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Wie ich lernte, meine eigene Suppe zu kochen und damit glücklich wurde - Vom Aussteigen und Neuanfangen

Wie ich lernte, meine eigene Suppe zu kochen und damit glücklich wurde - Vom Aussteigen und Neuanfangen

Maurice Morell

 

Verlag HarperCollins, 2021

ISBN 9783749950416 , 224 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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12,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Wie ich lernte, meine eigene Suppe zu kochen und damit glücklich wurde - Vom Aussteigen und Neuanfangen


 

Die Motivlage ist der Schlüssel

Auf die Frage, wie ich denn darauf kam, diese Bude hierhin zu stellen und solch eine einfache Idee auszuspinnen, antworte ich an meinem Suppentresen gern. Selbst wenn es nur eine Geschichte ist, die ich im Plauderton erzähle. Diese Geschichte bin – wie gesagt – nicht ich, auch wenn sie wahr ist.

Ich beginne dann etwa so: Meine erste Arbeit auf der Insel war eine herausfordernde zusammen mit meinem Bruder Robert-Charles, der in Tinnum eine Metallwerkstatt betrieb. Er hatte einen Auftrag der Gemeinde erhalten, das Quermarkenfeuer in Kampen zu restaurieren, den Leuchtturm Rotes Kliff. Es ging vor allem um den Kopf, das Lampenhaus aus Metall und Glas. Vom aggressiven Klima war es stark korrodiert, vom Salz und Sand waren bereits tiefe Löcher geätzt worden, die Rundscheiben waren teilweise blind und rissig. Ein trauriger Anblick. Der Körper aus 800 Teilen musste vollständig auseinandergenommen, neu beschichtet und teilergänzt wieder oben zusammengesetzt werden. In 14 Meter Höhe. Über ein halbes Jahr haben wir als Brüderpaar daran gearbeitet. Mit enormer Belastung bei Wind und Wetter. Ehrensache für uns.

Als Kinder waren wir Anfang der 1970er-Jahre durch die offen stehende Tür nach oben über die Wendeltreppe gejagt, um den grandiosen Ausblick auf Dünen und Meer zu genießen. Bei einem privaten Grillabend zum Bergfest unterm Turm schwor ich vor allen Anwesenden: »Maurice Morell folgt der Freude.« Das war bewegend. Und so wahr. Ich wusste: Das verpflichtet auch. Bis heute. Macht es keine Freude, schwindet die Leichtigkeit, dann höre ich auf. So ist mein Exit aus dem Suppengeschäft längst vorab durchgespielt. Wenn es keine Freude mehr macht, weiß ich, was ansteht. Loslassen. Es geht mir seither nie darum, im Zweifel durchzuhalten. Es taucht dann etwas Neues auf, das weiß ich. Impulse zeigen sich meist weit davor.

Kannst du dir vorstellen, auch der Freude zu folgen? Wenn nicht, wem oder was würdest du dann nachgehen?

Die Motivlage trägt, sonst gar nichts

Durch puren Zufall kam ich 2017 an eine moderne Küchenmaschine, die alles kann – auch kochen, in Hightech. Auf dem Land traf ich auf nette Damen in einer professionellen Showküche. Marken-Repräsentantinnen in grünen Schürzen zauberten vor launigem Publikum eine Menüfolge. Ganz praktisch präsentierten sie die Maschine, die fast alles kann. Ich konnte sie bei dieser Gelegenheit in die Hand nehmen und die Zubereitung gleich hautnah miterleben. Ich erwarb das Gerät aus Überzeugung und fing gleich an, ganz privat Cremesuppen zu kochen. Die Rezepte fand ich gleich vorne im mitgelieferten Basis-Kochbuch, einem stabil gebundenen Werk in Moosgrün. Es ist so aufgebaut, dass man sich von einfach und lecker bis aufwendig und superlecker durcharbeiten kann. An einen Suppenwagen dachte ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht. Die Zubereitungen wurden immer besser, die Konsistenz war von einer besonderen Samtigkeit, die Aromen hervorragend im Zusammenspiel, von mir abgestimmt. Eine echte Spargelsuppe schmeckte so wie im Hotel zum Schwan in Bad Karlshafen der 1980er-Jahre. Ich war begeistert und schon im 7. Suppenhimmel und besorgte mir Kochbücher mit Titeln wie Magische Suppen. Ich war also tief im Thema. Den Sommer über ernährte ich mich ausschließlich von Suppen in allen Variationen und ich nahm ab.

Als ich in dieser Zeit am Rantumer Strand als Strandkorbvermieter arbeitete, kam mir die Idee beim Kontrollgang barfuß am Strand. Ich überlegte mir, einen Teil der Saisoneinnahmen zurückzulegen und in einen Suppenwagen zu investieren. Und dieser Wagen würde aussehen wie ein alter Badewagen und im Sand stehen. Mit Rettungsring an der Seite und rotierender Lufthutze am Dach, die vom Wind angetrieben wird. Und mit goldenen Buchstaben über der Ausgabe-Klappe. SYLTER SUPPEN! Ein Klassiker. Der Wagen sollte am besten in Beach-Nähe stehen, ein paar Tischchen davor. Ich wäre Gastgeber und alle fänden es gut. Die Leute hätten Appetit, sie wären an der frischen Luft und das Reizklima besorgte den Rest. Die Leute würden als Gäste zu mir kommen. Mein Motiv: Gastgeber sein, Freude haben. Ich war zuversichtlich, dass der Wagen mittelfristig sehr attraktiv und bald Kult werden würde – und dann mal weitersehen. Ich würde Freude mit dem Wagen haben und ich würde der Verlockung widerstehen, es zum Franchise-Objekt zu machen. Es gäbe auch keine Suppen in Gläsern und auch keinen Prosecco und keinen Hugo-Longdrink wie an der Promenade oder in der Friedrichstraße überall. Im Winter Glühwein vielleicht. Fertig. Davon war ich vorerst beseelt. Bis zum Herbst hatte ich noch keinen geeigneten Wagen im Netz entdeckt. Mein Motiv hat alles bis dahin getragen, ein Gefühl aufgrund einer Vorstellung, eines Bildes. Und es wurde Winter.

Hast du eine Vorstellung davon, was dich wirklich trägt, wenn du solch eine Vision aus dem Nichts umsetzen möchtest?

Finde dein Motiv

Vorweg: Das Motiv Geld – Knete, Penunsen, Asche – trägt nicht. Gerade 100 Meter. Es ist, aus meiner Erfahrung, ungeeignet für ein mittel- und langfristig angelegtes Geschäft. Das mögen andere anders sehen. Mit der Haltung »Von irgendwas muss man ja leben« wird es nichts. Wer ernsthaft sagt: »Ich arbeite nur für Geld«, der sagt in Wahrheit: »Ich lebe nur, um zu essen, zu trinken und zu wohnen.« Das klingt so traurig, das kann keine Magnetkraft entwickeln. Hieraus wird nichts Neues entstehen. Es wird sehr schnell Routine, und Enttäuschung oder eine Pleite oder Knechtschaft sind vorprogrammiert. Geld entsteht dort, wo Mehrwert geboten wird. Wenn du dich also darauf fokussierst, einen großen Mehrwert zu liefern, dann kommt das Geld von ganz allein zu dir. Eine Binsenweisheit? Doch dafür darf Geld erst mal an die zweite Stelle rücken. (Geld wird eh hereinkommen.) Also: Was ist dein Motiv? Was bringst du in die Welt? Was ist deine Antwort auf das Leben? Welche Gabe, welches Talent bringst du mit? Was bedeutet Fülle für dich? Was macht dir richtig Freude? Oder: Was willst du wirklich, wirklich, wirklich? Bei dieser Kardinalfrage erlebe ich oft Schulterzucken beim Gegenüber. Es lohnt sich tatsächlich, hier genauer hinzuschauen, hinzufühlen. Jenseits von Zuschreibungen anderer.

Was hast du immer schon gerne gemacht? Wovon hast du immer schon geträumt? Was hast du irgendwann einmal begraben? Welchen Traum gabst du auf? Du kannst dich auch fragen: Wofür wurde ich früher gescholten oder geschnitten? Wann wurden die Eltern, die Geschwister, das familiäre Umfeld unruhig, wenn du etwas tatest, was dir wichtig und richtig erschien, vielleicht auf fremden Terrains? Was wurde dir verboten oder über Jahre versucht, abzugewöhnen? Für welchen Gedanken, für welches Tun verdrehte das Umfeld die Augen? Ich verrate dir eines: Genau hier liegt ein großer Schatz verborgen. Genau damit kannst du heute Geld verdienen. Wenn es denn darum geht. Hier liegt ein Talent verborgen, eine bedeutende Stärke, etwas Wesentliches.

Die Erlaubnis, es als Erwachsener nun endlich zu tun, in einem förderlichen Umfeld, die kannst du dir nur selbst geben. Was ist deine Motivlage? Etwa: »Ich liebe es, Gastgeber zu sein, ich will die besten Kaffeespezialitäten aus der Siebträgermaschine zaubern, die man im Umkreis von 100 Kilometern finden kann« oder: »Der Geruch von Spänen und Holz und die Geschmeidigkeit von frisch geschliffenen Kanten und Flächen. Das habe ich schon immer geliebt. Ich liebe Holzarbeit. Meine akademische Laufbahn habe ich zur Zufriedenheit meiner Familie ja gemacht. Nun ist mein Traum dran.« Oder: »Reisen, unterwegs sein und davon erzählen. Mir fallen die verrücktesten Geschichten und Recherchen ein, wenn ich reise. Es wird Zeit, dem mal nachzugeben und mich drauf einzulassen, sie zu erzählen.« Oder gar: »Ich bin Suppenkasper und bereite Suppen mit Stern zu, um sie auf Bordsteinkanten-Niveau allen Suppenfreaks ›in da City‹ zu servieren.« Jeder mag hier sein Gefühl, sein Bild selbst in prallen Farben beschreiben.

Die Beispiele klingen jetzt vielleicht nicht für jeden gleichermaßen attraktiv. Es sind Beispiele für eine Benennung. Jeder hat sein ureigenes Motiv, das ihn beseelt. Jeder fühlt das. Es lohnt sich, hier den Raum zu öffnen, ihn weit zu dehnen. Jedes Denken, Tun und Fühlen hat mit dieser Ausrichtung, dieser ureigenen Haltung dahinter zu tun. Daraus speist sich alles. Es ist ein materialisiertes GEFÜHL. Es wird mit der Zeit eine Überzeugtheit, eine Gewissheit und es herrscht dann eine damit verbundene Lebendigkeit vor. Gestaltkraft wird freigesetzt, manchmal ungeahnt und Mensch fühlt sich beseelt und selbstermächtigt wie nie. Er schafft sich einen Spielraum, hier gelten seine eigenen Regeln und er lädt andere vielleicht ein, mitzumachen, den Spielraum zu erweitern. Hier entsteht die eigentliche Magnetkraft, die andere Menschen tatsächlich anzieht und die Kooperationspartner überzeugt, die Geldgeber und Lieferanten inspiriert und motiviert. Die Menschen spüren das einfach (es ist für gewöhnlich eh selten genug) und die Gäste, die Kunden, die Abnehmer zahlen genau dafür. Sie zahlen für das Gesamtpaket. Es wird nie nur für die Tasse Espresso oder die Schale Eintopf gezahlt. Eine Binsenweisheit. Im Kapitel »Moderne Reklame« zeige ich, wie man in die Presse kommt, ohne etwas dafür zu tun, ohne etwas dafür zu zahlen. Das ist eine Art Magie. Der Schlüssel ist: Tu alles mit Herzblut, bewusst, wach, nach deinen Werten, nach deinen Regeln, sei DU. Dann kommt alles wie von selbst. Das musste ich erst mal lernen. Oder alles andere...