwort herum, weil sich oben eine Tür öffnete, schwere Schritte die schmale Treppe runterkamen und ein übergewichtiger Mann in blau gestreiftem Pyjama auftauchte, einen Cricketschläger in den Händen.

Damit drohte er Corrigan und polterte: »Was ist hier los?«

Das Oberhaupt der Bruderschaft hob abwiegelnd die Hände. »Nichts, Sir. Tut mir leid, falls ich Sie aufgeweckt habe.«

Mein Nachbar warf mir einen Blick zu, betrachtete die eingetretene Tür und fasste erneut Corrigan ins Auge. »Nichts, ja? Danach sieht mir das aber nicht aus. Belästigen Sie diese Dame?«

Ich empfand große Sympathie für meinen Nachbarn und räusperte mich. »Alles in Ordnung. Ich kenne den Mann. Er ist nur …« Ich verstummte. Ja, was denn? Jemand, der meine Tür eingetreten hatte, weil er ein WerPanther mit Kontrollwahn war?

Glücklicherweise war Corrigan zu so später Stunde geistesgegenwärtiger als ich und kam mir zur Hilfe. »Meine Freundin hier …«, er betonte das Wort so, dass es nicht misszuverstehen war, »… hat Diabetes. Weil sie nicht ans Telefon gegangen und nicht an die Tür gekommen ist, befürchtete ich, sie hätte einen Insulinschock.« Er...