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Wo Perfektionismus anfängt, hört der Spaß auf - Eine Anleitung zum Halblang machen

Wo Perfektionismus anfängt, hört der Spaß auf - Eine Anleitung zum Halblang machen

Benita Feller, Michael Brepohl

 

Verlag Humboldt, 2019

ISBN 9783869106793 , 160 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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18,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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Wo Perfektionismus anfängt, hört der Spaß auf - Eine Anleitung zum Halblang machen


 

WIE SIE DEN PERFEKTEN NORMALZUSTAND FINDEN


Im vorangegangenen Kapitel habe ich die Ursachen und Einflüsse ergründet, derentwegen wir uns nicht ausreichend perfekt fühlen. Sie wissen nun, wie die Perfektionsfalle funktioniert. Um aus ihr herauszufinden, stelle ich Ihnen hier handfeste Techniken und Übungen vor und gebe Ihnen Tipps an die Hand, wie Sie etwas für Ihr Wohlgefühl tun können.

Innere und äußere Ebene


Ich unterscheide bei jedem Menschen eine innere und eine äußere Ebene. Das Innere ist Ihr Selbst. Hier sind Ihr Charakter, Ihre Wünsche und Ihre Bedürfnisse verortet. Auch Ihr Körper gehört dazu. Die äußere Ebene sind die Menschen, die Sie umgeben, die Gemeinschaft, in der Sie leben und arbeiten, Ihre Umwelt.

Es gilt, zwei Bilder zu differenzieren: das Innere, das Ihre eigene Meinung über Sie zum Ausdruck bringt: wie Sie zu sich stehen, was Sie über sich denken, wie Sie über sich urteilen. Und das Äußere, das das Bild Ihrer Umgebung widerspiegelt: wer wie auf Sie reagiert, alles, was Sie im Außen wahrnehmen.

Das innere Bild ist wichtig, um mit sich selbst in Einklang leben zu können, denn nur Sie können hier hineinfühlen, nur Sie können sich hier gut oder schlecht behandeln. Im Außen gehen Sie in Kontakt mit anderen. Das Außen reagiert auf Sie. Manchmal positiv, manchmal negativ, immer aus seiner subjektiven Welt heraus. Sie können sich davon inspirieren lassen, was die anderen davon halten oder wie sie mit bestimmten Situationen umgehen. Das kann spannend und bereichernd sein, aber auch anstrengend, wenn man das Bedürfnis hat, ständig das Außen zu bedienen und zufriedenzustellen.

Diese zwei Welten wollen wir genauer untersuchen. Die Technik, die Ihnen dabei helfen soll, ist die von mir entwickelte Blasentechnik. Wer mein Buch „Lebe lieber selbstbestimmt” gelesen hat, kennt sie schon, trotzdem lohnt es sich auch dann, diesen Teil gründlich zu studieren, denn hier kommen ganz neue Aspekte zum Tragen.

Jeder von uns lebt in einer buntschillernden, beweglichen Blase.

Die innere Ebene: Wie stehe ich zu mir?


Im Zentrum unserer Persönlichkeit steht unser Selbstwertgefühl, unsere Selbstachtung, unser Selbstbewusstsein. Dieses Gesamtbündel nenne ich die inneren Strukturen. Wer sich mit seinen ganzen individuellen Eigenschaften annehmen kann, mit allen Fehlern und Unvollkommenheiten, der schätzt sich wert und braucht keinem Ideal hinterherzulaufen, das er ohnehin nur in den seltensten Fällen erreichen kann.

Um diese inneren Strukturen zu stärken, müssen Sie als Erstes Ihr Selbstbewusstsein aufbauen. Selbstbewusstsein heißt, Sie werden sich bewusst: Wer bin ich? Was gefällt mir? Sie geben Ihren ganzen Gefühlen und Seiten in sich eine Chance, gesehen zu werden. Sie schenken ihnen Beachtung und schätzen sie dadurch wert. Die folgenden Übungen sollen Ihnen dabei helfen, sich rückhaltlos annehmen und schätzen zu lernen.

Unser Bild nach innen: Wie sieht unser Blick nach innen eigentlich aus? Wie gehen wir mit uns um?

Richten Sie zunächst Ihren Blick ganz auf sich selbst, um herauszufinden, wer Sie sind und was Sie ausmacht. Grundsätzlich gilt: Je mehr Sie sich Ihrer selbst bewusst werden, sich also mit all Ihren Seiten, Gefühlen, Interessen und so weiter wahrnehmen können, desto mehr haben Sie die Chance, Ihr ganzes Selbst zu sehen und nach und nach anzunehmen und dadurch auch zu wertschätzen. Nur so können Sie erkennen, was Ihnen guttut und was Ihr Leben bereichert.

Wer im engen Dialog mit sich selbst steht, achtet viel bewusster auf die Dinge, die er tut, und erkennt klar, was gut für ihn ist. Sich mit sich selbst zu beschäftigen klingt erst einmal gar nicht so kompliziert. Doch gerade das fällt uns unendlich schwer. Unser Selbstbild beruht sehr oft nur auf den Urteilen anderer, manchmal haben wir gar keine eigene Meinung von uns selbst.

Manchmal haben wir aber auch Angst, richtig hinzuschauen. Denn es kann schmerzhaft sein, sich intensiv mit sich zu beschäftigen, besonders mit Seiten, die man nicht an sich mag oder womöglich sogar hasst. Und die man schon deshalb ganz, ganz weit nach hinten verdrängt hat. Hier ist es wichtig, sich diesen Seiten langsam anzunähern und sich mit all seinem Inneren, aber auch mit seinem Körper auszusöhnen und sich anzunehmen, so wie man ist. Auch wenn man vielleicht nicht alles gleich lieben kann. Das ist okay! Allein das Annehmen bringt uns uns selbst näher.

Die Blasentechnik


Darum bildet in meiner Arbeit in den meisten Fällen die Festigung der inneren Strukturen das Fundament für eine erfolgreiche Behandlung. Immer wieder dreht es sich um genau diese Themen, egal ob es sich um Burn-out, Angst, Panik oder Schlafstörungen, psychosomatische Beschwerden oder anderes handelt. Ich habe festgestellt, dass das Ganze für viele anfangs nicht greifbar ist und sie zunächst Schwierigkeiten haben, ihre inneren Strukturen zu festigen. Darum habe ich mir eine Menge Gedanken dazu gemacht, was ich meinen Klienten mitgeben kann, etwas Greifbares, damit sie im Alltag noch besser experimentieren, Veränderungen spüren und neue Erfahrungen machen können, um immer mehr zu sich selbst zu kommen.

Und so habe ich im Laufe der Jahre meine besondere Technik entwickelt, die sich als voll alltagstauglich erwiesen hat: Man kann sie praktisch überall anwenden, und genau das war mir wichtig. Die Sache sollte nicht nur bei mir in der Praxis funktionieren, sondern nach Möglichkeit überall. Eine Technik, die ich Ihnen an die Hand gebe und die Sie mitnehmen, um in Ihrem Alltag damit zu experimentieren.

Mut zur Veränderung wird belohnt.

Für mich und meine Klienten ist das der archäologische Teil unserer Arbeit, denn hierbei geht es darum, lang verschüttete Gefühle und Bedürfnisse auszuloten und freizulegen. Und das kann sehr spannend für beide Seiten sein: Es ist schön, wenn man sich selbst überraschen kann, indem man immer mehr neue Seiten an sich entdeckt. Denn es ist ein Prozess, und wir verändern uns über die Zeit. Ein lebendiger Prozess der Veränderungen!

Wenn es Ihnen gelingt, Ihr Selbst zu ergründen, werden Sie sich Ihrer selbst immer mehr bewusst und kommen zu einer ganz neuen Stärke und einem neuen Selbstwertgefühl. Damit das einfacher gelingt, habe ich die Blasentechnik entwickelt. Die Übungen helfen Ihnen, sich besser wahrzunehmen, sich zu erkennen und zu Ihrem Außen einen gesunden Abstand zu entwickeln. Viele Klienten sind überrascht, wenn sie herausfinden, was alles an Potenzialen in ihnen steckt. Nicht selten habe ich erlebt, dass Klienten ihr Leben noch einmal aus einer ganz anderen Sichtweise betrachten und grundlegende Dinge ändern, beispielsweise ihren Beruf wechseln.

Es ist nie zu spät für einen Neustart!

Die folgenden Übungen unterstützen Sie dabei, sich selbst zu entdecken, sich mit allen Seiten und Gefühlen zu erkennen und sich mit allem, was Sie ausmacht, auszusöhnen. Nur so kann man in einen harmonischen Einklang mit sich selbst kommen und in alltäglichen und nicht ganz so alltäglichen Situationen immer bei sich selbst bleiben. Diese Übungen helfen nicht nur Menschen, die an einer Angststörung leiden oder vom Burn-out bedroht sind, von ihnen kann wirklich jeder profitieren.

Was macht mich aus?


Als Erstes müssen wir uns bewusst machen, dass uns unendlich viel mehr ausmacht, als es beim Blick in den Spiegel den Anschein haben mag. Was uns ausmacht, ist ja nicht nur unsere äußerliche Hülle, der Körper. Da ist die Persönlichkeit, die sich dahinter verbirgt. Unser Charakter, die Gene, die uns geprägt haben, der Schatz unserer Erfahrungen, die Wünsche, die uns bewegen. Und dann sind da die vielen Rollen, die wir im Leben ausfüllen und zwischen denen wir ständig hin und her wechseln. Mal sind wir Kollege oder Kollegin, Freund oder Freundin, Mutter oder Tochter, Kind oder Erwachsene. In der Paartherapie kann ich immer wieder beobachten, wie Menschen innerhalb von Sekundenbruchteilen von einer Rolle in die andere übergehen. Gerade war der Mann noch der besorgte Familienvater, dann wird er wegen einer Bemerkung zum verletzlichen Kind. All das ist Teil von uns, und wie sagte schon der griechische Philosoph Aristoteles: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.”

Fangen wir also mit der ersten Übung zu meiner Blasentechnik an!

Jeder Mensch wird von seiner eigenen Blase umgeben.

Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und setzen oder stellen Sie sich so hin, wie es Ihnen am bequemsten ist. Jetzt stellen Sie sich vor, dass Sie von einer durchsichtigen, bunt schillernden, zarten und ganz flexiblen Seifenblase umgeben sind, die alle Turbulenzen unbeschadet übersteht. Sie können Ihre Hände zu Hilfe nehmen und sie symbolisch mit den Händen um sich herumziehen. Vielleicht können Sie die Seifenblase sogar mit den Händen spüren. Lassen Sie sich ruhig etwas Zeit, um sich mit Ihrer Blase vertraut zu machen.

Wenn Sie die Blase ausgiebig visualisiert haben, nehmen Sie sich ein weißes Blatt und einen Stift und fertigen Sie eine...