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Liebe kennt deine Grenzen - Das emotional-energetische Training für dein stabiles Ich

Liebe kennt deine Grenzen - Das emotional-energetische Training für dein stabiles Ich

Ludwig Schwankl

 

Verlag unum, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, 2022

ISBN 9783833884658 , 192 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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14,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Liebe kennt deine Grenzen - Das emotional-energetische Training für dein stabiles Ich


 

HOCHEMPATHIE ALS GABE ANNEHMEN


Für viele Betroffene ist das Thema Hochempathie und Hochsensibilität mit ständiger emotionaler Überforderung assoziiert. Es scheint wie ein Fluch, vor dem es kein Entrinnen gibt und der uns ein Leben lang dazu zwingt, die Lasten für andere zu tragen.

Ich finde hier wichtig zu unterscheiden: Hochempathie – die Fähigkeit, die Emotionen, Energien und Stimmungen anderer Menschen wahrzunehmen – ist eine wundervolle Gabe, solange sie mit gesunden Grenzen versehen ist. So fühlen wir, was andere fühlen, doch wir können hier ganz natürlich »zurückgeben«, was nicht unseres ist.

Ist diese Gabe allerdings durch Trauma zu weiten Teilen »entgrenzt«, so können wir aus dem dadurch entstandenen zersplitterten Selbst heraus tatsächlich nicht anders, als energetisch ständig im Außen anzudocken und das zu absorbieren, was dort auf uns einwirkt. Dann sind wir tatsächlich die ganze Zeit subtil oder offensichtlich emotional überwältigt und haben Probleme damit, eine klare Grenze zwischen unseren Empfindungen und jenen unserer Mitmenschen zu ziehen.

Bei mir äußert sich Hochempathie als eine ausgeprägte »Hellfühligkeit«, über die ich über meinen eigenen Körper das fühlen und wahrnehmen kann, was in anderen Menschen vor sich geht. Meine Arbeit wird maßgeblich von dieser Fähigkeit bereichert und ermöglicht mir – wenn es gewünscht wird –, in den Körper anderer Menschen »einzutauchen« und hier dementsprechend auf energetischer Ebene Transformation und Veränderung zu initiieren. Diese Fähigkeit hat sich über all die Jahre meiner Entwicklung immer mehr gesteigert. Sie braucht allerdings einen sicheren Hafen an Integration, aus dem heraus wir sie auf einer Basis von sicheren Grenzen sicher und heilsam nutzen können, ohne uns dabei vollkommen zu verlieren. Es bedarf der Heilung des zersplitterten Selbst zum integrierten Selbst, das unsere Hochsensitivität mit gesunden Grenzen versieht und das Potenzial, das ihr zugrunde liegt, wahrlich zum Leuchten bringt!

Wer sich mit diesem Thema auf wissenschaftlicher Ebene auseinandersetzen möchte, dem empfehle ich das Buch Neurosensitivität von Dr. Patrice Wyrsch, der auf wissenschaftlicher Ebene viele Phänomene beschreibt, die ich auf emotional-energetischer Ebene fühle.2

MEINE EIGENE GESCHICHTE DER HOCHEMPATHIE


Meine Mutter erzählte mir oft: »Weißt du, Ludwig, ich hatte immer das Gefühl, mit dir ein bisschen nachsichtiger sein zu müssen. Ich habe immer gespürt, dass du anders bist und es irgendwie nicht so einfach hast.«

Ich fand diesen Mutterinstinkt interessant. Tatsächlich reagierte ich als Kind in gewissen Situationen, als würde die Welt für mich zusammenbrechen, vor allem wenn man mich kritisierte oder mir anderweitig das Gefühl gab, etwas falsch gemacht zu haben. Jedes Mal, wenn so etwas passierte, brach ich innerlich zusammen und eine Stresswelle ungeahnten Ausmaßes überrollte meinen Körper. Auch wenn ich die damit verbundenen Traumaanteile heute gut integriert habe, kann ich diese Welle noch immer teilweise subtil spüren, wenn ähnliche Situationen passieren: Der Körper erinnert sich!

Ich war – wie man es in der Laiensprache bezeichnet – ein »Sensibelchen«. In meiner bewussten Wahrnehmung spielte das zu Beginn meiner spirituellen Entwicklung keine wirkliche Rolle. Das tut es im Übrigen auch heute nicht, wenngleich ich es unglaublich wichtig finde, Menschen über die Auswirkungen von Hochempathie aufzuklären, was es energetisch mit uns macht und wie die Dynamiken integriert und auf eine heilsame Weise gemanagt werden können, sodass wir keinen Schaden davon nehmen, sondern profitieren können.

Nachdem ich, angestoßen von meiner »Dramabeziehung«, also auf energieheilerischer Ebene begann, mit mir selbst zu arbeiten, bemerkte ich, dass ich energetisch feinfühliger wurde. Ich spürte meine Emotionen intensiver und ich spürte auch andere Menschen intensiver. Mir wurde allmählich vollkommen klar, wie sich mein damaliger Partner und ich energetisch beeinflusst hatten, und ich begann, mich erstmals mit energetischen Grenzen auseinanderzusetzen. Ich lernte, dass ich energetische Schnüre durchtrennen konnte, und stellte fest, dass ich mich sofort anders fühlte, wenn ich dies tat. Das waren quasi die ersten Schritte bei der Entdeckung meiner Hochsensibilität.

Interessant für mich in diesem Zusammenhang war auch, stets zu spüren, was es energetisch mit mir machte, wenn ich mit gewissen Menschen Sex hatte. Manchmal fühlte ich mich danach leicht und beschwingt, manchmal energetisch ausgelaugt und schwer. Ich begann zu begreifen, dass sich die Schwingungen zwischen Menschen angleichen, dass sich also zwei Menschen – wenn sie sich auf einer tieferen körperlichen oder emotionalen Ebene verbinden – irgendwo in der Mitte treffen. Ich begann zu begreifen, dass wir uns energetisch entweder miteinander hochziehen oder gegenseitig runterziehen, und versuchte von da an, nur noch mit Menschen zu schlafen, bei denen ich mich »energetisch« gut fühlte. Hier kam ich im Übrigen zum ersten Mal in direkten Kontakt mit dem offensichtlichen Thema instabiler Grenzen, das sich bei mir dadurch zeigte, dass ich teilweise mit Menschen schlief, obwohl ich es eigentlich nicht wollte. Es passierte einfach, und während es passierte, hatte ich das Gefühl, aus der Nummer nicht rauszukommen. Ich war emotional gelähmt und wunderte mich im Nachhinein darüber, was eigentlich mit mir los war: »Wieso habe ich mich jetzt so verpflichtet gefühlt, das zu tun, obwohl ich es eigentlich nicht wollte?«

Dann passierte eine Reihe von Ereignissen, die meinen selbstheilerischen Prozess in eine für mich zunächst völlig überwältigende Richtung navigierten, da sie ein altes, im System gut gedeckeltes Trauma reaktivierten und die damit verbundenen Ängste, Panikgefühle und vor allem auch Zustände der totalen Entgrenzung mein System mit emotionalem Stress überfluteten. Zu diesem Zeitpunkt war ich mit meinem spirituellen Prozess bereits auf einer Stufe angelangt, auf der ich mich zufrieden und erfüllt fühlte. Klar hatte ich noch meine Baustellen. Aber ich fühlte mich sicher und solide, freute mich über den Erfolg meiner Arbeit mit mir selbst und anderen Menschen und plante in Kürze einen längeren Kanadaaufenthalt, bei dem ich mir versprach, ausschließlich den schönen Dingen der Welt zu frönen.

Eines Tages entdeckte ich zufällig unter einem meiner Blogbeiträge einen Kommentar einer Seminarteilnehmerin. Sie verwendete zwar ein Pseudonym, doch ich wusste instinktiv, um wen es sich handelte, vor allem weil ich mich an die Situation während des Workshops erinnerte, von der sie sprach. Der Inhalt des Kommentars war sehr kritisch, aber sachlich formuliert, doch die Energie dahinter war hochgradig retraumatisierend für mich. Es fühlte sich an wie ein »energetischer Angriff« und ich war völlig unfähig, mich zu wehren oder eine Stellung zu beziehen, mit der ich mich gut fühlte. Da war eine Frau, die mich und meine Arbeit kritisierte, und da war ich, der diese Kritik völlig ungefiltert absorbierte und überhaupt nicht damit umgehen konnte.

Impulsartig löschte ich den Kommentar und versuchte mir einzureden, dass es nicht so schlimm sei. Doch innerlich liefen Anteile in mir Amok. Tatsächlich hinterließ besagte Frau wenige Tage später noch einmal einen zynischen Facebook-Kommentar, was meine Paranoia bestätigte. Während in mir ständig Emotionen von Angst, Panik, Wut und Hilflosigkeit brodelten, fragte ich mich: Wieso hat diese Frau eine solche Macht über mich? Wieso existieren da überhaupt keine Grenzen zwischen dem, was diese Frau meint, und zwischen dem, was ich davon annehme?

Die Wochen vergingen und ich beruhigte mich wieder. Trotzdem hatte sich etwas verändert. Ich bemerkte, dass mein System weniger stressresistent war. Ich bemerkte, dass ich in Workshops mit allen Mitteln versuchte, keine Sachen zu erwähnen, die von Teilnehmer*innen im Anschluss gegen mich verwendet werden könnten. Ich bemerkte, dass ich fünfmal checkte, ob die Herdplatte auch wirklich aus war, bevor ich die Wohnung verließ. Und ich begann, selbst in harmlosen Situationen Katastrophenszenarien in meinem Kopf zu konstruieren, die ständig irgendeine Form von Angst und Panik in mir auslösten. Ich war – ohne die Dynamiken dahinter im notwendigen Detail zu verstehen – emotional instabiler. Und flog wie geplant für drei Monate nach Kanada. Drei Monate, in denen ich mich erholen und das Leben genießen wollte.

Nun … Pustekuchen. Als ich am zweiten Tag in meinem Airbnb-Apartment aufwachte, fühlte ich mich müde, lustlos und deprimiert. Trotzdem wollte ich das Beste daraus machen und mir die Stadt anschauen. Als ich also durch die Stadt wanderte, passierte etwas Seltsames: Plötzlich hatte ich das Gefühl, mit dem Leid aller Menschen um mich herum, ja mit dem ganzen Leid der Welt zu verschmelzen. Ich fühlte mich auf einmal vollkommen apathisch, abgetrennt und sinnlos. Meinen Körper empfand ich als leere Hülle, nur noch definiert durch das, was energetisch von all den Menschen um mich herum auf mich einwirkte. Meine Gedanken schwankten zwischen Panik, Depression, Sinnlosigkeit und einem tiefen Weltschmerz. Ich fühlte mich unverbundener mit mir denn je zuvor und konnte all das überhaupt nicht einordnen. Heute weiß ich: Diese Situation war nichts weiter als ein Flashback in die Traumarealität unintegrierter Anteile meines Systems, die mich angesichts des fehlenden Haltes meines gewohnten Umfeldes mit uralten ungefühlten Emotionen überfluteten, von denen ich gar nicht wusste, dass sie in mir existierten. Aus dem Zustand der Entgrenzung dieser Anteile, die sich hier in der...