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Auf der Jagd (Ein Ella-Dark-Thriller - Band 3)

Auf der Jagd (Ein Ella-Dark-Thriller - Band 3)

Blake Pierce

 

Verlag Lukeman Literary Management Ltd., 2022

ISBN 9781094346229 , 250 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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4,99 EUR

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Auf der Jagd (Ein Ella-Dark-Thriller - Band 3)


 

 

 

 

PROLOG


 

 

Amanda Huber driftete auf die mittlere Spur, während sie an den Reglern ihres Autoradios herumdrehte. Schnell richtete sie das Auto wieder geradeaus und konzentrierte sich. Den richtigen Song zum Autofahren zu finden war nicht annähernd so wichtig wie am Leben zu bleiben.

Es war kurz vor Mitternacht an einem kühlen Abend im März, und etwa fünfzig Kilometer entfernt wartete Amandas junge Tochter darauf, dass ihre Mutter nach Hause kam. Amandas Arbeit hatte sie in irgendein Drecksloch außerhalb von San Diego geführt, was bedeutete, dass die Fahrt den größten Teil des Tages und den ganzen Abend in Anspruch genommen hatte.

Noch mehr Sorge bereitete ihr die Gebühr für den Babysitter, die sich stündlich häufte – eine Gebühr, die sich eine alleinerziehende Mutter mit einem wachsenden Kleinkind kaum leisten konnte. Jedes Mal, wenn die Uhr zwei Nullen anzeigte, kamen weitere fünfunddreißig Dollar dazu. Amanda drehte die Musik auf, öffnete das Fenster und trat aufs Gaspedal. Sie befand sich auf einer weitläufigen Landstraße und genoss die Freiheit, über dem Tempolimit fahren zu können. Wenn sie die Geschwindigkeit konstant bei 130 km/h hielt, könnte sie in zwanzig Minuten zu Hause sein. Wahrscheinlich war Chloe noch wach und lag mit ihrem mürrisch-müden Gesichtsausdruck auf dem Sofa. Sie fiel nie in einen tiefen Schlaf, wenn jemand anderes als ihre Mutter sie ins Bett brachte.

Der Wind blies ihr unerbittlich ins Gesicht, aber er hielt sie wach. Amanda beschloss, nicht mehr auf die Uhr zu schauen. Es war 23:43 Uhr. Die Chancen, dass sie es vor der vollen Stunde nach Hause schaffte, standen so schlecht, dass es am besten war, es gleich zu vergessen. Stattdessen ließ sie ihre Gedanken abschweifen und schaltete auf Autopilot. Was würde sie Chloe zu ihrem Geburtstag in ein paar Wochen schenken? Wann würde der Typ aus dem Fitnessstudio ihr zurückschreiben? Wenn sie morgen zu spät zur Arbeit käme, könnte sie es auf die anstrengende Reise schieben und damit durchkommen?

Plonk.

Ein plötzliches Schaben riss Amanda aus ihren Gedanken. Sie trat instinktiv auf die Bremse. Was zur Hölle war das? Es hörte sich an, als wäre es unter ihrem Auto gewesen. Sie schaute in den Rückspiegel, konnte aber nichts auf der dunklen Straße ausmachen. Der Mangel an Straßenlaternen half auch nicht gerade.

Als sie die Geschwindigkeit auf 80 km/h reduzierte, fühlte sich etwas nicht ganz richtig an. Anscheinend war die Servolenkung ausgefallen. Sie konnte an der hinteren Beifahrerseite ein Schaben hören. Amanda schlug mit den Händen gegen das Lenkrad.

»Um Gottes willen. Das habe ich jetzt echt noch gebraucht.«

Sie hielt in einer kleinen Einbuchtung am Straßenrand und stieg aus. Das Problem war gleich ersichtlich. Im Hinterrad war ein riesiger Riss zu sehen. Eine kleine Rauchfahne qualmte heraus.

Amanda wusste nicht viel über Autos, aber sie wusste, dass sie so nicht weiterfahren konnte.

Was tat man denn in solchen Situationen? Einen Pannendienst anrufen? Hatte sie überhaupt eine Pannenversicherung? Würde das wieder einen Haufen Geld kosten, das sie nicht hatte? Und wenn schon, sie hatte keine Wahl. Amanda schnappte sich ihr Handy vom Armaturenbrett und öffnete den Webbrowser.

Das Display fing an zu laden. Dann lud es noch mehr. Nach einer Minute starrte Amanda noch immer auf ein weißes Display.

»Das soll wohl ein Scherz sein«, sagte sie. »Kein Empfang. Na toll.«

Sie lehnte sich gegen das Auto und ließ ihren Blick in beide Richtungen über die Straße schweifen. Seit sie auf diese Landstraße gebogen war, hatte sie nur ein anderes Auto vorbeifahren sehen. Hier war nicht gerade viel los. Ihre Gedanken nahmen extreme Ausmaße an. Was, wenn Chloe die ganze Nacht einen Wutanfall hatte? Was, wenn sie verwirrt war, weil ihre Mutter nicht da war? Amanda verriegelte ihr Auto und begann fast instinktiv, die Landstraße entlangzugehen, wobei sie auf dem schmalen Rasenstreifen blieb, der parallel dazu verlief. Im schlimmsten Fall würde sie eben nach Hause gehen und ihr Schrottauto an einem anderen Tag abholen müssen. Mittlerweile war ihr das schon völlig egal. Außerdem hatte sie so eine Ausrede, um morgen die Arbeit abzusagen und etwas Ruhe zu genießen.

Amanda schaute immer wieder auf ihr Handy. Irgendwann müsste sie doch wieder Empfang haben, oder etwa nicht? Sie fluchte laut vor sich hin und verdammte jeden, der sich dafür entschied, in derart abgeschotteten Gegenden zu leben. Als lebenslange Stadtbewohnerin kam ihr die Vorstellung, nicht in der Großstadt zu leben, befremdlich vor. In der Stadt hatte man alles, was man brauchte. Wenn man in Los Angeles eine Autopanne hatte, war innerhalb von Sekunden jemand da, der einem helfen konnte.

So langsam wurde ihr kalt. Amanda setzte die Kapuze ihrer Jacke auf. Sie schaute zurück und ihr Auto war mittlerweile außer Sichtweite. Wenn sie an einem späteren Tag wiederkam, hatte die Autofee es womöglich repariert, lachte sie. Schön wär's. So ein Glück würde jemand wie sie nie haben.

Plötzlich ließ sie das Hupen eines Autos hochschrecken. Sie war so sehr in Gedanken verloren gewesen, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie ein Auto sich ihr von hinten näherte. Sie drehte sich um und erschrak, als sie ein Paar Scheinwerfer auf sie zueilen sah.

Amanda trat zurück auf den Rasenstreifen und wedelte mit den Armen. Sie nahm die Kapuze ab, um auf den potenziellen Retter weniger bedrohlich zu wirken. Ein silberner Volkswagen kam neben ihr zum Stehen. Ein altes Modell, noch älter als ihres. Sie konnte den Fahrer in der Dunkelheit nicht ausmachen.

Er kurbelte das Fenster herunter und steckte den Kopf heraus.

»Alles in Ordnung, Miss?«, fragte eine Stimme. »Hier draußen sieht man nur selten Menschen allein herumlaufen.«

Der Mann machte einen freundlichen Eindruck und schien sympathisch zu sein. Er musste in seinen Dreißigern sein. Er trug eine braune Jacke und eine rote Baseballkappe. Eine seltsame Wahl, dachte sie, aber sie war wohl kaum in der Position, das Modebewusstsein des Mannes zu kritisieren. Womöglich würde er ihr eine beschwerliche Reise ersparen können.

»Ich hatte eine Autopanne«, sagte sie. »Also wollte ich einfach den Rest des Weges zu Fuß gehen.«

Der Mann lachte. »Da werden Sie aber lange gehen, meine Liebe. Ist das Ihr Ford Focus da hinten?«

»Genau, das ist meiner«, sagte Amanda und versuchte, die unvermeidliche Frage noch nicht direkt zu stellen.

»Ich habe ihn gesehen. Das nennt man eine Reifenpanne. Wann haben Sie denn zuletzt die Reifen aufgepumpt?«

Amanda dachte nach. »Das letzte Mal, dass ich die Reifen aufgepumpt habe, war … noch nie«, lachte sie. Bedauerlicherweise fand der Neuankömmling die Aussage nicht so lustig. Er schüttelte den Kopf.

»Man muss alle paar Monate etwas Druckluft zuführen. Andernfalls passiert das, was Ihnen passiert ist.« Er schaute in die Richtung, wo sich Amandas kaputtes Fahrzeug befand. »Sie haben die richtige Wahl getroffen. Damit weiterzufahren, wäre lebensgefährlich gewesen.«

Amanda nickte und steckte die Hände in die Taschen. Ihr war nicht gerade nach einer Lektion in Autokunde zumute.

»Wohin geht's denn?«, fragte er.

»Nach La Mesa. Und Sie?«

»Ich muss noch etwas weiter, kann Sie aber gerne näher ans Ziel bringen, wenn Sie möchten. Aber nur, wenn Sie mir versprechen, dass Sie den Abschleppdienst anrufen und dieses Wrack dahinten reparieren lassen«, sagte er mit einem Lächeln.

»Wirklich? Das wäre ja großartig, vielen Dank.«

Der Mann lehnte sich zum Beifahrersitz herüber und machte die Tür auf. Er ließ den Motor aufheulen. »Gar kein Problem. Steigen Sie ein.«

Amanda ging zur Beifahrerseite herüber, und obwohl die Aussicht auf eine Gratisfahrt attraktiv zu sein schien, spürte sie schon bald, wie die Realität sie einholte. Es war Mitternacht und sie war gerade dabei, bei einem Fremden ins Auto zu steigen. Fingen so nicht diese Horrorgeschichten an, in denen eine naive junge Frau verzweifelt um Hilfe bat? Sie öffnete die Autotür und hoffte, dass sie, wenn sie erst einmal drin war, etwas Erleichterung in der Normalität der Situation finden würde, in der sich zwei Menschen eine Autofahrt teilten. Vielleicht würden sie ja Gemeinsamkeiten entdecken, dachte sie.

Das Auto des Mannes war erschreckend schmutzig. Amanda musste sich im Beifahrersitz verrenken, um dem Müll auszuweichen. Sie versuchte, dem Mann ein paar verstohlene Blicke zuzuwerfen, um ein Gefühl für seinen Charakter zu bekommen, wollte aber nicht, dass er sie dabei erwischte. Sie erhaschte einen Blick auf ihren Ford im Außenspiegel, der wie ein sinkendes Schiff verschwand. Jetzt waren sie allein und sie hatte Mühe, ihren schneller werdenden Herzschlag zu kontrollieren. Sie atmete langsam durch und dachte an Chloe.

Etwa zwei Kilometer weiter schaltete der Mann das Radio leiser. »Also, was macht eine junge Dame wie Sie zu so später Stunde hier draußen?«

»Ich absolviere gerade ein Trainingssemester für die Arbeit. Eine völlige Zeitverschwendung.«

»Hört sich doch gut an.«

»Schön wär's. Ich bin bloß eine Verwaltungsangestellte für eine Schule.« Amanda schaute aus dem Fenster und sah, wie die Bäume an ihr vorbeizogen. Der klapprige, alte Volkswagen ruckelte, als er 130 km/h erreichte. Anscheinend war er genauso locker wie sie, wenn es um die Verkehrsregeln ging. »Und Sie?«, fragte sie.

Er holte tief Luft und rückte seine Kappe zurecht. Er ließ einige Sekunden verstreichen, ehe er antwortete. »So...