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Die Wiederherstellung des Eigentums - Gedanken zur Wiedererlangung der Freiheit

Die Wiederherstellung des Eigentums - Gedanken zur Wiedererlangung der Freiheit

Hilaire Belloc, John F. Sharpe, Sigismund von Radecki

 

Verlag Renovamen-Verlag, 2022

ISBN 9783956211560 , 160 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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12,99 EUR

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Die Wiederherstellung des Eigentums - Gedanken zur Wiedererlangung der Freiheit


 

Vorwort zur englischsprachigen IHS-Ausgabe


Der Mensch lebt und arbeitet nicht für den Erwerb von
Aktien.

The Nation, 19. August 2002

 

Soweit der Name Hilaire Belloc in unseren modernen Tagen überhaupt ein Begriff ist, dann allein durch seine Bekanntheit als Autor von Kindergeschichten. Bekannt ist er für seine unverfänglichste und ungefährlichste Perspektive – ein bequemer Ausweg für all diejenigen, die nicht wollen, daß ihr bequemes Leben und die ihnen genehmen Vorstellungen hinterfragt und in Zweifel gezogen werden. Doch selbst eine angemessene Würdigung von Bellocs Kindergeschichten, ist, für sich genommen, letztlich eine verfehlte Beurteilung von Belloc selbst. Diesen scharfen Kritiker der Moderne als bloßen Kinderbuchautor zu betrachten, bedeutet, ihm nicht wirklich gerecht zu werden. Es würde bedeuten, nur eine Seite an ihm zu erfassen, ähnlich wie er nichtkatholischen Historikern vorwarf, lediglich diesen oder jenen Aspekt europäischer Geschichte zu verstehen. Nur wer seinen Kampf für die Wahrheit versteht, der kann Bellocs Wirken vollumfänglich würdigen. Denn Belloc führte auf allen Gebieten, zu jeder Zeit und in allen Disziplinen einen Kreuzzug für die Wahrheit, in der Belletristik, der Religion, der Politik und der Wirtschaft.

Ja, auch auf wirtschaftlichem Gebiet.

Die modernen Vertreter der »dismal science« würden Belloc natürlich nur ungern den Status eines »Ökonomen« zugestehen. Auch Belloc selbst hätte eine solche Zuschreibung nicht gewollt. Denn die modernen Ökonomen entstammen einer Tradition, die derjenigen, die Belloc kultivierte, fremd ist und ihr feindlich gegenübersteht. Sie stehen in der Tradition einer materialistischen Philosophie und sind davon besessen, alles einer rein technischen Analyse zu unterziehen. In der Analyse ist heute meist ein Erklärungsversuch für das zu sehen, was nicht existiert (z.B. Unternehmenswerte oder der Wert eines Bestandes an Terminwaren). Belloc hingegen vertritt eine Wissenschaft der Sachhaltigkeit, die nicht nur auf der Vorstellung von dem beruht, was im irdischen Jammertal ist, sondern vor allem darauf, was nach dem göttlichen Gesetz und dem Naturrecht sein sollte.

Man wird daher in Bellocs Schriften nicht auf die geringste Spur jener Skepsis stoßen, die von der »Politik als Kunst des Möglichen« und von der Ökonomie als Wissenschaft der Hypothesen spricht, die ausschließlich auf beobachtbaren Vorgängen beruht und in einer Ansammlung von Gleichungen, Diagrammen und Kurven festgeschrieben ist. Als integraler Katholik trat Belloc in die Fußstapfen des Realisten Thomas von Aquin, der von der Politik als Sittenlehre sprach, die die »Ordnung unter den Menschen untersucht«1, und von der politischen Ökonomie als der Wissenschaft von der »Verwaltung [der] Güter in der Hausgemeinschaft, wie es [für das Leben der Menschen] erforderlich ist«2.

So befaßt sich Bellocs Betrachtung wirtschaftlicher Fragen im Essay über die Wiederherstellung des Eigentums, in Economics for Helen3 und im Sklavenstaat sowohl mit der Realität im tieferen Sinne als auch in ihrer praktischen Form. Tiefgründig daher, weil Belloc immer das Wissen um den Zweck der Wissenschaften vor Augen hat, das Wissen, daß allen Werkzeugen, Techniken und Mitteln, die in den Wissenschaften zu Anwendung kommen, durch ihre unterschiedlichen Verwendungszwecke klare und exakt definierte Tendenzen und Richtungen vorgegeben sind. Und praktisch deshalb, weil es Belloc, wenn er sich mit wirtschaftlichen Fragen befaßt, nicht um die phantastischen Tortendiagramme moderner Wirtschaftstheoretiker geht, sondern darum, wie sich das Problem der materiellen Lebensbedürfnisse des Menschen auf eine Weise lösen läßt, die sowohl seiner Würde als freiem Menschen als auch der Erhabenheit seiner Seele gerecht wird, die für den Himmel bestimmt ist. Daran ist nichts Neues. Belloc folgt dabei einfach dem heiligen Thomas von Aquin, der die Anhäufung von Reichtum den wahren Bedürfnissen des Menschen unterordnet: »Damit ein einzelner ein gutes Leben führt, wird zweierlei gefordert: Das eine, Hauptsächliche, ist das Handeln nach der Tugend […] und das zweite, mehr Nebensächliche und gleichsam als Hilfsmittel Anzusehende, das genügende Vorhandensein materieller Güter, deren Gebrauch zu einem Akt der Tugend notwendig ist.«4

Solch eine Herangehensweise schien in einer Gesellschaft, die damit beschäftigt ist, das »Endergebnis« zu erreichen und »mehr fürs Geld« zu bekommen, lange Zeit kurios und »unrealistisch« zu sein. Es erschien kurios, bis vor kurzem.

Heutzutage wird ein solcher Ansatz von vielen, die plötzlich – wenn auch unbewußt – erkennen, daß der heilige Thomas von Aquin bei der Rangfolge der wirtschaftlichen Zielsetzungen absolut richtig lag, fast schon als »Offenbarung« angepriesen. In einem Leitartikel aus The Nation, der sich gegen die Dominanz der Finanzwirtschaft und die Gesetzlosigkeit amerikanischer Konzerne richtet, heißt es: »Der übergeordnete Zweck der Wirtschaftsordnung, einschließlich der Wall Street, besteht darin, die materiellen Bedürfnisse der menschlichen Existenz zu decken.« Wie herrlich gleich kommt dieses Konzept dem klassischer und katholischer Nationalökonomen, Männern, die seit Aristoteles im 4. Jahrhundert v. Chr. bis hin zu Charles Devas Anfang des 20. Jahrhunderts eine beständige und stimmige Tradition bilden, die sich über 2.200 Jahre erstreckt.

Im Leitartikel heißt es weiter:

 

Während der letzten zwei Jahrzehnte hat sich eine tiefgreifende Umkehr bei den vorherrschenden Wertevorstellungen im US-amerikanischen Wirtschaftsleben vollzogen, die wiederum die Politik und den Diskurs innerhalb der Eliten erfaßt hat – das ist der Sieg der Finanzen über die Realwirtschaft. Innerhalb der natürlichen Ordnung des Kapitalismus ist es Aufgabe des Finanzsystems, der produzierenden Wirtschaft– Waren, Dienstleistungen, Arbeitsplätzen und Einkommen – zu dienen. Zum beherrschenden Faktor sind jedoch die simplen Wertmaßstäbe der Wall Street geworden.

 

Solch eine Feststellung bedeutet sowohl einen Schritt vor als auch einen zurück. Einen Schritt vorwärts insofern, als sie bestätigt, daß es Einigen gelungen ist, sich genug gesunden Menschenverstand zu bewahren, um zu erkennen, das die ganze weltweite Finanzzauberei letztlich nichts wert ist, wenn sie nicht eine Umsetzung in eine sichere Versorgung der durchschnittlichen Familie mit denjenigen Gütern und Dienstleitung findet, die für eine gesundes und auskömmliches Leben notwendig sind.

Ein Rückschritt liegt vor, wenn verlangt wird, daß die »natürliche Ordnung des Kapitalismus« das Finanzwesen den Wertvorstellungen der Realwirtschaft unterwirft. Denn dies bedeutete, etwas zu fordern, das so niemals vorgesehen war. Von einem System, das ausschließlich auf dem freien Wettbewerb beruht, kann man unmöglich erwarten, daß es aus sich selbst heraus die Unterordnung von Finanzen und Kapital unter die menschlichen Bedürfnisse herbeiführt. Eben gerade weil diese »kleinen« Bedürfnisse nicht die wirtschaftliche Macht besitzen, die es ihnen ermöglichen würde, erfolgreich im Wettbewerb mit den riesigen Konglomeraten aus Unternehmen und Geld zu konkurrieren. Der Spruch »It’s a jungle out there« ist keine drollige Anspielung auf einen Familienausflug in den Zoo. Dieses Klischee beschreibt das moderne Wirtschaftsleben, wie es heutzutage von den Menschen im »zivilisierten« Westen praktiziert und hingenommen wird, nur zu gut. Das »Überleben des Stärkeren« führt keineswegs zu Ordnung, Harmonie und wohlverteiltem Glück, wenn das entscheidende Prinzip nicht die »gleichgültige« und leblose Mutter Natur ist, sondern vielmehr die Fähigkeit des gefallenen Menschen, eine nie enden wollende Menge an Reichtum zu begehren, ungeachtet der Folgen für sich selbst und seinen Nächsten.

Ganz gleich, wie offensichtlich eine solche Feststellung erscheinen mag, selbst die herausragendsten modernen Ökonomen verharren überrascht im Schockzustand darüber, daß ein System, welches von sich aus die menschliche Habsucht nicht einschränkt, solche verheerende Folgen zeitigt: »Ich kann nur sagen«, so John K. Galbraith5 im Gespräch mit der britischen Zeitung The Independent, »ich hätte nicht erwartet, dieses Problem in einem solchen Ausmaß wie in den letzten Monaten zu erleben – die Trennung von Eigentum und Management, die völlige Inanspruchnahme der Kontrolle durch verantwortungslose private Geldmacher.«

Es stellt sich die Frage, was genau Mr. Galbraith erwartet hatte. Solch »ein Schockzustand« kann nur dem –absichtlichen oder unabsichtlichen – Versäumnis zugeschrieben werden, nicht auf die Zahlen, sondern auf die Fakten zu schauen. Dabei geht es sowohl um historische als auch logische Tatsachen, die offenbaren, daß der Ruhm und die Größe des christlichen Abendlandes nicht darin bestand, »dass du kannst, was dir beliebt«, wie der große Papst Leo XIII. es in seiner herrlichen Enzyklika Libertas ausdrückte, »denn daraus würde ja nur die größte Verwirrung und Unordnung entstehen«. Es war im Gegenteil die Unterwerfung des Einzelnen und der Gesellschaft unter das ewige Gesetz Gottes, ein Gesetz, das dem Menschen auch heute noch ins Herz geschrieben steht und das sich einst auch verschriftlicht in seinen Verfassungen, Statuten, Gesetzbüchern und Urkunden fand.

»Wer Ohren hat zu hören, der höre!« (Mt 11,15) hat unser Herr gesagt. Selbst unter...