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Das Dämonenmädchen und sein Jäger - Ein Erotik-Thriller aus dem Harz

Das Dämonenmädchen und sein Jäger - Ein Erotik-Thriller aus dem Harz

Mikka Tornesch

 

Verlag BookRix, 2022

ISBN 9783748770107 , 269 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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3,49 EUR

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Das Dämonenmädchen und sein Jäger - Ein Erotik-Thriller aus dem Harz


 

Nela – Der 18. Geburtstag




Es ist mein achtzehnter Geburtstag. Der Mann, den ich noch bis vor kurzem gehasst habe, hat mir heute schon einen meiner Wünsche erfüllt – er hat mir ein Pferd und ein Kälbchen geschenkt. Eines von der seltenen Rasse „Rotes Höhenvieh“. Weil sie wenig Milch geben, werden sie kaum noch gehalten. Das war der Grund, dass ich eines haben wollte. Ich habe Sympathie mit den Ausgestoßenen, mit den Nicht-Stromlinienförmigen. In ihnen sehe ich mich wieder. Denn auch ich bin ausgespuckt worden. Habe keine Heimat mehr, keine Familie. Nur ein Exil, wo ich geduldet werde. Hier bei Achill. In Clausthal-Zellerfeld, in einem alten Bergmannshaus, wo im Garten noch der kleine Stall und der Schuppen steht. Beide Gemäuer haben wir in den letzten Monaten gemeinsam hergerichtet. Dabei sind wir beide uns tatsächlich emotional nähergekommen. Was mich selber bald mehr überrascht hat als den Hausherrn.

Aber wenn ich bei meiner Stute Cindy und dem Rind Ronko hocke, fühle ich mich nicht nur unter Gleichgesinnten. Ich kann ihnen gegenüber die große Schwester spielen und meine heimlichen Muttergefühle ausleben. Denn für eigenen Nachwuchs ist es noch viel zu früh. Und etwas ganz Entscheidendes fehlt mir: Ein Mann.

Und genau darum dreht sich mein zweiter Geburtstagswunsch. Der, den ich Achill gegenüber nicht ausgesprochen habe. Ich möchte, dass der reife Mann mich nicht mehr als ein kleines Mädchen sieht, auf das er notgedrungen aufpassen muss. Nein, ganz im Gegenteil. Er soll mich mit Augen ansehen, die die Frau in mir erkannt haben – mit begehrenden.

Ich weiß, da habe ich mir viel vorgenommen. Das ist es ja gerade, was mich reizt. Kann ich sein Herz erobern, nachdem dieser Kerl mir heimlich meines gestohlen hat?

Ich bin gerade mit dem Ausmisten fertig, da überrascht mich der Mann mit einem Blumenstrauß. Achtzehn rote Rosen. Und eine schwarze. Was bedeutet diese Symbolik?

Gedanken darüber kann ich mir nicht machen. Dazu ist mein Kopf zu sehr damit beschäftigt, nicht vor Scham im Erdboden zu versinken. Ich hier in Gummistiefeln mit einer uralten Jeans und einem schon ausrangiert gewesenen Pullover – stinkend nach Tier, Stall, Schweiß und Mist – und im Türrahmen der adrett in einem schwarzen Anzug gesteckte Mann, dessen weißes Hemd frisch riecht, dessen blanke Lederschuhe auf dem Asphaltboden klackern.

Toll erwischt, Nela, schimpfe ich mit mir selber, jetzt bist du in seinen Augen wieder das Kind, bestenfalls eine jugendliche Göre. Wieso hast du nicht vermutet, dass er an deinem Geburtstag früher nach Hause kommt.

In diesem Zwiespalt gefangen, nehme ich mit einem dümmlichen Grinsen die Blumen in Empfang und finde mich sofort in einer kurzen Umarmung wieder. Fast ist mir so, als hätte mich dabei ein Mund zart auf die Wange geküsst. Aber das muss eine Einbildung sein, eine Ausgeburt meiner überzogenen Wünsche.

Ich winde mich schnell aus der Umarmung heraus, die mir so guttut, gehe drei Schritt zurück, sage ein beiläufiges Danke, als ich den Blumenstrauß belanglos in meinen Händen drehe und verstehe nicht, warum ich Achill meine Freude und Dankbarkeit nicht zeigen kann.

Missmutig kicke ich mit meinem dreckigen Gummistiefel eine leere Colaflasche durch den Raum, als ich wie ein geprügelter Hund zur Tür schleiche.

Weil ich seine Schritte nicht höre, raunze ich ein „Kommst du nicht mit?“ in den Raum, ohne mich umzudrehen. So entgeht mir, mit welch amüsierten Blick mich der Dämonenjäger verfolgt. So sehe ich nicht das Zeichen seiner Liebe, das mir Vieles hätte einfacher machen können.

Stattdessen schelte ich mich selber einen Trottel, der in nicht ganz jugendfreie Tagträume verfällt und wirklich glaubt, für einen gestandenen Mann von Interesse zu sein. Ein Mann, der in seinem Beruf Dämonen jagt und den Ernst des Lebens erkannt hat, der laufend Entscheidungen treffen muss, die anderen den Tod bringen, der selber stirbt, wenn er die falsche Wahl trifft. So ein Mann soll sich eine kleine Rotznase wie mich aussuchen und auf seinen Schoß ziehen? Mich an der gekalkten Wand im Stall vernaschen, auf dem Küchentisch, in seinem Arbeitszimmer, auf der Flurkommode, im Bad – einfach überall, wo er es gerade will? Himmel, was bin ich naiv.

Der Abend wird dann doch ganz schön – wenn ich davon absehe, dass es zwischen uns nicht zu einer körperlichen Vereinigung gekommen ist. Nach dem Duschen ziehe ich mir einen schwarzen Faltenrock an, der in mehreren Lagen glockenförmig bis zum Boden fällt, so dass meine mit vielen Schnallen besetzten Plateaustiefel gar nicht zu erkennen sind. Meine schwarzen Handschuhe reichen mir bis knapp über die Ellenbogen, die Oberarme sind unbekleidet. Ebenso wie meine Schultern und der obere Teil meiner Brust. Die auf dem Rücken festgezurrte Miederbluse gestattet mir diese Freizügigkeit. Fest umschließt sie meine relativ kleine Brust. In diesem Gothic-Outfit wirke ich sehr erotisch und bin dennoch sittsam gekleidet. Angemessen zu dem Anlass des Festessens.

Vor dem mit Kerzenständern überbordenden Tisch erwartet mich der immer noch galant gekleidete Achill mit zwei Glas Sekt in der Hand. „Du siehst bezaubernd aus“, bilde ich mir ein zu hören, als er sich zu mir beugt, so dass ich verhindert bin, an meinem Glas zu nippen. Gleich darauf spielt meine Fantasie einen zweiten Streich, indem sie mir vorgaukelt, zwei Lippen hätten zärtlich meine nackte Schulter geküsst.

Verdammt, ich bin in Gefahr, verrückt zu werden.

Dennoch drehe ich meine Nase zur Schulter, als der schöne Mann zum Tisch schreitet und einen Stuhl vorzieht, auf dem ich mich niederzulassen habe. Ich jedoch stehe wie angewurzelt an der Stelle, wo er mich verlassen hat. Nur mit äußerster Willensanstrengung ist es mir gelungen, mein Sektglas nicht auf den Boden fallen zu lassen. Auf meiner Schulter rieche ich deutlich Achills Duft. Mein Verstand kann mich täuschen, meine extrem gute Nase nicht. Der Mann hat mich wirklich geküsst. So wird auch das Lob real gewesen sein.

Blut schießt mir in die Wangen, als ich zu ihm gehe.

„Ist dir heiß, soll ich das Fenster öffnen“, sorgt sich der Mann um mich und erreicht bloß, dass meine Gesichtsfarbe noch ungesünder wird. Sicherlich wird er sich fragen, ob ich unter Bluthochdruck leide. Und noch heute Abend wird er im Netz Nachforschungen anstellen, ob sich bei Arbocustas der Stoffwechsel mit dem Eintritt in das neunzehnte Lebensjahr verändert.

Der Stoffwechsel ist es nicht, könnte ich ihn jetzt beruhigen, Blut schießt dennoch mit hohem Druck durch meine Adern. Das ihm zu erklären würde mir schwerfallen. Deshalb halte ich meinen Rand. Ausnahmsweise.

Am Tisch mümmele ich schweigend meinen Tofu-Braten und das gedünstete Gemüse. Erst nachdem das erste Glas Rotwein in meinem Magen schlummert und der Alkohol durch meine Adern in mein Gehirn transportiert wird, entspanne ich. Innerlich wird mir sehr warm. Und das liegt nicht an dem gegorenen Traubensaft. Ach, könnte ich nur Achill in gleicher Art meine Liebe zum Ausdruck bringen, ich würde aus meinem tiefen Tal der Ungewissheit hinausgeführt werden. Allem Anschein nach bin ich in diesen Stunden noch nicht so weit.

Und Herr Winterkorn lässt sich von dem Alkohol auch nicht zu unbesonnenen Handlungen verleiten, die wir beide im Nachhinein nicht bereuen würden. Ich zumindest auf keinem Fall. Denn eigentlich bin ich für das Eine immer bereit. Wenn bisher auch nur in meinem Kopfkino. Oder gerade deshalb. Würde ich Liebe und Sex endlich körperlich erfahren, würde das Knäuel in meinem Kopf vielleicht entwirrt werden. Diese vielen bunten Farben. Rot und blau. Die eine steht für das weibliche Geschlecht, die andere für den Mann. Beide üben auf mich eine extrem hohe Anziehungskraft aus. Ob alle Arbocustas diesen nymphomanischen Anteil im Blut haben, frage ich mich, als ich an meinem zweiten Glas Wein nippe und Achill mit verzehrenden Augen anstarre.

Das bringt ihn in Verlegenheit. Er steht auf, schmeißt seine Anlage an. Geysterstunde I von „Eden weint im Grab“ ertönt. Die mir dargereichte Hand ergreife ich. Leichten Herzens lasse ich mich von meinem Stuhl hochziehen. Die ganze CD lang tanzen wir gemeinsam durch das Wohnzimmer. Meine rechte Hand ist mit seiner linken verknotet, seine andere Hand liegt auf meiner Hüfte. Er führt mich, lässt mich unter unseren Armen erst in die eine Richtung kreisen, dann in die andere; schiebt mich von sich fort, holt mich zurück an seine Brust. Bei den vielen langsameren Stücken klebe ich an seinem Hemd, ein ungehaltenes Jucken in den Händen, weil sie unter den blütenweißen Stoff schleichen und seine Haut anfassen möchten.

Aber wenn ich auch sonst so vorwitzig bin, hier verlässt mich jeglicher Mut. Als würde Achill all meinen Lebensdrang einsperren. Wohin nur? Ist das die Taktik des Jägers. Hat er mich kleine Dämonin schon ins Verlies gesperrt. Oh, würde er mich nur in Eisen legen, an der kalten, rauen Sandsteinwand; mir die Kleider vom Leibe reißen und mich wegen meines höllischen Wesens strafen – ich wäre ihm mit Haut und Haaren verfallen und würde für unser erotisches Beisammensein von Herzen...