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Marc Aurel - Der Kaiser und seine Welt

Marc Aurel - Der Kaiser und seine Welt

Alexander Demandt

 

Verlag Verlag C.H.Beck, 2019

ISBN 9783406737206 , 610 Seiten

2. Auflage

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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24,99 EUR

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Marc Aurel - Der Kaiser und seine Welt


 

Tu regere imperio populos, Romane, memento!

VERGIL

I

DAS IMPERIUM
ROMANUM


a. Von der Republik zum Kaiserreich – b. Die Befugnisse des Kaisers – c. Absolutismus? – d. Repräsentation und Titel – e. Der Kaiserkult – f. Zentralverwaltung und Hofpersonal – g. Kaiserin, Familie und Nachfolge – h. Der Senat – i. Das Heer – j. Rekrutierung – k. Außenpolitik – l. Senatorische Laufbahn – m. Ritterliche Laufbahn – n. Rom und Italien – o. Provinzialverwaltung – p. Die Städte – q. Sonderfall Ägypten – r. Die Domänen – s. Sprachen und Völker – t. Religionen – u. Sieben Stände – v. Sklaven und Freigelassene – w. Die Frauen – x. Die Wirtschaft – y. Pax Romana – z. Die Kaiser vor Marcus

a. Von der Republik zum Kaiserreich


Das Römische Reich, dessen Herrschaft Marc Aurel am 7. März 161 n. Chr. übernahm, war das größte und dauerhafteste Staatswesen, das Europa bis dahin gesehen hatte. Es umfaßte Territorien – ganz oder teilweise – von dreißig modernen Staaten. In Jahrhunderten durch Kriege und Verträge gewachsen, erstreckte es sich nach den Siegen über die punische Seemacht Karthago im 3. Jahrhundert v. Chr. und über die hellenistischen Landmächte im 2. Jahrhundert vom Atlantik bis zum Roten und zum Schwarzen Meer. Die republikanische, von dem Historiker Polybios um 150 v. Chr. in seinem sechsten Buch beschriebene und bewunderte Verfassung des Stadtstaates Rom reichte dafür nicht mehr aus. Die Kontrolle der Provinzen erforderte und ermöglichte eine Militärmacht, deren Führer sich dem Senat, aus dem sie hervorgegangen waren, nicht mehr unterwarfen. Auch die Legionen fühlten sich nicht mehr dieser hohen Körperschaft, sondern ihrem Feldherrn verpflichtet. Es kam zu Bürgerkriegen zwischen ihnen, zwischen Marius und Sulla, Caesar und Pompeius, Brutus und Octavian, bis letzterer durch seinen Seesieg über Marc Anton und Kleopatra am 2. September 31 v. Chr. bei Actium seine Alleinherrschaft begründete.

Octavian hatte als neunzehnjähriger Großneffe und Adoptivsohn Caesars nach dessen Ermordung an den Iden des März 44 v. Chr. das Erbe übernommen und zielbewußt auf eine Monarchie hingearbeitet, wie sie alle Flächenstaaten der Antike besaßen. Augustus – so seit 27 v. Chr. – hat eine Staatsform begründet, die zwar die republikanischen Institutionen weitgehend beibehielt, aber den Vorrang des neuen princeps senatus – des Ersten der Senatoren – behauptete. Er sicherte das von Caesar gewonnene Gallien durch die Rheingrenze, die Ostgebiete durch eine Demonstration am Euphrat. Er annektierte Ägypten, eroberte die Gebiete südlich der Donau und überwand die Widerstände in Spanien.[1]

b. Die Befugnisse des Kaisers


In seinem testamentarischen Tatenbericht, dem inschriftlich erhaltenen Monumentum Ancyranum, behauptet Augustus, die Freiheit der Republik wiederhergestellt zu haben. Tatsächlich lautet der Staatsname bis über Justinian hinaus res publica Romana, nie imperium Romanum.[2] Gleichwohl sind die monarchischen Intentionen des Augustus unverkennbar. Sie spiegeln sich in der Ämterkumulation, in der Nachfolgepolitik und in der Repräsentation. Augustus hat nie versucht, als altrömischer Dictator oder als hellenistischer König zu regieren, sondern hat sich mit einem Flickenteppich von Amtsvollmachten begnügt, deren jede verfassungsgemäß war, die aber verfassungswidrig erweitert, gebündelt und auf Dauer gestellt wurden und so in der Summe eine Monarchie ergaben.[3] Die republikanischen Magistrate außer dem Censor wurden daneben weiterhin bestellt, aber sie alle überragte der Kaiser an auctoritas.[4]

Sehen wir ab von vorübergehend ausgeübten Vollmachten, so bleiben als dauernde Machtgrundlagen übrig: imperium consulare (Amtsmacht des Konsuls) und tribunicia potestas (Amtsmacht des Volkstribunen). Konsulat oder imperium proconsulare maius (größere konsulare Amtsmacht) bedeuteten Verfügungsgewalt über das Heer und die Provinzen, in denen Legionen standen. Hier übte Augustus eine Militärmonarchie aus, hier war er höchster Richter und oberste Appellationsinstanz. Die von ihm seit 23 v. Chr. jährlich fortgeschriebene tribunicia potestas[5] war wichtig für die Unverletzlichkeit (sacrosanctitas) und für die Macht in der Stadt Rom. Als Patrizier mußte der Kaiser die Funktion vom Amte des Tribunen lösen, denn dieser hatte stets Plebejer zu sein.[6] Bei der Übertragung der Kaisergewalt wurden bis ins 3. Jahrhundert imperium proconsulare und tribunicia potestas getrennt aufgeführt.[7] Ein drittes Kaiserrecht war die Bestimmung der ersten fünf Tagesordnungspunkte des Senats (ius quintae relationis).[8] Übertragen wurden die Amtsbefugnisse formal von Senat und Volk, doch fanden seit Tiberius keine Volksversammlungen mehr statt, der Senat vertrat sie. Die Truppen riefen den neuen Herrscher zum imperator aus (acclamatio), der Senat ernannte den neuen Kaiser zum Patrizier, damit zum Senator[9] und legitimierte ihn so. Gegenkaiser galten als Usurpatoren, bis sie sich durchgesetzt hatten, so Vespasian, Septimius Severus, Diocletian und Julian. Mit dem Kaiseramt verbunden blieb das schon von Caesar bekleidete Amt des Pontifex Maximus, das Augustus nach dem Tode des Lepidus 12 v. Chr. übernahm.[10]

Augustus hat sich alle staatlichen Befugnisse einzeln durch Senat und Volk übertragen lassen. Seinen Nachfolgern wurden durch Senatsbeschluß – nolens volens – jeweils dieselben Rechte zugebilligt. Das ergibt sich aus der ‹Lex de imperio Vespasiani›.[11] Sie enthält zugleich die «Dispositionsklausel», die dem Kaiser alles zu tun gestattete, was ihm im Sinne des Staates (ex usu rei publicae) notwendig schien. Daß der Kaiser durch seine Autorität regierte, zeigt sich darin, daß bei seinen Amtshandlungen nie dazugesagt wird, aufgrund welcher speziellen magistratischen Kompetenz sie erfolgten. Er verkörperte die maiestas populi Romani[12], darum wurde die Herabsetzung seiner Würde als crimen laesae maiestatis (Majestätsbeleidigung) geahndet.[13]

c. Absolutismus?


Als Inhaber der delegierten Souveränität und Gesetzgeber[14] war der Kaiser nicht an die Gesetze gebunden: princeps legibus solutus.[15] Von einem guten Kaiser wie Trajan sagte sein Lobredner Plinius[16] allerdings: non est princeps super leges, sed leges super principem (nicht steht der Princeps über dem Gesetz, sondern das Gesetz über dem Princeps). Streit zwischen dem Fiskus und den Bürgern wurde nicht auf dem Verwaltungswege, sondern vor Gericht entschieden,[17] dabei sei der Fiskus bisweilen unterlegen.[18] So stand der Kaiser unter dem Recht, aber es gab keinen Richter über ihm. Wenn er gegen Recht und Sitte verstieß, mußte er mit Verschwörungen rechnen. Tyrannenmord wird in der politischen Ethik der Antike nicht nur geduldet, sondern gefordert. Die reale Machtbasis des Kaisers war der Oberbefehl über das Heer, das er bezahlte. Er war stets der reichste Mann im Staat. Seine Einnahmen flossen aus seiner «Privatprovinz» Ägypten und aus den Steuern der kaiserlichen Provinzen. Aus dem fiscus Caesaris zahlten die Kaiser den Sold und die Veteranenabfindungen.

d. Repräsentation und Titel


Monarchisch war die Repräsentation.[19] In der Öffentlichkeit erschien der Kaiser als Triumphator[20] mit Purpurmantel und Lorbeerkranz, so schon Caesar.[21] Die Strahlenkrone gibt es nur auf bestimmten Münzen, so auch bei Marcus, sie wurde nicht getragen. Auf dem «palatinischen» Hügel, lateinisch Palatium, in Rom,[22] wo Romulus gewohnt haben soll,[23] residierte Augustus.[24] Hier erbaute Domitian (81 bis 96) den «Palast».[25] Augustus (27 v. Chr. bis 14 n. Chr.) imitierte mit seinem Mausoleum das Grab Alexanders des Großen (336 bis 323) und wählte als Ort den campus Martius (das Marsfeld), wo auch die römischen Könige bestattet worden...