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Sie ahnte nicht, was einmal war - Dr. Norden Bestseller 359 - Arztroman

Sie ahnte nicht, was einmal war - Dr. Norden Bestseller 359 - Arztroman

Patricia Vandenberg

 

Verlag Martin Kelter Verlag, 2021

ISBN 9783740975357 , 100 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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1,99 EUR

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Sie ahnte nicht, was einmal war - Dr. Norden Bestseller 359 - Arztroman


 

»Jetzt dürfte es mal wieder ein bißchen wärmer werden«, sagte Fee Norden und schüttelte sich. »Der Sommer hat anscheinend im März stattgefunden, und jetzt gehen wir einer neuen Eiszeit entgegen.«

Sie hatte die Post hereingeholt. Es war ein Einschreibebrief dabei, der ihr ein Stirnrunzeln verursachte. Er kam von einem Anwalt, und er war an sie gerichtet.

Es war Samstag, Daniel Norden ließ sich beim Frühstück nicht stören. Er lobte den gekochten Schinken.

»Den kannst du öfter kaufen, Fee, der ist genau richtig«, stellte er fest, aber Fee hörte gar nicht hin.

»Das ist doch wirklich die Höhe!« platzte sie heraus. »Hör mal, Schatz, was dieser Anwalt mir da schreibt.«

Daniel horchte nun doch auf. »Was für ein Anwalt?« fragte er.

»Dr. Möller heißt er. Hörst du auch zu?«

»Ich bin ganz Ohr.«

»Also dann: Sehr geehrte Frau Norden, im Auftrag meiner Klientin, Frau Lucy Rollmann, teile ich Ihnen mit, daß Sie beobachtet wurden, als Sie am Donnerstag, dem 27. April, 11 Uhr, auf dem Parkplatz vor dem Coiffeur Enrico, beim Wegfahren den Porsche von Frau Rollmann beschädigten. Meine Klientin will einräumen, daß Sie dies nicht bemerkten, aber da es sich um einen beträchtlichen Schaden handelt, bitte ich Sie, sich mit mir in Verbindung zu setzen, um die Sachlage zu klären.«

Daniel sah sie an. »Und hast du nichts gemerkt, Fee?« fragte er.

»Wie sollte ich etwas merken«, erklärte sie unwillig, »am Donnerstag war ich nicht bei Enrico, wie sonst jeden Donnerstag, ich war nämlich beim Zahnarzt, wenn du dich erinnerst, und ich habe deshalb ein hieb- und stichfestes Alibi. Ich weiß nicht, wie diese Person zu solcher Behauptung kommt.«

»Reg dich nicht auf, geh zu Dr. Fehring. Er wird das regeln. Die Rollmann ist gemeingefährlich. Sie war mal meine Patientin. Ich habe ihrem Mann gesagt, daß sie in psychiatrische Behandlung gehört, und er wollte das veranlassen. Sie leidet an Verfolgungswahn, aber anscheinend wird das ignoriert. Sie dürfte gar nicht mehr ans Steuer.«

»Aber warum beschuldigt sie ausgerechnet mich?«

»Wahrscheinlich, weil du ihr ein Dorn im Auge bist, und eigentlich bist du ja sonst jeden Donnerstag um diese Zeit bei Enrico. Lassen wir uns das Wochenende nicht verderben. Vielleicht hat sie es darauf abgesehen gehabt.«

»Das wäre wirklich krankhaft«, sagte Fee.

»Es ist krankhaft, Fee, und es ist auch möglich, daß sie dadurch irreparablen Schaden anrichtet, wenn man eben kein hieb- und stichfestes Alibi hat. Ist nichts Erfreulicheres bei der Post?«

Ganz mechanisch betrachtete Fee die anderen Briefe. Es waren Rechnungen für den Neubau, der nun langsam Form annahm. Und dann war da eine Einladung zu einer Modenschau von Annette Camphausen.

Wir stellen unsere neue Kollektion vor und würden uns freuen, Sie begrüßen zu können. Annette Camphausen und ihr Team.

Und ganz besonders würde ich mich freuen, wenn Sie, liebe Fee, kommen würden, und vielleicht hat auch der Göttergatte mal Zeit, stand handschriftlich darunter.

»Das ist schon etwas Erfreuliches«, sagte Fee, Daniel die Einladung reichend. »Hast du Zeit?«

»Was soll ich auf einer Modenschau?« brummte er.

»Vielleicht mal ein paar Kleider für mich aussuchen?« meinte sie neckend.

Daniel war froh, daß die Unmutswolken wieder gewichen waren. »Hinterher gibt es ja auch noch ein Büfett, und das ist bestimmt lecker.«

»Lenni läßt uns auch nicht verhungern«, meinte er.

Die Kinder hatten sich bisher nicht geäußert. Den Zwillingen war es am Tisch schon zu langweilig geworden, und sie waren zu Lenni in die Küche gegangen, aber die drei größeren hatten mitbekommen, was die Eltern gesprochen hatten. Die Modenschau interessierte sie wenig, aber dieser Brief vom Rechtsanwalt hatte sie hellhörig gemacht.

»Und schließlich hätte man ja an deinem Wagen was sehen müssen, Mami«, sagte Felix.

Fee war mit ihren Gedanken schon bei der Modenschau und sah ihn irritiert an.

»Was hätte man sehen müssen?« fragte sie.

»Wenn du den Wagen von Frau Rollmann demoliert hättest. Das wird schon so eine Lügnerin sein. Neulich hat sie doch in der Drogerie eine Dame beschuldigt, sie hätte einen Lippenstift geklaut.«

»Du liebe Güte, auch das noch«, seufzte Fee, »und was hast du in der Drogerie gemacht?«

»Pflaster hab’ ich gekauft, da ist es billiger als in der Apotheke.«

»Haben wir davon nicht genug?« fragte Daniel.

»Wir schon, aber Klaus nicht. Er war hingefallen, und es hat doll geblutet. Liebe Güte, hätte ich bloß nicht das von der Rollmann gesagt.«

»Ich finde das durchaus in Ordnung«, sagte Daniel, »und auch, daß du Pflaster für Klaus kaufst, wenn der keins hat. Aber wenn es so doll geblutet hat, hättet ihr auch in die Praxis kommen können.«

»Dann hätte es seine Mutter gemerkt, und die regt sich auch gleich so auf. Ich habe es schon richtig zugepappt, und dann hat auch das Bluten aufgehört.«

»Und so nebenbei hast du gehört, wie Frau Rollmann eine andere Dame beschuldigt hat, einen Lippenstift gestohlen zu haben«, sagte Daniel.

»Und die war vielleicht sauer, aber ich mußte ja zu Klaus, ich weiß nicht, wie das ausgegangen ist.«

»Die hat wohl wirklich nicht alle«, meinte Danny.

»Sag das nicht laut, sonst kommt sie wieder mit dem Anwalt. Aber was mich betrifft, wird sie schon was zu hören bekommen«, sagte Fee erbost.

*

Im Hause Rollmann gab es ein gewaltiges Donnerwetter. Hubert Rollmann war außer sich.

»Jetzt langt es mir mit deinen Eskapaden«, fuhr er seine Frau an. »Du bringst mich auch noch ins Gerede. Du kommst nicht mit zu Kuesters Party. Man hat mir schon zu verstehen gegeben, daß du nicht erwünscht bist. Und was ist nun eigentlich mit dieser Frau Graef, die du beschuldigt hast, einen Lippenstift gestohlen zu haben. Du bekommst eine Verleumdungsklage an den Hals.«

»Man kann sich doch mal irren!« sagte sie schrill.

»Du siehst ja weiße Mäuse. Du hast tatsächlich nicht alle Tassen im Schrank. Die Behandlung hat gar nichts genützt. Mach nur so weiter, dann können wir uns schon ausrechnen, wo du mal landen wirst.«

»Ich weiß schon, daß du mich entmündigen lassen willst«, brauste sie auf. »Du willst nur alles an dich reißen. Du hast es immer nur auf mein Geld abgesehen.«

»Dein verdammtes Geld! Das hast du doch schon längst verjubelt. Aber von mir bekommst du nichts mehr, und ich werde auch dafür sorgen, daß dir der Führerschein entzogen wird, sonst fährst du auch noch einen über den Haufen, und ich kann dafür aufkommen.«

»Ich bin beinahe über den Haufen gefahren worden!« kreischte sie. »Und zwar von der reizenden Frau Norden. Aber denk ja nicht, daß sie gehalten hat.«

»O du gütiger Himmel, was tüftelst du dir noch alles aus!« stöhnte er. »Du bist ja reif für die Klapsmühle.«

Sie griff nach dem Brieföffner, der auf dem Schreibtisch lag.

»Sag das nicht noch mal«, stieß sie hervor. »Du wirst es büßen. Ich gehe nicht wieder in das Sanatorium, nie mehr. Das hat dir doch alles nur Dr. Norden eingeredet, er wird es auch büßen, und seine hochnäsige Frau, alle werden es büßen!«

Ihm wurde der Kragen eng, als er in ihr verzerrtes Gesicht blickte, in diese stechenden Augen, und er konnte sich nicht mehr vorstellen, daß er einmal ein hübsches, freundliches Mädchen aus gutem Hause geheiratet hatte, eine Familie mit ihr gründen wollte. Jetzt war er froh, daß sie wenigstens keine Kinder hatten. Und er konnte sich auch nicht erklären, daß sie manchmal ganz normal schien und dann wieder so wie jetzt, aggressiv, ja, gefährlich. Aber noch wußte er nicht, was sie nun auch noch gegen Fee Norden unternommen hatte.

»Du gehst auch nicht zu Kuesters Party«, sagte sie giftig, »sonst passiert was. Ihr werdet mich alle noch kennenlernen.«

Leider kannte man sie aber schon viel zu gut, und deshalb wurde er auch von manchen schon gemieden. Er war Generalagent eines großen Versicherungskonzerns, und er konnte es sich nicht leisten, in einen zwielichtigen Ruf gebracht zu werden, aber es war ihm auch unerklärlich, was Lucy so verändert hatte.

Wie sollte es auch ein normaler Mensch begreifen, daß ein anderer, den er auch als völlig normal kennenlernte, sich plötzlich so veränderte, wie sollte er es verstehen, daß eine Krankheit oder Veranlagung, die schon lange in ihm schlummern konnte, plötzlich ausbrach.

Hubert Rollmann war ein robuster Mann. Mit der Medizin hatte er sich nicht befaßt. Mit Autos, Hausrat und all dem Drum und Dran, wofür er zuständig war, konnte ihm niemand etwas vormachen, aber von Krankheiten hatte er nie etwas wissen wollen, und als Dr. Norden ihm damals sagte, daß seine Frau therapiert werden müsse, hatte er gemeint, sie spinne doch nur ab und zu und sei hysterisch.

Aber jetzt begriff er doch, daß er das nicht mehr auf die leichte Schulter nehmen konnte. Er wußte aber auch, daß er sie nicht mehr reizen durfte.

»Jetzt beruhige dich mal, Lucy«, versuchte er sie zu besänftigen. »Wir fahren jetzt mal zu deinen Eltern.«

»Damit du dich über mich beschweren kannst, das könnte dir so passen!« keifte sie. »Besorg mir lieber eine Eintrittskarte für die Modenschau bei der Camphausen. Du kennst sie doch.«

»Ich denke, du kaufst nicht bei ihr«, sagte er.

»Aber ich will mal sehen, wer bei ihr kauft.«

Das war eine von ihren typischen Reaktionen, und er wußte, daß er ihr bestimmt keine Karte besorgen würde, um wieder mal blamiert zu werden, wie schon bei verschiedenen Anlässen.

Während er noch...