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Krisenmarketing - Gezielt handeln in der Corona-Krise und bei anderen unerwarteten Ereignissen

Krisenmarketing - Gezielt handeln in der Corona-Krise und bei anderen unerwarteten Ereignissen

Jan Lies

 

Verlag Schäffer-Poeschel Verlag, 2021

ISBN 9783791051468 , 93 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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24,95 EUR

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Krisenmarketing - Gezielt handeln in der Corona-Krise und bei anderen unerwarteten Ereignissen


 

1 Image- und Markenpflege in der Krise


In der Krise wird jedes Unternehmen vor allem von seinen Mitarbeitern, Kunden, den Medien und Influencern neu bewertet: und zwar kritisch. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeiten sind geschärft. Zum Teil wird von Krisen als »Reframing« gesprochen: Eine Übernahme der medialen Berichterstattung über die Krise auf die Einstellung und Erwartung bezüglich der individuellen Unternehmensentwicklung und damit die Marketing-Relevanz.22 Die Emotionalität ist gestiegen. Kunden schauen besonders kritisch hin. Das ist eine große Gefahr und zugleich Chance für Image und Marke. Krisen sind Stresstests für Marken.

1.1 Krisen als Stressfaktoren eines Marken Burn-outs


Krisen sind mit prozyklischer Marketingetatführung besonders geeignet, sie zusätzlich zu verstärken. Marken mit Burn-out verlieren das Interesse der Kunden, ihr Vertrauen und damit ihre Loyalität. Sie sind rational (reduzierte Kommunikation, wechselnde Kampagnen usw.) und emotional (emotionaler Markenmehrwert, Vertrauen usw.) gestresst.23 Das Rückgrat starker Marken sind First-Choice-Buyer, also Käufer, für die »ihre« Marke erste Wahl ist.

Marken sind einerseits Kommunikationsinstrumente. Andererseits führen sie Kernleistungen eines Unternehmens und Werteansprüche ihrer Interessenten zusammen. Marken sind Beobachtungsflächen und Verhandlungsräume zugleich.24

Stresstests sind im Risikomanagement Belastbarkeitsanalysen nicht alltäglicher Belastungen.25 Die Corona-Krise wird zum Teil als Stresstest für die Wirtschaft insgesamt angesehen und hier auf die Leistungsfähigkeit von Marken bezogen.

Gestressten Marken droht der Burn-out. Burn-out-Brands ersetzen loyale Stammkäufer durch illoyale Gelegenheitskäufer. Dieses Leaky-Bucket-Verhalten, also »durchlöchertes Eimer-Verhalten«, ist meist ein schleichender Prozess, der aber in Krisen verstärkt werden kann. Erfolgreiche, stressresistente Marken bieten dagegen einen steten emotionalen Markenmehrwert, Vertrauen in die Markenqualität und einen stimmigen Markenauftritt, zur Stabilisierung von Markenbeziehungen. Gegen Marken Burn-outs helfen stimmige Markenauftritte mit der Integration traditioneller und digitaler Medien.26

Auszüge und mögliche Schwerpunkte von Krisen als Markenstresstest visualisiert die folgende Abbildung:

Abb. 2: Krisen als Markenstresstest, Quelle: eigene Darstellung

Die miteinander kreisenden Pfeile in der Abbildung visualisieren die Anforderung, Planungszyklen stetig zu aktualisieren und mit den Anforderungen der Stakeholder (z. B. Purpose, aktive Kommunikation) abzugleichen.

Die folgenden Abschnitte greifen zunächst die haltungsbezogenen Handlungsfelder des Krisenmarketings auf.

1.2 Proaktives Marketing: Krise als Chance


Proaktives Marketing versteht krisenhafte Phasen als Chance.27 Die Krise als Chance sollten Unternehmen nutzen. Die Chancen bestehen vor allem in der Kundenbindung (siehe Kapitel 4) und in der Produkt-/Service-Innovation (siehe Kapitel 5). Voraussetzung für die Kundenbindung durch Produkte und Services ist, dass die Marke in der Krise möglichst unbeschädigt bleibt und – im Gegenteil – sich als smarter Krisenmanager präsentiert. Krisen sind Phasen des Entrepreneurial Marketing, das proaktiv Marktchancen sucht und nutzt.28

Dafür muss die Krise – bei allen in dieser Phase herrschenden Problemen wie Qualitäts- oder Lieferproblemen, Mitarbeiterentlassungen und Filialschließungen – positiv erlebbar sein: eine sogenannte positive Customer Experience gilt als Anspruch, also ein positives Kundenerlebnis auch in der Krise. Das klingt merkwürdig oder mag fallweise ein unmögliches Unterfangen sein, muss aber dennoch der Anspruch in der Krise bleiben. Diese positive Erlebbarkeit wird vor allem durch die geradlinige Haltungder Marke möglich: Lösungswille, Verantwortungsbewusstsein und Kundenorientierung sind jetzt besonders wichtig.

1.3 Krisenidee, Krisenstory


Aus Marketingsicht braucht die Bewältigung der Krise eine zentrale Idee, die …

  1. … mindestens eine zentrale Lösung der Krise beinhaltet,
  2. … eine Vision für die Zeit nach der Krise beinhaltet und
  3. … zentrale Werte der Marke erlebbar macht.

Diese Idee beherrscht als Rahmen für die Krisenstory das Krisenmarketing und prägt alle Maßnahmen zur Bewältigung der Krise. Sie ist insofern unverzichtbar, als dass in Social Media, insbesondere im Zuge von Shitstorms, ohnehin mit Storys seitens der Social-Media-Nutzer gearbeitet wird. Schnell ist die Story vom »gierigen Unternehmer« oder vom »kalten Arbeitgeber« gepostet. Darum sollten Unternehmen diesem Bild aktiv und frühzeitig eine Alternative entgegensetzen.

Die Story ist ein (bild-)sprachliches Instrument, das vielfach im Management zum Einsatz kommt. Es wird beispielsweise mit der Equity-Story in der Kapitalmarktkommunikation, der Marken-Story oder dem Storytising in der Werbung angewendet.29 Sie vereinfachen die Merkfähigkeit. Dafür arbeiten sie auf zwei Ebenen:30

  • Rationale Ebene: Auf der rationalen Ebene verdichten sie Aussagen zu Zielen, Aufgaben, Prioritäten und Meilensteinen, beispielsweise mit der Idee zur Lösung einer Krise.
  • Emotionale Ebene: Auf der emotionalen Ebene arbeiten sie mit Metaphern und/oder bildsprachlich. Storys werden hauptsächlich eingesetzt, weil sie einprägsamer als Kennzahlen sind. Sie sind damit einfacher sowie sympathisch kommunikationsfähig und können in entscheidenden Situationen leichter abgerufen und wiedergegeben werden.

Je nach Akzent der Ebenen wird zwischen Aha-Story (PR-Story: Akzent auf der rationalen Ebene) und Wow-Story (Storytising: Akzent auf der emotionalen Ebene) unterschieden.

Die Story muss eng an die Idee zur Lösung der Krise angelehnt werden. Sie darf nicht übertrieben oder gar propagandistisch »erfunden« werden, um die Fallhöhe mit künstlich erzeugtem Kritikpotenzial noch zu erhöhen. Hier geht es nicht zuerst um Kreativität, sondern um eine glaubwürdige und nachhaltige Problemlösung des Unternehmens in der Krise: »Das Unternehmen als Kooperationspartner in der Krise« z. B. (für Kunden, für behördliche Initiativen) oder »die Werkstatt, die auch in der Krise für Mobilität sorgt«. Die Krisenstory sollte die lösungsorientierte und vertrauenswürdige Rolle des Unternehmens in der Krise zusammenfassen. Insofern bringt die Story die Haltung des Unternehmens in der Krise zum Ausdruck. Was in Ihrer Krisen-Story nicht stehen darf: ein klares »Weiter so! Es muss sich nichts ändern!«.31

1.4 Purpose und Geradlinigkeit


Erfolgreiche Marken sollen einem höheren Sinn, dem Purpose, gerecht werden.32 Das gilt erst recht in der Krise. Das Schuhgeschäft verkauft nicht nur Schuhe, sondern ermöglicht als purpose-gerechte Marke den Lebensweg des Kunden auf all seinen Pfaden, auch in unwegsamer Umgebung.

Zur Geradlinigkeit gehört die Selbstverpflichtung, in Krisen verantwortungsvoll zu handeln. Dazu gehört beispielsweise, sich zum Schrittmacher des Social Distancing zu machen und nicht, es »unter der Ladentheke« zu umgehen. Social Distancing bedeutet zugleich die Positionierungschance, sich um angemessenen Ersatz zu bemühen. Digitale Nähe ist nur eine Möglichkeit, sich hier zu positionieren.

1.5 Krisenhaltung und verantwortliches Handeln


Eine Studie ergibt, dass es gut ankommt, wenn Unternehmen in Krisenzeiten in der Werbung ihre Haltung gegenüber der Gesellschaft oder/und ihren Mitarbeitern darstellen. Darüber hinaus sind Informationen über nützliche Produkte und Services erwünscht. Zudem bewerten Befragte positiv, wenn Unternehmen in ihrer Werbung aktuelle Ereignisse aufgreifen.33

Vor allem Kunden, Lieferanten und Banken erwarten in der Krise ein vertrauenswürdiges Management, das durch die Marke des Unternehmens repräsentiert wird. Abtauchen und Häppchen-Kommunikation entlang eines ggf. langwierigen Krisenbewältigungsprozesses sind hier falsch. Auch wenn etwa Juristen eine defensive Haltung empfehlen, um keine rechtliche Angreifbarkeit zu bieten, ist dies aus Marketingsicht dann falsch, wenn damit die...