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Basiswissen Bankenaufsicht - Von Abwicklung bis Zinsrisiko - so werden Banken überwacht?

Basiswissen Bankenaufsicht - Von Abwicklung bis Zinsrisiko - so werden Banken überwacht?

Yasmin Osman

 

Verlag Schäffer-Poeschel Verlag, 2024

ISBN 9783791058474 , 240 Seiten

2. Auflage

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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34,99 EUR

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Basiswissen Bankenaufsicht - Von Abwicklung bis Zinsrisiko - so werden Banken überwacht?


 

1.2 Ursprünge der Bankenaufsicht in Deutschland


Die Geschichte der Bankenaufsicht ist eine Geschichte der Finanzkrisen. Die Aufsicht über Kreditinstitute entwickelte sich stets dann maßgeblich weiter, wenn eine große Krise gerade gezeigt hatte, wie dramatisch die volkswirtschaftlichen Folgen ausfallen können, wenn eine oder viele Banken zusammenbrechen. Am folgenreichsten war in dieser Hinsicht die Bankenkrise von 1931. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte in Deutschland die in der Gewerbeverordnung von 1869 verankerte Gewerbefreiheit gegolten, nach der »nur wenige gewerbliche Tätigkeiten einer besonderen gewerbepolizeilichen Kontrolle« unterlagen, etwa die »Ausübung von Heilberufen, die Herstellung von Schießpulver, der Betrieb eines Theaters, einer privaten Krankenanstalt, einer privaten Irrenanstalt«. »Jeder mündige Bürger, der es sich zutraute, Bankgeschäfte zu betreiben, konnte frei über die Zahl und den Ort der Niederlassungen entscheiden (Niederlassungsfreiheit), frei die Art seiner Geschäfte sowie die Zusammensetzung seiner Aktiven und seiner Schulden und deren Verhältnis zueinander bestimmen (freie Bestimmung der Geschäftsstruktur), frei seine Beschaffungspreise kontrahieren (Habenzinsfreiheit) und – von den Beschränkungen durch den allgemeinen Wucherschutz abgesehen – frei seine Absatzpreise vereinbaren (Sollzinsfreiheit).« (Stützel 1983, S. 9). Einzig für bestimmte Bankgruppen wie die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und die Hypothekenbanken sowie für einzelne Bankgeschäfte gab es spezielle Vorschriften.

1.2.1 Die Bankenkrise von 1931


Mit diesem Laisser-faire war Schluss, als die durch den Börsencrash in New York ausgelöste Weltwirtschaftskrise das deutsche Finanzsystem erreichte. Im Mai 1931 löste die Insolvenz einer österreichischen Bank bereits Unruhe unter vielen Einlegern aus, die in der Folge zunehmend Geld auch von deutschen Banken und Sparkassen abzogen.

Als dann die Darmstädter- und Nationalbank KGaA (Danat-Bank) am 13. Juli 1931 ihre Schalter nicht öffnete, brach unter deutschen Bankkunden Panik aus. Die Danat-Bank hatte schließen müssen, weil einer ihrer größten Kreditnehmer, Europas größter Wollkonzern, die Bremer Nordwolle, Insolvenz angemeldet hatte. Zwar war an allen Danat-Filialen eine Erklärung angeschlagen, wonach die Reichsregierung für die Sicherheit aller Einlagen der Danat-Bank einstehen würde. Darauf verlassen wollten sich aber viele Deutsche nicht. »Die Massen stürmten die Kassenschalter und verlangten die Auszahlung möglichst all ihrer verfügbaren Gelder. Die Privatbanken stellten in zahlreichen Filialen schon um die Mittagszeit ihre Geschäfte ein. Die Topmanager der Großbanken flehten den Reichskanzler um Hilfe an, und der handelte sofort.« (Fischer 2013, S. 260).

Die Regierung ordnete zwei Bankenfeiertage an, an denen alle Banken geschlossen blieben, und stellte enorm hohe Staatshilfen für die Sanierung der deutschen Großbanken bereit. Der Staat brachte für die privaten Banken bis 1932 – dazu gibt es unterschiedliche Angaben – zwischen 910 Millionen und 1,3 Milliarden Reichsmark auf, von denen 536 Millionen Reichsmark dauerhaft verloren waren. Das war eine für damalige Verhältnisse dramatisch hohe Summe: Die Gesamteinnahmen des Reiches an Einkommen- und Körperschaftsteuern betrugen 1932 gerade einmal 453 Millionen Reichsmark. Auch öffentliche Banken benötigten damals vorübergehend – deutlich geringere – Staatshilfen, die sie allerdings zurückerstatten konnten (Fischer 2013, S. 262).

Die Folgen für die deutsche Wirtschaft, die von der Weltwirtschaftskrise von 1929 ohnehin schon geschwächt war, waren katastrophal: Das Kreditvolumen der Banken an die Wirtschaft schrumpfte in kurzer Zeit dramatisch und verschärfte so die Depression (Burhop 2009, S. 77).

Zur Bankenkrise hatten gleich mehrere Faktoren beigetragen: So waren die bilanziellen Eigenkapitalquoten der Banken in den Jahrzehnten zuvor bereits deutlich gesunken. Finanzierten sich Banken im Jahr 1900 noch zu etwa einem Drittel mit bilanziellem Eigenkapital und zu zwei Dritteln mit Fremdkapital, so finanzierten sich Kreditinstitute 1927 zu 90 Prozent über Schulden.

Verschärft wurde diese Eigenkapitalknappheit noch dadurch, dass viele Banken im erheblichen Umfang eigene Aktien zurückgekauft hatten. Ein Aktienrückkauf bedeutet, dass die Bank Aktionäre auszahlt, die dem Institut zuvor eigenes, nicht rückzahlbares Kapital zur Verfügung gestellt hatten. Die Banken gaben also Eigenkapital an die Aktionäre zurück, wodurch sich ihre Eigenkapitalbasis verringerte. Danat-Bank, Dresdner Bank und Commerzbank etwa hielten im Sommer 1931 rund die Hälfte ihres Aktienbestandes in den eigenen Büchern (Seifert 2006, S. 19; Wettberg 2003, S. 56 ff.).

Ein weiteres Problem war die Schuldenstruktur vieler Institute: So hatten sie sich vielfach sehr kurzfristig Geld geliehen, das sie langfristig verliehen hatten. Daneben hatten sich die Institute auch stark im Ausland verschuldet. Spätestens nach dem Wahlsieg der Nationalsozialisten 1930 begannen ausländische Investoren aber, Geld aus Deutschland abzuziehen. Gepaart war dies mit einer unglücklichen Geschäftspolitik auf der Aktivseite: Großbanken hatten riskante Großkredite vergeben wie etwa die Danat-Bank an Nordwolle oder erheblich in Aktien investiert. Viele öffentlich-rechtliche Institute hatten hoch verschuldeten Kommunen Geld geliehen.

Entsprechend umfassend waren die Konsequenzen, die die Regierung aus der Krise zog, um die Ursachen für die Bankenkrise zu bekämpfen. Sie verschärfte unter anderem das Aktienrecht und begrenzte das Recht einer Aktiengesellschaft, eigene Aktien zu kaufen. Daneben wurden per Notverordnung des Reichspräsidenten die privaten Banken unter die Aufsicht eines Reichskommissars für das Bankgewerbe gestellt, dem die Institute detailliert Auskunft erteilen mussten. Mit dem »Reichsgesetz über das Kreditwesen (KWG) vom 5. Dezember 1934« wurden dann erstmals alle deutschen Banken und Sparkassen einer staatlichen Aufsicht unterworfen.

Einige der darin verankerten Leitplanken für Kreditinstitute gelten bis heute: So benötigen Banken seither eine staatliche Lizenz für ihr Geschäft, die Vergabe von Großkrediten ist begrenzt und es gibt Vorschriften darüber, wie viel Eigenkapital ein Kreditinstitut mindestens benötigt und wie viel Liquidität es vorhalten muss.

1.2.2 Die Pleite der Herstatt Bank


Als das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BaKred) am Nachmittag des 26. Juni 1974 dem Kölner Bankhaus I. D. Herstatt KGaA die Lizenz und damit die Betriebserlaubnis entzog, ging die Nachricht von der bis dato größten deutschen Bankenpleite seit dem Zweiten Weltkrieg medial zunächst fast völlig unter. Deutschland war im Fußballfieber, die Weltmeisterschaft fand auf heimischem Boden statt und die deutsche Nationalmannschaft siegte an diesem Nachmittag 2:0 über Jugoslawien.

Das Fußballspiel war am Abend die Top-Nachricht in der »Tagesschau«. Dass die Herstatt-Bank wegen unglücklicher Devisenspekulationen geschlossen wurde, folgte auf einem der hinteren Nachrichtenplätze (Kellerhoff 2014). Das änderte sich, als sich in den Tagen danach vor den Filialen Schlangen verunsicherter Kunden bildeten.

Wie brenzlig die Lage war – dieses Ereignis hätte einen allgemeinen Bankrun auslösen können –, beschreibt die Bundesbank in ihrem Jahresbericht 1974 (Deutsche Bundesbank 1975, S. 22): »Für die Bundesbank erschien es zu diesem Zeitpunkt vordringlich, einer größeren Vertrauenskrise vorzubeugen«, heißt es darin. Die Notenbank befürchtete, massive Geldabhebungen könnten andere Banken in Liquiditätsnot bringen. Deshalb sicherte sie den Banken erhebliche Liquiditätsspritzen zu. Für die besonders betroffenen Privatbankiers und Regionalbanken gab es zusätzliche Möglichkeiten.

Die Nervosität der Bundesbank war nicht ganz unbegründet. Die Herstatt-Pleite wirkte sich »kurzfristig in einem scharfen Anstieg des Bargeldumlaufs im Juli bei nur sehr schwachem Einlagenanstieg im Juni und August aus«, wie die Notenbank schreibt (Deutsche Bundesbank 1975, S. 24). Bankkunden hoben also verstärkt Geld von der Bank ab und zögerten, es auf ihre Konten einzuzahlen. Das ist ein mögliches Indiz dafür, dass die Herstatt-Pleite zumindest einige Bankkunden misstrauisch gemacht hatte. Mehr geschah jedoch nicht. Die befürchtete Kundenpanik blieb aus (Rudolph 2013a, S. 405).

Weitaus höher schlugen die Wellen an den internationalen Devisenmärkten. Denn so klein das Bankhaus Herstatt auch war – in Deutschland gerade einmal die Nummer 35 unter den Banken –, so international verflochten war das Institut wegen seiner umfänglichen Wechselkurs-Geschäfte. Hinzu kam, dass die deutschen Bankenaufseher wenig internationale Weitsicht bewiesen und die Probleme damit verschärften: Herstatt wurde um 15:30 Uhr geschlossen, am Ende des deutschen Bankentages (Rudolph 2013a, S. 404). Da hatte der Bankentag in New York aber gerade erst begonnen.

Viele Banken, die mit Herstatt Devisen handelten, hatten im Rahmen von Wechselkursgeschäften bereits Zahlungen auf das Herstatt-Konto in New York, das von der Chase Manhattan Bank geführt wurde, geleistet. Im Gegenzug hätten sie von dem Kölner Institut Zahlungen in anderen Währungen erhalten müssen. Doch nachdem in New York die Schließung des Bankhauses Herstatt bekannt wurde, stellte die Chase Manhattan Bank jegliche Zahlung ein. Das traf auch diejenigen, die ihren Teil eines Devisengeschäfts bereits erfüllt hatten. Rund 620 Millionen Dollar an Zahlungen wurden nicht geleistet. Banken rund um den Globus waren betroffen.

Das Risiko bei einem beidseitigen...