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Verwirrspiel der Herzen?

Verwirrspiel der Herzen?

Jane Porter

 

Verlag CORA Verlag, 2020

ISBN 9783733713867 , 144 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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2,49 EUR

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Verwirrspiel der Herzen?


 

Prolog

Kassiani Dukas bemühte sich, möglichst ruhig zu sitzen, denn sie ahnte, dass es nur Ärger bringen würde, wenn sie die Aufmerksamkeit auf sich zöge. Zum Glück stand das breite, weich gepolsterte Sofa, auf dem sie sich zusammengekauert hatte, in einer Ecke des Wohnbereichs in der Ferienvilla ihrer Eltern. So war die Wahrscheinlichkeit gering, dass jemand sie bemerkte. Ihr Vater war außer sich vor Wut, und auch wenn das nicht an ihr lag, wollte sie unbedingt vermeiden, dass sein Zorn sich gegen sie richtete.

Die Situation war fatal. Kassianis ältere Schwester Elexis war verschwunden. Morgen sollte sie Damen Alexopoulos heiraten, doch heute Nacht hatte sie sich heimlich davongemacht. Irgendwie war es ihr gelungen, sich von dem Grundstück an der Athener Riviera davonzustehlen. Mit ihren Freunden, die ihr nur zu gern geholfen hatten, die Hochzeitspläne – und die Ehe – zu vereiteln, war sie mit dem Flugzeug von Athen aus geflohen.

Und jetzt musste ihr Vater dem Bräutigam, einem mächtigen griechischen Reeder, die schlechte Nachricht überbringen. Damen Alexopoulos war als brillanter und ehrgeiziger Geschäftsmann bekannt, der sehr ungemütlich werden konnte, wenn jemand seine Pläne durchkreuzte.

Und genau das war gerade passiert.

Als ihr Vater Kristopher mit großen Schritten über den schimmernden Marmorboden auf sie zukam, zuckte Kassiani zusammen. Er hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt, sein Teint war aschgrau. Elexis’ Verschwinden verhieß nichts Gutes.

Aus der Eingangshalle waren Schritte zu hören. Kassiani setzte sich aufrecht, ihr Vater hielt in seinem ruhelosen Auf- und Abwandern inne.

Sobald Damen Alexopoulos den Raum betrat, stockte Kassiani der Atem. Sie hatte ihn erst einmal gesehen, auf der Verlobungsfeier in San Francisco, aber sie hatte noch nie ein Wort mit ihm gewechselt. Eigentlich war es keine Party für Elexis und Damen gewesen, sondern für die Reichen und Schönen der Gesellschaft. Tatsächlich hatte Damen die Gäste nur begrüßt und war ziemlich bald schon nach Griechenland zurückgeflogen. Elexis und er hatten vielleicht eine halbe Stunde miteinander verbracht.

Damen war auf sehr klassische Art attraktiv mit seinen dunkelbraunen Augen, den markanten Zügen und einem vollen, entschlossen wirkenden Mund, der sie faszinierte. Auch war er größer, als sie ihn in Erinnerung hatte, seine Schultern waren breiter, insgesamt wirkte er sehr durchtrainiert.

Kass hatte nie verstanden, warum Elexis ihn nicht gutaussehend fand. Aber ihre Schwester stand mehr auf die Models und Schauspielertypen, die ständig um sie herumscharwenzelten. Jeder dieser jungen, hübschen Männer hoffte, etwas von Elexis’ Ruhm möge auf ihn selbst abfärben.

„Sie wollten mich sprechen“, begann Damen ohne Umschweife. Seine dunkle Stimme brachte etwas in Kassiani zum Schwingen.

„Guten Morgen, Damen“, begrüßte Kristopher ihn mit aufgesetzter Fröhlichkeit. „Ein schöner Tag, nicht wahr?“

Beinahe unmerklich zuckte ein Muskel unter Damens Auge. Das war kein gutes Zeichen für die Enthüllung, die unweigerlich folgen würde, vermutete Kassiani.

„Hier ist es doch immer schön“, gab Damen höflich zurück. „Worum geht es? Ich habe eine wichtige Besprechung unterbrochen, weil es hieß, es gebe einen Notfall.“

Seine Stimme hatte einen leicht rauen Unterton, der sich durch seine Ungeduld noch verstärkte. Er sprach Englisch mit einem leichten Akzent. Offensichtlich war er nicht zweisprachig aufgewachsen.

„Ein Notfall? Nein, nein“, wiegelte Kristopher lächelnd ab. „So würde ich es nicht nennen. Es tut mir leid, wenn Sie sich Sorgen gemacht haben.“

Wieder zuckte der Muskel unter Damens Auge. Es war unschwer zu erkennen, dass er sich zusammenreißen musste. „Ich habe mir keine Sorgen gemacht. Aber vielleicht könnten Sie mir endlich erklären, warum ich hier bin.“

Kassiani zog sich weiter in die Sofaecke zurück, als könnte sie sich dadurch kleiner machen. Was nicht einfach war, denn sie war recht groß für eine Frau und hatte üppige weibliche Rundungen. Nur ihre Taille hätte schmaler sein können, fand sie. Und überhaupt – sie hatte keinen perfekt flachen Bauch, ihre Schenkel waren nicht dünn, und es gab noch ein paar Gründe mehr, warum sie es nach Möglichkeit vermied, fotografiert zu werden.

Im Gegensatz zu der atemberaubend fotogenen Elexis schmeichelten Fotos Kass nicht. Und sie war auch nicht Teil des inneren Zirkels der besseren Gesellschaft. Weder flog sie in Privatjets noch machte sie Party in Las Vegas, der Karibik oder auf einer Jacht im Mittelmeer. Wenn ihr Familienname nicht Dukas wäre, dann wäre sie eine stinknormale Frau gewesen. Ihr Vater war einer der reichsten Griechen in Amerika – andernfalls hätte sie nie irgendjemand wahrgenommen. Sie wäre unsichtbar in der Menge verschwunden.

Im Laufe der Jahre hatte Kass sich mehr als einmal gewünscht, tatsächlich unsichtbar zu sein. Denn das erschien ihr weitaus erstrebenswerter, als wahrgenommen und bemitleidet zu werden. Verachtet. Zurückgewiesen. Und zwar nicht nur von den selbsternannten Prominenten, sondern von ihrer eigenen Familie.

Ihr Vater hatte nie auch nur einen Hauch Interesse an ihr gezeigt. Warum sollte er auch? Alles, was er sich von seinen Kindern wünschte, fand er in seinem Sohn und Erben Barnabas und in seiner wunderschönen Tochter Elexis, die ihn schon als Kind mit ihrem Charme und ihrem Schmollmund um den Finger gewickelt hatte.

Kass war keines dieser Kinder gewesen, die jeden Menschen sofort für sich einnahmen. Sie galt als still, geistesabwesend und unglaublich eigensinnig. Wie ihre Eltern erzählten, hatte sie, als sie klein war, selbst wichtige Gäste nur finster angestarrt und sich geweigert, sich mit ihnen zu unterhalten. Sie bezauberte nicht mit großartigem Klavierspiel oder glockenhellem Gesang, und sie beherrschte auch nicht den Augenaufschlag ihrer Schwester. Stattdessen fing sie gern an, die Gäste ihres Vaters in politische Diskussionen zu verstricken.

Schon bevor sie überhaupt zur Schule ging, war sie fasziniert gewesen von Wirtschaftsthemen. Ihr Vater war von dieser – in seinen Augen – Dreistigkeit entsetzt. Für ihn zählte nicht, dass sie ihrem Alter weit voraus und ein Mathegenie war. Gute griechische Mädchen mischten sich nicht in politische und wirtschaftliche Themen ein. Sie heirateten ehrbare und wohlsituierte Griechen und sorgten für den Erhalt der nächsten Generation. Das war ihre Aufgabe. Sonst nichts.

Irgendwann wurde Kassiani nicht mehr gebeten, an den Festen ihrer Familie teilzunehmen. Niemand erwartete von ihr, dass sie sich schick anzog und zum Dinner mit einflussreichen Geschäftsfreunden ihres Vaters herunterkam. Und sie wurde nicht mehr zu den Abendgesellschaften, Hochzeiten und Familientreffen eingeladen. Sie war eine Dukas, aber sie wurde von niemandem mehr wahrgenommen.

„Danke, dass Sie sofort gekommen sind“, versuchte Kristopher mit einem leichten Lächeln, Damen den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Es tut mir leid, dass ich Sie stören musste, aber wir haben ein Problem.“

Wie Damen war auch Kassianis Vater ein Schiffsmagnat, aber er war Amerikaner mir griechischen Wurzeln, der in San Francisco aufgewachsen war. Kassiani wusste, dass Kristopher nervös war, aber er ließ sich nichts anmerken. Vielmehr klang seine Stimme optimistisch. Kassiani war erleichtert. Man konnte sich nicht immer hinter Vertragsverhandlungen verstecken. Durch die Heirat von Damen und Elexis wären die beiden Firmen zu einem Reederei-Imperium verschmolzen. Dieses Unterfangen war jetzt in Gefahr.

Kassiani spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Niemals würde ihr Vater Damen die Summen zurückzahlen können, die dieser bereits in Dukas Shipping investiert hatte. Ihr Vater versuchte, diese Tatsache zu ignorieren. Sowohl die Firma als auch die Familie waren tendenziell knapp bei Kasse.

Aus diesem Grund hatte ihr Vater vor fünf Jahren die Heirat zwischen Elexis und Damen eingefädelt. Während Damen seinen Teil der Abmachung eingehalten und Dukas Shipping finanziell unterstützt hatte, musste Kristopher ihm nun schonend beibringen, dass die Familie Dukas ihren Part nicht erfüllen würde.

Nachdenklich und von Übelkeit geplagt sah Kassiani aus dem Fenster. Die weißen Mauern der Villa strahlten, und das Meer glitzerte im Sonnenlicht.

„Ich bin nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe“, sagte Damen. Auch er bemühte sich um einen äußerst freundlichen Ton, doch Kassiani war bewusst, dass dies nur der Auftakt eines erbitterten Kampfes sein würde. In Wahrheit kreuzten ihr Vater und Damen längst die Säbel.

Sie ließ den Blick von ihrem Vater zu Damen hinüberwandern. Nein, er wirkte nicht wie ein millionenschwerer Reeder. Mit seiner gebräunten Haut und dem trainierten Körper sah er eher aus wie ein Hafenarbeiter. Doch sein markantes Profil, die wie gemeißelt wirkenden Zügen verrieten: Dieser Mann war ein Kämpfer. Ein Grund mehr für Kassiani, froh zu sein, dass sie unbemerkt in der Sofaecke saß.

„Elexis ist fort.“ Ohne weiteres Vorgeplänkel kam Kristopher nun sofort zur Sache. „Wir hoffen, dass sie bald wieder auftaucht, wir müssen nur …“

„Tut mir leid, aber ich muss Sie gleich unterbrechen, Dukas.“ Damens Stimme war ruhig. „Nicht wir haben ein Problem. Sie haben ein Problem.“

Reglos blieb Kristopher sitzen, doch er wurde aschfahl. „Das ist mir bewusst. Aber ich dachte, wir sollten die Gäste rechtzeitig informieren.“

„Die Hochzeit wird nicht abgesagt. Ich akzeptiere es...