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Nur du bist meine Leidenschaft

Nur du bist meine Leidenschaft

Ally Blake

 

Verlag CORA Verlag, 2020

ISBN 9783733713881 , 144 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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2,49 EUR

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Nur du bist meine Leidenschaft


 

1. KAPITEL

Cormac Wharton saß auf dem Kofferraumdeckel seines Oldtimers, die Füße auf die Stoßstange gestützt. Geduldig sah er seiner Hündin Novak dabei zu, wie sie den Stock holte, den er gerade für sie geworfen hatte. Nicht zum ersten Mal während der langen Zeit, die er nun schon wartete.

Gerade hatte er ein leises Motorengeräusch von der Hauptstraße her gehört, die hinter der hohen Hecke des Anwesens, lag. Doch der Wagen war weitergefahren, ohne in die kiesbestreute Einfahrt abzubiegen.

Er war Trauzeuge seines besten Freunds, Grayson Chadwick, und es ging um Grays Hochzeit, also musste er geduldig sein. Freundschaft war das Stichwort. Loyalität. Respekt. Balance. Zuverlässigkeit. Die Pfeiler, auf denen man ein erfolgreiches Leben aufbauen konnte.

Harper Addison – die Trauzeugin der Braut, auf die Cormac seit mehr als vierzig Minuten wartete – schien das anders zu sehen.

Es waren nur noch ein paar Tage bis zur Hochzeit, und Harper hatte sich endlich bequemt, in ein Flugzeug zu steigen. Allerdings hatte sie sich nicht dazu herabgelassen, jemandem mitzuteilen, wann sie ankam, bis sie längst gelandet war. Und statt darauf zu warten, dass jemand sie in Melbourne abholte, hatte sie sich ein Auto gemietet, um die Küste entlang bis nach Blue Moon Bay zu fahren.

Lola, die zukünftige Braut, hatte gesagt, es machte ihr nichts aus, dass sie nicht wusste, wann ihre Schwester ankommen würde. Sie hatte Verständnis dafür, wie viel Harper beruflich zu tun hatte.

Cormac wusste es besser. So etwas sagte man nur, um Familienkrach zu vermeiden.

Pfoten auf Kies kündigten Novaks Rückkehr an. Vor Cormac blieb sie hechelnd stehen, den Stock im Maul. In ihren großen dunklen Augen standen Bewunderung und Vertrauen.

„Braves Mädchen“, sagte Cormac, und Novak ließ den feuchten Stock in seine Handfläche fallen.

Als Cormac wieder die Einfahrt hinunterschaute, sah er ein unbekanntes Auto um die Ecke biegen.

„Na endlich“, murmelte er, stützte sich von der Motorhaube ab und stand auf.

Kein Mietwagen. Eine schwarze Limousine mit getönten Scheiben samt Fahrer. Für die anderthalbstündige Fahrt war das schon fast dekadent, selbst nach den Maßstäben von Blue Moon Bay, wo die Leute mehr Geld hatten als Verstand.

Was sagte das über Harper Addison aus?

Cormac versuchte, sich ein Bild von ihr in Erinnerung zu rufen.

Sie war ein oder zwei Jahrgänge unter ihm an der Highschool gewesen. Hatte sie nicht immer unten an der Treppe gestanden und für irgendeinen guten Zweck gesammelt? Mit wilden braunen Locken, zerrissenen Jeans, einer großen Klappe und einem andauernden Stirnrunzeln.

Ihre Schwester Lola war ein echtes Goldstück, klug, unbeschwert und humorvoll. Harper kam ihm wie das genaue Gegenteil vor.

Das Auto hielt vor den Stufen, die zum Haus hinaufführten. Einen Moment später stieg ein grauhaariger Chauffeur aus und öffnete mit einer Verbeugung die Rücksitztür.

Erst tauchte ein Damenschuh auf – in Zeitlupe, fast wie in einem Hollywoodfilm. Champagnerfarben, mit hohen Pfennigabsätzen. Es folgte der zweite, gefolgt von einem Paar langer Beine.

Die Frau, die dazugehörte, kam als Letztes. Sie legte eine Hand mit glänzenden schwarzen Fingernägeln auf die obere Türkante und stieg aus, ohne sich vom dienstbeflissenen Chauffeur dabei helfen zu lassen. Im hellen Tageslicht blinzelnd, hob sie den Kopf und starrte zum Haus der Chadwicks hinauf.

Keine Brünette, stellte Cormac fest, und keine Locken, sondern glatte karamellfarbene Wellen, in die sich Gold und Bronze mischten. Und auch keine zerrissenen Jeans, sondern ein langer teurer Mantel – viel zu dick für die heißen Temperaturen, aber im gleichen Champagnerton wie die Schuhe.

Eindeutig nicht die rebellische Göre, die er vor Augen gehabt hatte. Das überraschte ihn nicht. Die Erinnerungen an seine Schulzeit waren bestenfalls verschwommen.

Der Fahrer richtete eine Frage an sie, doch in diesem Moment klingelte ein Mobiltelefon. Sie hob eine Hand, um den Fahrer zu unterbrechen, und meldete sich mit einem knappen: „Ja?“

Ehrlich? Cormac fuhr sich mit der Hand über den Nacken und zählte dabei innerlich die Stunden bis zur Hochzeit. Stunden, in denen er sich mit Lolas Trauzeugin herumschlagen musste, statt zu arbeiten, surfen zu gehen oder ins Leere zu starren.

Freundschaft, erinnerte er sich. Loyalität. Respekt. Balance. Zuverlässigkeit.

Der Fahrer schaute zu Cormac hinüber, als wüsste er nicht recht, was er tun sollte. Cormac hob die Hand und ging mit großen Schritten auf das Auto zu.

Als ob sie ihn gehört hatte, drehte sie sich um.

Cormac wurde langsamer, als wären seine Batterien leer, und blieb schließlich unvermittelt stehen.

Harper Addison sah aus wie eine Femme fatale der Fünfzigerjahre. Eine glänzende Haarwelle über dem rechten Auge. Kunstvolle Schatten unter hohen Wangenknochen. Volle Lippen, leicht geöffnet, als wollte sie ihm einen Luftkuss zuwerfen.

Die Hitze, die ihn durchflutete, war wie ein Schlag in die Magengrube.

Harper schüttelte sich das Haar aus den Augen, beendete das Gespräch und ließ das Telefon in ihre Handtasche gleiten.

Ihre Blicke trafen sich.

Cormac hatte sich richtig erinnert. Wenn er damals mit Gray, Adele, Tara und den anderen die Treppe heruntergekommen war, hatte sie da gestanden, hinter sich ein Plakat mit Bildern einer Flutkatastrophe oder Hungersnot, die Sammelbüchse in der Hand. Und sie hatte ihn damals genauso eindringlich angesehen wie heute.

Eine feuchte Schnauze berührte Cormacs Handfläche, und er zuckte zusammen. Novak lehnte sich gegen sein Bein und schaute zu ihm auf, als wäre er das Einzige auf der Welt, was zählte.

„Braves Mädchen“, murmelte er und kraulte sie unter dem Kinn, bevor er sich zusammenriss und Harper weiter entgegenging.

Cormac Wharton.

Musste gerade er das erste vertraue Gesicht sein, das sie bei ihrer Ankunft sah – bei ihrem ersten Besuch in ihrem Heimatort seit zehn Jahren?

Harper stockte der Atem, als er auf sie zukam.

Sie schaute wieder zum riesigen Anwesen der Chadwicks auf, in der Hoffnung, Lola würde mit ausgebreiteten Armen aus der Tür kommen. Leider konnte Cormacs Gegenwart nur eins bedeuten: Die Chadwicks hatten ihn dazu abgestellt, auf sie zu warten und sich um sie zu kümmern. In diesem Teil der Welt sagte niemand Nein zu den Chadwicks, schon gar nicht Cormac Wharton.

Wahrscheinlich war es ihre eigene Schuld, weil ihre Ankunft mehr oder weniger spontan war. Aber nachdem sie endlich ihren letzten Auftrag beendet hatte, hatte sie nur noch so schnell wie möglich ins Flugzeug steigen wollen.

Harper riss sich zusammen und blickte dem Mann entgegen, der auf sie zukam. Eine dunkle Sonnenbrille bedeckte sein Gesicht beinahe zur Hälfte. Er trug ein flaschengrünes T-Shirt, das seine breiten Schultern betonte. Seine Jeans saßen genau richtig. Der Haarschnitt hatte sich nicht verändert – Typ „Reicher Junge“, kastanienbraune Igelstacheln. Nur der schlanke braune Hund, der ihn begleitete, war neu.

Cormac Wharton sah gut aus. Andererseits hatte er schon immer gut ausgesehen. Dunkle Augen, Charme im Überfluss und ein Lächeln, das den Raum erhellte. Jedes Mädchen an der Schule hatte für ihn geschwärmt, Harper eingeschlossen.

„Ma’am?“

Harper wandte sich zu dem Fahrer um, der neben dem Wagen stehen geblieben war und auf Anweisungen wartete.

„Entschuldigung“, sagte sie lächelnd. „Sam, richtig?“

„Ja. Und Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Darf ich Ihr Gepäck hineinbringen?“

„Nein danke. Ich bleibe nicht hier. Es war nur ein Zwischenstopp, falls meine Schwester hier wäre. Das ist sie anscheinend nicht, also fahren wir weiter ins Hotel.“

Das freundliche Lächeln des Fahrers verblasste, als ein Schatten über sie fiel.

Cormac Whartons Schatten.

Harper stellten sich die Nackenhaare auf. Sie wappnete sich gegen das Unvermeidliche und drehte sich um. Cormac hatte seine Sonnenbrille abgenommen, und nun erkannte sie eine Reihe schrecklich anziehender Lachfältchen um seine tiefbraunen Augen. Seine Haut sah aus, als wäre sie sonnenwarm. Ein Dreitagebart bedeckte seinen markanten Kiefer. Und mit ihren eins fünfundsiebzig musste sie zu ihm aufschauen – trotz ihrer zehn Zentimeter hohen Absätze.

Nicht länger ein süßer Junge, dessen Lächeln ihr die Knie weich werden ließ. Eindeutig ein Mann.

„Cormac Wharton höchstpersönlich“, sagte sie. Ihren neutralen Tonfall verdankte sie ihrer beruflichen Erfahrung.

„Harper Addison. Schön, dich zu sehen.“ Seine Stimme war dieselbe wie früher, vielleicht ein wenig tiefer. Klangvoll, mit einem Anflug von Heiserkeit. Und er tat fast so, als wären sie alte Freunde. Andererseits wäre es sicher albern, wenn sich die beiden Trauzeugen – der beste Freund des Bräutigams und die Schwester der Braut – übertrieben förmlich verhielten.

Eine Sekunde hatte Harper Angst, er würde sie auf die Wange küssen. Glücklicherweise blieb er in etwa einem Meter Abstand vor ihr stehen. Sein Hund ließ sich zu seinen Füßen nieder und schaute bewundernd zu ihm auf.

„Ich hatte gehofft, Lola wäre hier“, sagte Harper. Cormac schüttelte den Kopf, aber auf eine Erklärung wartete sie vergeblich. „Okay, dann fahre ich jetzt ins Hotel.“ Sie wandte sich dem Fahrer zu, der sofort diensteifrig die Tür...