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Kopf zerbrechen oder dem Herzen folgen? - Wie Sie gute Entscheidungen treffen - am Beispiel von 10 wichtigen Lebenssituationen

Kopf zerbrechen oder dem Herzen folgen? - Wie Sie gute Entscheidungen treffen - am Beispiel von 10 wichtigen Lebenssituationen

Patricia Küll, Jörg B. Kühnapfel

 

Verlag Gabal Verlag, 2020

ISBN 9783956239106 , 216 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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16,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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Kopf zerbrechen oder dem Herzen folgen? - Wie Sie gute Entscheidungen treffen - am Beispiel von 10 wichtigen Lebenssituationen


 

Was ist ein »Herz-Mensch«?

Um es an dieser Stelle gleich vorwegzunehmen: Herz, Bauch, Gefühle, Intuition – das ist für mich nicht dasselbe, aber doch das Gleiche. Es ist alles das, was nicht aus dem Kopf kommt. Ob es aus den Gefühlen, dem Bauch, dem Herzen oder dem kleinen Finger kommt (ja, auch dort können wir manchmal spüren, ob der Weg, den wir einschlagen wollen, der richtige ist), macht für mich keinen Unterschied.

Was ist ein »Kopf-Mensch« und was ein »Herz-« bzw. »Bauch-Mensch«? Und was sind Sie? Ich selbst war lange ein sogenannter »Kopf-Mensch«, habe Entscheidungen danach getroffen, ob sie gut für den Lebenslauf sind, ob ich damit andere beeindrucken oder ihre Erwartungen erfüllen kann, ob ich damit Geld verdienen kann. Die Frage, ob mich die Entscheidung glücklich macht, stellte ich mir lange nicht. Das kann man so machen, keine Frage, aber wirklich zufrieden wurde ich in meinem Leben erst, als ich gelernt hatte, auf meinen Bauch zu hören. Mein Coach-Ausbilder Dr. Klaus Biedermann sagte einmal während der Ausbildung: »Der Kopf ist ein guter Ratgeber, wenn es darum geht, Rechnungen zu bezahlen. Ansonsten hört ihr besser auf euren Bauch.« Denn unserem Bauch geht es nicht ums Geldverdienen oder um Prestige, ihm geht es darum, dass sich eine Entscheidung gut anfühlt. Denn wenn sie das tut, dann wird uns das Ergebnis auch zufrieden machen.

Gerade haben mein Kopf und mein Bauch wieder ein kleines Geplänkel geführt. Ich habe seit einigen Jahren einen Lehrauftrag an der Hochschule in Koblenz. Das bringt nicht viel Geld, aber Renommee und Freude. Ich darf den Studierenden zeigen, wie man Texte schreibt, die zum Vortragen gedacht sind, und wie man diese dann präsentiert. Das hat mir lange wahnsinnig viel Spaß gemacht. Nun merke ich in diesem Semester, dass mir die Fahrt von Mainz nach Koblenz lästig wird und insgesamt meine Freude auf der Strecke bleibt. Das passiert mir manchmal, wenn etwas keine Herausforderung mehr ist, sondern zur Routine wird. Also sagte mein Bauch: »Dann lass es bleiben und such dir eine andere Herausforderung.« Mein Kopf hielt sofort dagegen mit den Argumenten, dass ein Lehrauftrag schon etwas Besonderes sei, dass es genügend Menschen in meinem Umfeld gäbe, die gern einen hätten, und schließlich bringe ein Lehrauftrag auch ausreichend Anerkennung mit sich. Früher hätte ich mich den Kopfargumenten ganz bestimmt gebeugt und mit wenig Freude weitergemacht. Heute verstehe ich es besser, mich selbst glücklich zu machen. Nach zwei Tagen, an denen ich mit lieben Menschen und vor allem mit mir selbst darüber diskutiert hatte, kündigte ich den Job. Und es fühlte sich so erleichternd an. Klar, die Argumente meines Kopfes stimmen alle, aber das Bauchargument, dass ich ohne diesen Lehrauftrag zufriedener bin, wiegt viel schwerer.

Ich bin also ein überzeugter »Aus dem Bauch«-Entscheider – in beruflichen Dingen, in Liebesangelegenheiten und zum Teil sogar bei finanziellen Fragen. Ich wünschte, ich hätte in finanziellen Dingen auch schon früher auf meinen Bauch gehört, dann hätte ich mir den Kauf der T-Aktie nämlich erspart. In dem Moment, in dem ich den Kaufvertrag bei meiner Bank unterschrieb, zogen in meinem Bauch dicke Gewitterwolken auf und es gab ein Donnerwetter, das man nicht überhören konnte. Ich hörte und fühlte es auch, aber ich war damals noch ein Kopf-Mensch – und unterschrieb. Das hat mich eine Stange Geld gekostet. Prof. Kühnapfel wird an dieser Stelle vermutlich verzweifelt den Kopf schütteln, denn er als Kopf-Mensch und Wirtschaftswissenschaftler wird vermutlich nie, wirklich niemals finanzielle Angelegenheiten aus dem Bauch heraus entscheiden. Damit ist er in guter Gesellschaft. Bei einer repräsentativen Umfrage der GfK Marktforschung Nürnberg im Auftrag der »Apotheken Umschau« (zitiert im Focus 47/2018, S. 86) gaben 81 % der Befragten an, sich bei wirklich wichtigen Entscheidungen bewusst auf den Verstand zu verlassen und nicht aus dem Bauch heraus zu entscheiden. »Nur« in Liebesdingen oder bei der Partnerwahl treffen 87 % derselben Befragten ihre Entscheidungen aus dem Bauch heraus.

Die Intuition – jeder hat sie,

nur wenige erkennen sie

Ein Großteil der Menschen glaubt also, weitgehend rationale Entscheidungen zu treffen. Ich schreibe bewusst »glauben«, denn in Wirklichkeit ist es nicht ganz so. Dazu gleich mehr. Aber vor diesem Hintergrund haben es überzeugte »Bauch-Entscheider« schwer in dieser von Vernunft bestimmten Welt. Man wird oft nicht für voll genommen. Gerade im Business-Kontext. Wenn bei uns einer seinen gut dotierten Job aufgibt, um seinem Herzenswunsch zu folgen, reagiert das Umfeld oft mit Unverständnis. Ob man sich über die Folgen bewusst sei? Und was denn eigentlich dahinterstecke? Ein (großer) Teil der Bevölkerung sieht einen radikalen Berufswechsel als Niederlage oder Scheitern an. Der (kleinere) Teil seufzt und beneidet die, die sich getraut haben, ihrem Bauch zu folgen.

Dabei kann das jeder: seinem Bauch und seinen Gefühlen folgen. In ganz vielen Fällen tun wir das ohnehin – ohne viel darüber nachzudenken. Seriöse Wissenschaftler schätzen, dass wir jeden Tag ungefähr 20.000 Entscheidungen treffen. Wenn wir über jede einzelne nachdächten, würden wir bald wahnsinnig werden und kämen zu nichts mehr. Und so treffen wir ohnehin von morgens bis abends unbewusste Entscheidungen: Brötchen oder Müsli? Weißes oder blaues Hemd? An der Ampel halten oder doch noch Gas geben? Viele dieser Blitzentscheidungen treffen wir unbewusst und ganz nebenbei. Komplizierter wird es bei Entscheidungen, die bedeutende Folgen mit sich bringen. Welchen Beruf ergreift man? Wen erwählt man zu seinem Lebenspartner? Wo lässt man sich häuslich nieder? Solche Entscheidungen schüttelt man nicht aus dem Handgelenk. Die wollen – wie der Volksmund so schön sagt – wohl überlegt sein. Und genau an diesem Punkt machen sich viele unglücklich. Weil sie überlegen, welcher Job der richtige für sie wäre. Eine Kopfentscheidung, die viele andere Kopfentscheidungen nach sich zieht. Dort, wo man in diesem Beruf einen Job bekommt, dort schlägt man Wurzeln. Ob man den Menschenschlag dort mag oder nicht. Ob einen die Landschaft deprimiert oder nicht. Ob man sich dort wohlfühlt oder nicht. Da darf man sich nicht wundern, wenn die Lebensfreude und Zufriedenheit irgendwann einmal ausziehen.

Gerade in den wichtigsten Fragen unseres Lebens sollte man vor allem darauf achten, wie sich die Entscheidung anfühlt. Nicht, welchen Nutzen wir davon haben, sondern ob sich ein Lächeln auf unsere Lippen schleicht, ob sich Erleichterung breitmacht, ob unser Herz vor positiver Aufregung hüpft, ob es sich in unserem Inneren so anfühlt, als hätten wir gerade nach ein paar Fastentagen unser Lieblingsgericht vorgesetzt bekommen. Genau das sind die Signale, auf die Sie achten sollten. Denn tatsächlich gibt uns unser Körper eindeutige Hinweise darauf, ob uns die Entscheidung zufrieden machen wird oder nicht.

Leider haben viele Erwachsene keinen guten Draht zu ihrer Intuition. Kinder haben es von Natur aus, viele verlernen es aber im Laufe der Jahrzehnte. Doch nur weil etwas einmal weg ist, heißt es nicht, dass man die Kommunikation damit nicht wieder aufnehmen kann. Dafür bedarf es etwas Achtsamkeit. Sie könnten bei kleineren Entscheidungen mit dem Üben beginnen, indem Sie den leisen Tönen Ihres Körpers Beachtung schenken. Anfangs ist das nicht einfach, weil bei Kopf-Menschen die Gedanken überlaut sind. Ich habe es geschafft, indem ich abends im Bett die einzelnen Entscheidungen des Tages noch einmal habe Revue passieren lassen. Und dabei nachgefühlt habe, was mein Körper in diesem Moment signalisiert hatte. Und er hatte immer Signale gesendet. Einmal ein paar Blitzer im Bauch. Ein anderes Mal weiche Knie. Oder Herzrasen. Die Kunst ist es, diesen Signalen Beachtung zu schenken. Indem ich abends im Bett diesen Botschaftern nachfühlte, konnte ich sie nach und nach auch tagsüber besser spüren.

Der inneren Stimme Gehör schenken

Es gibt noch eine andere Möglichkeit, seine innere Stimme besser hörbar zu machen: das Focusing. Diese Methode wurde von Prof. Eugene Gendlin an der Universität von Chicago entwickelt. Es gibt Coaches, die einem das Focusing näherbringen, und Bücher, die einen Schritt für Schritt dazu anleiten. Die innere Stimme (wieder) laut werden zu lassen, bedarf etwas Übung, ist aber kein unmögliches Unterfangen. Im Gegenteil. Und es lohnt sich. Denn die »innere Stimme«, die Intuition, das Bauchgefühl ist in uns allen angelegt. Auch bei den Menschen, die »glauben«, sie würden vor allem rational entscheiden. Dabei hat das Bewusstsein bei vielen Entscheidungen viel weniger zu sagen als das Unbewusste. Diese Erkenntnis ist nicht unbedingt neu, auch wenn sich die Gehirnforschung in den letzten Jahren verstärkt mit dem Thema beschäftigt. Doch schon der Vater der Psychoanalyse, Sigmund Freud, wies darauf hin, dass wir Menschen nicht allein vom Bewusstsein gesteuert werden. Unsere Entscheidungen und damit auch unser Handeln würden – so Freud – sehr stark vom Unbewussten beeinflusst. Freud lehnte sich mit dieser These zu seiner Zeit weit aus dem Fenster, denn das Ideal der westlichen Welt war seit der Aufklärung im 18. Jahrhundert ein anderes: Demnach war der Mensch ein Verstandeswesen. Anders als ein Tier verfügte der Mensch über Bewusstsein und einen freien Willen. Zu Freuds Zeiten waren seine Thesen noch nicht messbar, mittlerweile sieht das anders aus. Die Gehirnforschung kann heute das Gehirn sozusagen beim Denken beobachten. Heute weiß man, dass tatsächlich nur ein kleiner Teil aller Vorgänge im Gehirn ins Bewusstsein vordringt. Das meiste, das uns beschäftigt, regelt das Gehirn...